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Caravan

Titel: Caravan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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heiraten, und dann ziehen wir wieder zu Hause ein.«
    »Das wird nette Überraschung für Ihre Tochter.«
    »Eine Überraschung wird es. Ob sie nett ist, weiß ich nicht.«
     
    Während ich wartete, dass Yaketa und Andrij zurückkamen, hörte ich plötzlich jemanden um Hilfe rufen. Es war der alte Mann
     in Zimmer neun. Sein Hörgerät war hinter die Sessellehne gefallen, und ich half ihm, es zu finden. Schnell stellte sich heraus,
     dass er der ukrainische Bewohner war, von dem Yaketa gesprochen hatte. Sobald das Hörgerät wieder an seinem Platz saß, unterhielten
     wir uns über die Ukraine, wie es zu seiner Zeit dort war und wie es jetzt ist. Dann räusperte er sich auf einmal und begann
     eine lange Rede über falsch konstruierte Hydrauliklifte und andere technische Probleme, und als er fertig war, nahm er mich
     plötzlich bei der Hand und sagte, ich hätte eine sehr hübsche Figur und ob ich ihn heiraten wolle.
    Aus Spaß sagte ich, ich könne ihn nicht heiraten, weil ich wie Tolstoi der Meinung sei, dass eine Ehefrau die Interessen ihres
     Gatten teilen solle, und ich interessierte mich einfach nicht für Hydraulik.
    »Oj, oj!«, rief er und schlug sich gegen die Stirn. »Ich habe noch andere Interessen. Wie wäre es mit Kunst oder Philosophie
     oder Poesie oder Traktoren?« Bevor ich antworten konnte, begann er ein Majakowski-Gedicht über die Liebe und das Schicksal
     zu rezitieren, doch nach ein paar Zeilen blieb er stecken, was ihn so aufregte, dass er anfing, nach seinen Büchern zu schreien.
     Also machte ich mich auf die Suche nach Yaketa.
    Yaketa beruhigte Mr.   Majevski und brachte ihm eine Tasse |305| Tee. Dann machte sie uns auch einen Tee, den wir im Garten tranken. Seltsam, in Kiew kannte ich überhaupt keine Afrikaner,
     und hier in England bin ich schon mit zweien befreundet.
    Ich erzählte Yaketa von Mr.   Majevskis Heiratsantrag, und da griff sie nach meiner Hand und lachte laut.
    »Jetzt weißt du, was ich mit Eigenheiten meine«, sagte sie. »Der arme alte Mann. Seit sie ihm das Getriebe weggenommen haben,
     ist er labil.«
    »Das Getriebe?«
    »Er hat eins bei sich im Zimmer aufbewahrt. Hat er dir nichts davon erzählt? Es ist ein Andenken an sein geliebtes Motorrad.«
    »Aber warum hat man es ihm weggenommen?«
    »Die Oberschwester hat gesagt, es ist nicht hygienisch, Motorradteile auf dem Zimmer zu haben.«
    »Hm. Was soll an einem Getriebe unhygienisch sein?«
    »Keine Ahnung«, sagte Yaketa. »Aber mit der Oberschwester kann man nicht diskutieren. Du weißt nicht, wie sie ist.«
    »Ein Getriebe tut doch niemandem weh. Ich würde es ihm zurückgeben.«
    Yaketa kicherte. »Du wärst die perfekte Frau für ihn. Vielleicht solltest du seinen Antrag annehmen. Er wäre sehr glücklich.
     Und in ein paar Jahren hast du einen britischen Pass und eine Erbschaft.«
    »Nicht alle ukrainischen Frauen sind auf der Suche nach einem alten Mann, den sie wegen Geld heiraten können, weißt du, Yaketa.«
     Ich fand, ganz ehrlich, solche Klischeevorstellungen von ukrainischen Frauen waren gar nicht hilfreich. Wer hatte die bloß
     in die Welt gesetzt?
    »Aber warum denn nicht? Wenn in meinem Land ein junges Mädchen eine gute Heirat mit einem wohlhabenden |306| älteren Mann eingehen kann, ist es gut für die Familie. Alle sind glücklich. Heutzutage kann das Mädchen natürlich Aids bekommen,
     eine schreckliche Tragödie in meinem Land. Dieses Risiko gibt es bei Mr.   Majevski nicht«, sagte sie schnell. »Das einzige Problem sind seine zwei Töchter. Die sind keine netten Menschen. Sie haben
     sich schon dreimal eingemischt, um ihn am Heiraten zu hindern.«
    »Ist das wahr? Er hatte drei Verlobte?«
    »Vielleicht haben sie Angst um ihr Erbe.«
    »Er hat ein Erbe?«
    »Mir hat er erzählt, er ist Millionär.« Ihre Augen funkelten dunkel. »Und er hat ein berühmtes Buch geschrieben. Die Geschichte
     des Traktors.«
    Ich konnte mir sehr gut vorstellen, dass Mr.   Majevski die Geschichte des Traktors aufgeschrieben hatte. Aber wie ein Millionär sah er nicht aus. Er roch auch nicht wie
     einer.
    »Aber vielleicht hast du schon einen Liebsten.« Sie zwinkerte mir zu.
    »Vielleicht«, sagte ich ganz gleichgültig.
    »Weißt du was? Wenn ihr wollt, könnt ihr hierbleiben. Oben unter dem Dach ist ein Zimmer frei, in dem wir aus Sicherheitsgründen
     keine Patienten unterbringen können. Es steht seit Jahren leer.«
    Wieder zwinkerte sie. Ich spürte, wie ich rot wurde. Dachkammern waren so unglaublich

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