Caras Gabe
ich. Ich hatte mir Rosana schwerlich außerhalb ihres Kräuterhauses vorstellen können, doch in dieser prunkvollen Umgebung wirkte sie weit weniger fehl am Platz, als ich mich fühlte.
Rosana nahm sich einen Apfel aus einer Schale, die auf dem langen Tisch stand, und biss herzhaft hinein. „Wir haben die Flüchtlinge herbegleitet“, sagte sie zwischen genüsslichem Kauen. „Ist Arun in der Nähe?“, fragte sie im Plauderton.
„Ähm …“ Ich zögerte. Könnte Arun etwas dagegen haben, wenn Rosana erfuhr, dass er hier war? Ich entschied mich für einen Kompromiss. „Angeblich … ist er immer in der Nähe.“
Rosana lachte und warf die Reste des Apfels in die Flammen. „Hat er dich hergebracht?“
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, das war Lurian.“
Rosana stockte. „Der Engel? Ha, na … das ist doch mal was. Hm …“ Sie drehte eine Locke ihres Haares um den Finger und legte den Kopf schräg. „Cara“, sagte sie schließlich, als sei sie zu einer Entscheidung gelangt. „Ich mag dich und deshalb werde ich dir einen Rat geben.“
Ich versuchte, nicht zu erwartungsvoll zu gucken.
„Cara, du solltest dich an niemanden binden.“ Hinter ihr verdrehte Fehr die Augen und seufzte lautlos. „Du bist noch jung und Männer können sehr besitzergreifend sein.“
Ich unterdrückte das Bedürfnis, mich am Hinterkopf zu kratzen und ein lautes „Hääää“ zu quäken. Unterdessen presste Fehr Daumen und Zeigefinger über seinem Nasenrücken zusammen, senkte den Kopf und schüttelte ihn sanft. Es war schwer zu sagen, ob er sich ein Lachen verkniff oder versuchte, Schmerzen zu unterdrücken.
Rosana trat nahe an mich heran und legte mir eine Hand auf die Schulter. Sie sah mich so ernst an, dass mir sämtliche komischen Gedanken entschlüpften.
„Am Ende“, flüsterte sie traurig, „sind wir immer allein.“
Ich starrte sie an und suchte nach Worten. „Ein schöner Rat“, krächzte ich und räusperte mich.
Rosana zuckte mit den Schultern. „Du machst den Eindruck, als könntest du die Wahrheit verkraften.“ Sie setzte ein verkniffenes Lächeln auf. „Also ist es Lurian gelungen, dich in die Politik einzubeziehen?“
Ich kniff die Augen zusammen. „Sieht ganz so aus“, sagte ich zögernd.
„Etwas Gutes hat es“, meldete Fehr sich zu Wort.
Rosana drehte sich zu ihm um.
„Na.“ Der Bote breitete die Hände aus und grinste. „Die Stadt ist seit über hundert Jahren priesterfrei. Das ist einen Feiertag wert, oder nicht?“
Rosana schüttelte den Kopf, doch als sie sich zu mir umdrehte, grinste auch sie. „Außerdem war Fürst Starken gezwungen die Tore zur oberen Stadt zu öffnen. Das bedeutet, wir können endlich Nahrung und Hilfsmittel zu den Menschen bringen. Was das angeht, bin ich dem Engel unendlich dankbar. Es tut mir leid, ich wünschte, ich könnte noch bleiben, aber ich fürchte, wir müssen schon wieder los. Es wäre unverzeihlich, wenn diesem Aufstand eine Plünderung folgt.“ Sie klopfte mir unsanft auf die Schulter. „Du machst das schon. Fehr!“
Ihr Bote war bereits in Bewegung und wollte gerade die Tür aufziehen, da wurde sie erneut aufgestoßen. Diesmal war es tatsächlich der Fürst, der hindurchmarschierte. Angesengt und ziemlich mitgenommen sah er aus, doch sein Gehabe war nicht minder würdevoll, um nicht zu sagen erhaben. Eine Schar Bedienstete, drei Männer in Uniform und einige Höflinge spülten mit ihm in den Raum.
Ich ging vorsichtshalber auf Abstand, was jedoch nicht nötig gewesen wäre, da mich ohnehin keiner beachtete.
„Schickt weitere Soldaten und Wachmänner runter in die Stadt“, wies Fürst Starken seine Leute mit dröhnender Stimme an. Vermutlich war er noch halb taub vom Kampflärm. „Dort muss aufgeräumt werden und ihr wisst, was ich damit meine. Außerdem! Öffnet ein paar Fässer, schenkt Wein aus und verteilt Brot. Damit machen wir aus dem Debakel wenigstens eine Siegesfeier.“
Rosana räusperte sich lautstark und warf ihm einen mahnenden Blick zu.
„Schickt meinetwegen auch die Heiler“, fügte der Fürst mit einer wegwerfenden Handbewegung hinzu.
Rosana hob eine Augenbraue, machte sich jedoch flugs, mit Fehr auf den Fersen, davon. Allmählich fragte ich mich, welche Stellung sie genau einnahm.
Es hagelte weitere Befehle, denen eifrig nachgekommen wurde. Als ich schon befürchtete unsichtbar geworden zu sein, wandte der Fürst sich mir zu.
Er betrachtete mich von oben bis unten und rümpfte schließlich die Nase. „Ach ja“,
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