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Caravan

Titel: Caravan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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riechen. Die Streichhölzer – er hätte ihr die Streichhölzer nicht dalassen dürfen. Gibt es eigentlich eine
     Feuerleiter hier oben auf dem Dachboden? Wenn nachts in Mrs.   Gayles Zimmer Feuer ausbricht, wie viele von ihnen würden den nächsten Morgen erleben?
    Dann geht die Tür auf. Irina kommt herein, leise tapsend auf bloßen Füßen. Sie hat fast nichts an, nur ein Handtuch auf dem
     Kopf wie ein Turban und ein kleines Handtuch, das sie sich um den Körper gewickelt hat. Ein sehr kleines Handtuch. Sie kommt
     auf ihn zu. Ihre Arme und Beine sind rosig vom heißen Wasser, und ihre Wangen glühen. Sie riecht phantastisch. Er flüstert
     ihren Namen.
    »Irinotschka!«
    Sie lächelt schüchtern. Er lächelt auch. Dann breitet er die Arme aus. Er hat das Gefühl, sein ganzer Körper ist von ihrem
     Leuchten erfüllt. Moment mal – ein Teil seines Körpers ist nicht von Leuchten erfüllt – der männliche Teil. Dort scheint alles
     Leuchten komplett verschwunden zu sein. Was ist da los? Was ist mit dir, Andrij Palenko?
    |318| In diesem Moment wacht Hund auf und hebt schnuppernd die Nase. Er knurrt, ein langes, tiefes Knurren. Er schnuppert noch einmal,
     und dann fängt er wie verrückt zu bellen an.
     
    ICH BIN HUND ICH BIN GUTER HUND ICH SCHNUPPER ICH RIECHE RAUCH MENSCHENRAUCH FEUERRAUCH ICH RIECHE FEUER PAPIERFEUER WOLLE
     GUMMI STOFF BÖSES FEUER RIECHE FEUER LÄRM KNISTER KNISTER ICH BELLE WUFF WUFF ICH BELLE MEINEN MANN AN WUFF WUFF WUFF MEIN
     MANN RENNT ZUM FEUER HILFE HILFE FEUER RUFT ER GUTER HUND SAGT ER ICH BIN GUTER HUND ICH BELLE ER RUFT GLOCKE SCHRILLT ALLE
     RENNEN ALLE TÜREN AUF ALLE ALTEN RENNEN MANCHE PISSEN ALLES RIECHT NACH PISSE NACH RAUCH FEUER UND ALTE PISSE ALLE ALTEN STEHEN
     IM GARTEN REDEN REDEN GROSSE ROTE RÄDERMASCHINE TUU TAA TUU TAA RÄDERMASCHINE VOLL WASSER MASCHINE PISST AUF FEUER SSSSSSS
     FEUER WEG ALTE LACHEN MEIN MANN LACHT GUTER HUND SAGT ER ICH BIN GUTER HUND ICH BIN HUND
     
    Mrs.   Gayle wird aus dem Heim verwiesen. Die Tür ihres Zimmers steht offen, und als Andrij einen Blick hineinwirft, sieht er, dass
     alles schwarz ist. Von dem kleinen Teppich, auf dem Hund gestern saß und Kekse verspeiste, ist nur noch ein verkohlter Rest
     übrig. Sogar die Bettwäsche ist angesengt. Sie hat wirklich ein Riesenglück gehabt. Guter Hund.
    Ein paar Türen weiter auf dem gleichen Gang ist Mr.   Majevskis Zimmer. Es ist ein kleines, unordentliches Zimmer mit Papieren und Büchern, die überall herumliegen, und dem gleichen
     alles durchdringenden Geruch nach Kaninchenstall |319| und Raumspray. Mal ist der Kaninchenstall stärker, mal das Raumspray; und dann ist da noch der schale Brandgeruch, der seine
     eigene düstere Note hereinbringt.
    »Mein Schatz!«, ruft Mr.   Majevski.
    Erst denkt Andrij, er meint ihn, doch der Blick des alten Mannes ist auf das Getriebe gerichtet, das Andrij in Händen hält.
    »Es stammt von einer 1937er Francis Barnett. Meine erste große Liebe.«
    »Aber nicht Ihre letzte, Mr.   Majevski. Ich habe gehört, dass Sie in Four Gables viele Eroberungen machen.«
    »Ja, zwangsläufig«, strahlt der alte Mann. Er hebt die Hände, wie um zu sagen: Was soll ich machen.
    Er ist vollkommen kahl, vollkommen zahnlos und die Haut hängt ihm in losen Falten von den Knochen; er sitzt im Rollstuhl,
     und durch einen Plastikschlauch tropft der Urin in einen Beutel an seinem Bein. Das ist also sein Rivale! Doch er verströmt
     eine so unbezähmbare Energie, dass Andrij seine Anziehungskraft fast versteht.
    »Wie schön, Ukrainisch zu reden.« Er beugt sich erwartungsvoll in seinem Rollstuhl vor. »Ach! Diese wunderschöne Sprache,
     in der sich sowohl Poesie als auch Wissenschaft so elegant ausdrücken können. Sie kommen aus dem Donbass, sagt mir Ihr Tonfall,
     junger Mann? Und haben die lange Reise auf sich genommen, nur um mir mein Getriebe zurückzubringen? Ich frage mich wirklich,
     wie es dort gelandet ist – wahrscheinlich haben es diese betrügerischen Afrikanerinnen gestohlen und gegen Wodka eingetauscht.«
     Er redet so schnell, dass Andrij nichts einwerfen kann. »Diese junge Frau, Irina, sie kommt ebenfalls aus der Ukraine. Meine
     jüngste Eroberung. Was für eine Schönheit! Was für eine Figur! Übrigens eine sehr kultivierte Ukrainerin. Haben Sie sie mal
     kennengelernt?«
    |320| »Ja, ich habe sie kennengelernt. Sie ist wirklich sehr kultiviert. Aber   …«
    »Halt!« Er hebt seine knotige Hand. »Ich weiß, was Sie sagen wollen. Sie ist zu

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