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Caras Schatten

Caras Schatten

Titel: Caras Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Woods
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Ausdruck von milder Verärgerung erstarrte, als sie statt einer Kekse verkaufenden Pfadfinderin die beiden Polizeibeamten erblickte.
    »Mrs Lange?«, fragte Stanton.
    Moms Hand flog an ihren Hals. »Ja? Ist irgendetwas passiert?«
    Dad tauchte mit erschrockenem Gesichtsausdruck hinter ihr auf. Er legte Mom eine Hand auf die Schulter.
    »Wir müssen Sie in einer dringenden Angelegenheit sprechen«, sagte der groß gewachsene Polizist. Cara warf einen Blick auf sein Namensschild. Fitzgerald.
    Cara spürte, wie ihr der Dreierlei-Bohnensalat wieder hochkam. Das war’s. Jetzt würde alles rauskommen. Zoe. Das Versteck. Der Umstand, dass sie einer Flüchtigen geholfen und sie bei sich untergebracht hatte. War das etwa ein Verbrechen? Zoe, wie sie die Stufen hinuntergeschleift wurde, kreischend und tretend. Würde man ihr wohl Handschellen anlegen? Zoe, wie sie Cara anflehte und die Arme nach ihr ausstreckte. Die Polizisten mit versteinerten Mienen, wie sie Zoe in den Streifenwagen zwangen. Und für immer fortbrachten.
    Cara gab ein ersticktes Geräusch von sich, und alle Erwachsenen sahen sie an. »Cara«, sagte ihre Mutter scharf. »Möchtest du vielleicht einen Schluck trinken? Du siehst blass aus.«
    Cara schüttelte den Kopf. Ihre Mutter warf den Polizisten einen entschuldigenden Blick zu. »Meine Tochter ist ein wenig … nervös.« Cara beobachtete, wie ihre Mutter die Fassung zurückerlangte und ihre professionelle Anwaltshaltung einnahm. »Bitte, nehmen Sie doch Platz.« Sie deutete auf ein Paar Sessel.
    Die Polizeibeamten setzten sich und legten ihre Kappen auf den Schoß, die Füße fest auf den Boden gestellt, die Rücken kerzengerade, so als hätte man ihnen auf der Polizeischule beigebracht, wie man richtig sitzt. Mom und Dad nahmen ihnen gegenüber auf dem Sofa Platz, während Cara vorm Kamin stehen blieb, die Hände hinter dem Rücken gefaltet wie ein Kind, das vor die Klasse gerufen wurde.
    Fitzgerald zog ein Notizbuch aus der Tasche, klappte es auf und brachte seinen Kuli in Position. »Wir ermitteln im Fall des Verschwindens von Alexis Henning, einer Schülerin der Sherman Highschool. Ist Ihnen bekannt, dass Ms Henning am Samstag, dem zwanzigsten September, als vermisst gemeldet wurde?«
    Cara spürte, wie sich das eiserne Band um ihren Brustkorb ein wenig lockerte. Es ging gar nicht um Zoe. Zoe war in Sicherheit. Cara hatte das Bedürfnis, sich auf den Boden zu legen. Aber warum fragen sie mich nach Alexis?
    »Oh, durchaus«, sagte Mom. »Wir haben es in den Nachrichten gehört. Es ist einfach furchtbar. Wir kennen ihre Eltern gut. Können wir irgendwie helfen?«
    »Das können Sie«, sagte Stanton. Sie hatte eine außergewöhnlich tiefe Stimme, die von einem leichten Bostoner Akzent geprägt war. »Wir haben eine Perlenkette gefunden, die den Eltern zufolge Alexis gehörte. Der Fundort der Kette befindet sich zwischen dem Anwesen der Familie Kohli, wo Alexis zuletzt gesehen wurde, und dem Zuhause der Hennings. Anwohner haben zudem berichtet, dass sie Geräusche eines Handgemenges gehört haben. Der Verdacht lautet daher nicht mehr auf Selbstmord, sondern auf mögliche Entführung.« Stantons Gesicht wirkte glatt und unbeteiligt. Vor Caras Augen blitzte ein Bild der Scheune auf. Zoe, die eine kleine leuchtende Perle zwischen den Fingern rollte.
    »Entführung!« Ihre Mutter atmete scharf ein. Sie schlug sich die Hand vor den Mund. »Oh, die Ärmste!« Cara sah, wie sich Tränen in ihren Augen sammelten. Sie schien mit einem Mal furchtbar alt, wie sie so auf dem Sofa saß, die Fußgelenke übereinandergeschlagen, ihre makellos weiße Bluse im Lampenlicht schimmernd. Cara konnte jede einzelne Falte erkennen, jedes graue Haar.
    Fitzgerald räusperte sich. »Wir würden Cara gern ein paar Fragen stellen, wenn es Ihnen recht ist.«
    Cara spürte, wie ihre Ohren heiß wurden, als sich alle vier Augenpaare plötzlich auf sie richteten. Wie auf Kommando fing ihr Auge an zu zucken. »M-mir?«, stammelte sie. Von oben her hörte sie, wie sich leise eine Tür öffnete. Zoe hatte sich aus ihrem Zimmer geschlichen. Cara versuchte, sich möglichst nichts anmerken zu lassen. Von ihrem Platz am Kamin aus konnte sie durch den breiten Türdurchgang hindurch bis zur Treppe sehen. Hinter dem Treppengeländer erschien ein schmales weißes Gesicht. Zoe beobachtete sie. Für einen Moment erwiderte Cara ihren Blick, und Zoe zwinkerte ihr zu. Sie dankte Gott, dass ihre Eltern und die beiden Polizisten nicht in Richtung Treppe

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