Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Caras Gabe

Caras Gabe

Titel: Caras Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trélov
Vom Netzwerk:
Stirn, als ich ihm nicht antwortete, doch der Fürst ließ sich nicht davon beirren. Er machte ohnehin nicht den Eindruck, als hätte er mich überhaupt wahrgenommen. Aus der Nähe trat die Hakennase in seinem Gesicht noch deutlicher hervor. Vielleicht hatte er sich den Schnurrbart nur stehen lassen, um von dem Zinken abzulenken und unglücklicherweise das Gegenteil damit erreicht.
    Mit einer herrischen Geste sorgte der Fürst für Ruhe. „Ich will nicht“, sprach er so leise, dass die Menge ihn nicht hören konnte, „dass diese hübschen Scheiterhaufen ungenutzt bleiben. Die Priester haben sich solche Mühe gemacht sie aufzuschichten.“ Er lief hin und her, strich über seinen Schnurrbart und tat, als überlege er. Schließlich fuhr er zu seinen Soldaten herum. Ein Lächeln breitete sich über seine Züge aus. „Ich hab es“, sagte er gedehnt, warf beide Hände in die Luft und brüllte: „Lasst die Priester brennen!“
    Die Soldaten kamen dem Befehl mit grimmiger Zufriedenheit nach und die Menge schrie ihre Zustimmung. Die Priesteranhänger, die noch nicht ihren Tod im Handgemenge gefunden hatten, würden nun systematisch gesucht und ins Feuer geschleift werden. Gut die Hälfte der bewaffneten Männer schwärmte aus, dicht gefolgt von eifrigen Helfern, die unbedingt noch etwas brennen sehen wollten und wenn es nur dazu diente, ihre Hände für einen Moment daran zu wärmen.
    „Jagt die verdammten Priester aus der Stadt“, bellte der Fürst, „oder steckte sie an.“ Mit einer dramatischen Drehung schwang er herum und stolzierte zurück in den Schutz seiner Soldaten. Die Verbliebenen bildeten einen Ring um ihn und marschierten los. Kurz darauf waren sie hinter der nächsten Biegung und fort aus meinem Blickfeld.
    Mittlerweile hatten sich auch die Bürger und Flüchtlinge mit Fackeln ausgerüstet. Sie huschten durch die Nacht, durch die Gassen und über die Plätze der unteren Stadt wie Ratten auf der Jagd nach besonders schmackhafter Beute.
    Lurian erfreute sich an ihrem Anblick wie ein stolzer Vater. „Cara“, sagte er bedeutungsschwer. „Wirst du dich uns anschließen?“
    Verblüfft betrachtete ich den Engel. Seine bernsteinfarbenen Augen leuchteten von einem inneren Feuer und seine Flügel öffneten und schlossen sich mit kreischendem Scharren.
    Es wunderte mich, dass er mir diese Frage stellte. Die Verbrennung von Kindern und alten Menschen zu verhindern und stattdessen die Übeltäter den Flammen zu übergeben, das konnte ich fraglos unterstützen. Aber eine Hetzjagd durch die Stadt? Es war nicht so, dass ich nicht wollte, dass sie brannten. Es war nur … Ich hatte gesehen, wie Lichtträger die Stadt Gibbons Tal zerstört hatten, und ich war ihrem Erschaffer, Marmon, persönlich begegnet. Diese armseligen Priester mussten verurteilt werden, doch sie waren nichts als Marionetten in einem Spiel, das viel größer war, als sie sich vorstellen konnten. Als ich mir vorstellen konnte.
    Ich schüttelte entschieden den Kopf. An dieser Hetzjagd teilzuhaben käme mir vor, als würde ich selbst auf Kinderjagd gehen. Und ich wusste, wie unkontrollierbar eine aufgebrachte Meute war. Heute Nacht würden viel mehr Menschen als nur die Priester verbrannt werden. Jeder, der das Pech hatte, unbeliebt zu sein, oder auch nur in der Nähe seiner Hühner oder Gänse geschlafen hatte, würde ihnen zum Opfer fallen.
    Als wären meine Gedanken gehört worden, schlugen auf einmal Flammen dem Nachthimmel entgegen.
    Lurian fuhr herum. „Verdammt! Diese Schwachköpfe. Cara, ich muss die Feuer löschen, sonst werden sie die gesamte untere Stadt abbrennen.“ Er fluchte erneut. „Der Fürst hätte die Menschen nicht einfach loslassen dürfen. Cara, bleib hier, ich bin sofort zurück und bringe dich in Sicherheit.“
    Ich hatte nicht einmal die Chance, etwas zu erwidern. Lurian spreizte seine Flügel, stieß sich ab und schwang sich in den nächtlichen Himmel. Der Windstoß ließ mich wanken. Ich legte den Kopf in den Nacken und beobachtete, wie der Engel noch im Flug die Arme nach dem Feuer ausstreckte und es in seinen Körper sog. Es war ein unheimlicher Anblick und wunderschön zugleich. Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, was Lurian sonst noch von den Lichtträgern unterschied.
    Hinter mir erschollen Rufe. Ich wirbelte herum. Eine Gruppe zerlumpter Männer und Frauen zerrten zwei blutüberströmte Gestalten in Priestergewändern zwischen sich her. „Zündet die Scheiterhaufen an!“, kreischte eine Frau und schwenkte

Weitere Kostenlose Bücher