Caras Schatten
Glück, ihre Freundin wiederzuhaben.
Ethan nickte. »Man fühlt sich völlig im Stich gelassen, oder? Im einen Moment ist die Person da und im nächsten ist sie plötzlich verschwunden.«
»Und man denkt nur noch an die ganzen blöden Streitereien …«
»… und wünscht sich, man könnte alle Gemeinheiten zurücknehmen, die man dem anderen an den Kopf geworfen hat.« Sein Mund war zu einer traurigen Linie verzogen. »Ich verlier manchmal die Beherrschung, wie zum Beispiel auf der Party. Alexis hat immer gesagt, ich sollte mich mehr zusammenreißen.«
»Ich auch.« Cara leckte sich den Zucker von ihren klebrigen Fingern. »Ich werde manchmal unglaublich wütend . Dann tue ich Dinge, die ich eigentlich gar nicht tun will. Man fühlt sich manchmal so machtlos gegenüber seinen eigenen Gefühlen.«
Ethan hielt feierlich den letzten Schokodonut in die Höhe. »Zucker. Die Lösung lautet Zucker. Das Allheilmittel gegen sämtliche Probleme.«
Cara grinste. »Der Coach wird begeistert sein, wenn er mitkriegt, dass wir uns hier ’ne Überdosis widerlicher Kohlenhydrate reinschaufeln und obendrein seinen geliebten Trainingsraum vollkrümeln.«
Ethan brach den Donut in zwei Hälften und reichte Cara eine. »Umso besser. Irgendwie fühle ich mich gerade rebellisch.«
Sie lächelte und nickte. Ihr Mund war mit süßem Teig vollgestopft, und das Glück schoss ihr nur so durch die Adern. Zucker war tatsächlich ein Allheilmittel.
Kapitel 17
I rgendwelche Neuigkeiten aus der Schule?«, fragte Mom am Montagabend, während sie sich einen Bissen Delikatess-Kartoffelsalat in den Mund schob und ihre Tochter mit Blicken durchbohrte.
Cara schüttelte den Kopf und schob ein paar grüne Bohnen ihres Dreierlei-Bohnensalats auf dem Teller hin und her. Ihr Vater schaufelte sich mit der einen Hand Thunfisch in den Mund und kritzelte mit der anderen Notizen auf eine Papierserviette. Cara war sich ziemlich sicher, dass er nicht einmal wusste, was er da aß.
Ihre Mutter lächelte geduldig. Cara seufzte. »Ähm, Mr Furlong hat ein paar Footballspielern bei sich zu Hause Wodka angeboten und wurde gefeuert.« Bitte schön. Das sollte sie für eine Weile zufriedenstellen.
Einen Moment lang herrschte Stille, während Mom die Nachricht verarbeitete. Cara aß eine Bohne. Ihr Vater bedachte seine Serviette mit einem entrüsteten Schnauben und nickte mit dem Kopf.
»Don.« Ihre Mutter warf ihm einen Du-verschwendest-wertvolle-Zeit-mit-deiner-Tochter-Blick zu.
»Was?« Dad blickte auf. »Was hast du gerade gesagt, Cara?« Seine Augen wanderten zu seinem Teller. »Ist das Thunfischsalat?«
»Sie hat erzählt, dass …« Mom wurde vom Läuten der Türklingel unterbrochen.
»Ich geh schon!« Cara rutschte von ihrem Stuhl herunter. Hinter sich hörte sie, wie ihre Mutter Mr Furlongs Wodkageschichte nacherzählte. Einen Moment lang hegte Cara den äußerst gewagten und aufregenden Gedanken, dass Ethan vielleicht vor der Tür stehen könnte. Sie waren sich seit ihrer Begegnung im Trainingsraum heute Morgen nicht mehr über den Weg gelaufen. Vielleicht kam er ja einfach mal vorbei, um zu quatschen oder so. Mit einem unsicheren Lächeln auf den Lippen riss sie die Tür weit auf.
Zwei Polizeibeamte standen vor ihr auf der Matte, direkt unter der Eingangsbeleuchtung. Hinter ihnen lauerte die stille, eisige Herbstnacht. Caras Herz machte einen gigantischen Satz. Sie trat einen Schritt zurück. Das war’s, dröhnte es in ihrem Kopf. Sie hatten herausgefunden, wo Zoe steckte. Sie würden sie mitnehmen und zurück zu ihrem Stiefvater bringen. Cara wollte die Treppe hinaufstürmen, um Zoe zu warnen, aber ein ruhiger, kluger Instinkt hielt sie davon ab.
»Sind wir hier richtig bei Familie Lange?«, fragte die Polizistin. Ihr blondes Haar war zu einem gepflegten Knoten hochgesteckt. Auf ihrem Namensschild stand »Stanton«.
Cara nickte stumm.
»Wer ist denn da, Cara?«, rief ihre Mutter aus der Küche. Caras Mund war zu trocken, um zu antworten.
»Dürfen wir reinkommen?«, fragte der große männliche Polizist. Das Dienstabzeichen auf seiner Brust strahlte im Licht der Eingangsbeleuchtung. Es funkelte ihr geradewegs in die Augen. Sie blieb reglos stehen. Die beiden Polizisten, die dieses Verhalten vermutlich gewohnt waren, traten unbeirrt über die Schwelle und stellten Cara vor die Wahl, aus dem Weg zu gehen oder über den Haufen gerannt zu werden.
»Cara, wer …?« Mom blieb in der Tür zum Flur stehen, die Serviette noch in der Hand. Ihr
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