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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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antwortete nicht. Er hatte ausgezeichnet geschlafen, allerdings nur zwei Stunden. Die Gedanken hatten ihm keine Ruhe gelassen. Am Abend hatte Marcus Jacobsen ihm das Foto mit Pete Boswell gemailt, der zwischen Anker und ihm stand, und damit bestätigt, was Mona bereits angedeutet hatte.
    »Im Augenblick versuchen sie in der Kriminaltechnischen Abteilung herauszufinden, ob das Foto eine Fälschung ist. Das wäre doch das Beste, oder?«, hatte der Chef der Mordkommission in seiner Mail geschrieben.
    Ja, klar. Natürlich wäre es am besten, wenn sich das Foto als Fälschung erwies, denn nichts anderes war es. Versuchte Marcus Jacobsen etwa, ihm ein Geständnis zu entlocken?
    Er war schließlich, Herrgott noch mal, nie in der Nähe von Pete Boswell gewesen! Er kannte den Kerl ja gar nicht! Und trotzdem raubte der ihm den Schlaf.
    Falls die Kriminaltechnische Abteilung nicht beweisen konnte, dass dieses Foto manipuliert war, stand Carl die Suspendierung bevor. Jeder wusste doch, wie Marcus Jacobsen solche Fälle handhabte.
    Der Stau vor ihnen schien kein Ende zu nehmen. Carls Kiefermuskeln arbeiteten. Hätte er vorhin nachgedacht, wären sie eine halbe Stunde später losgefahren.
    »Viele Autos unterwegs«, sagte Assad. Die Beobachtungsgabe des Mannes ließ wahrlich nichts zu wünschen übrig.
    »Ja. Wenn sich dieser Scheißstau nicht bald auflöst, sind wir erst um zehn in Halsskov.«
    »Hm. Na ja, dafür haben wir den ganzen Tag Zeit.«
    »Nein, ich muss vor fünfzehn Uhr zurück sein.«
    »Aha. Aber dann sollten wir dieses Dingens hier schleunigst ausschalten.« Assad deutete auf das Navigationsgerät. »Wir fahren von der Autobahn runter und sind in Nullkommanichts da. Ich sag dir, wie du fahren musst, Carl. Ich sehe das doch hier auf der Karte.«
    Diese Bemerkung kostete sie eine weitere Stunde. Als sie auf das Grundstück von Philip Nørvigs Witwe einbogen, begannen gerade die Elf-Uhr-Nachrichten.
    »Große Demonstration vor Curt Wads Haus in Brøndby«, sagte der Sprecher. »Die Gemeinschaftsaktion verschiedener Aktivistengruppen soll darauf aufmerksam machen, für welch undemokratische Prinzipien die Partei Klare Grenzen steht. Curt Wad äußert ...« Hier schaltete Carl den Motor aus und betrat die Kiesauffahrt.

    »Ja, ohne Herbert ...«, Philip Nørvigs Witwe nickte einem gleichaltrigen Mann zu, der gerade das Wohnzimmer betrat und sich ihnen als Herbert Sønderskov vorstellte, »... ohne Herbert hätten Cecilie und ich nicht hier im Haus wohnen bleiben können.«
    Carl begrüßte den Mann höflich, der Anstalten machte, sich zu setzen.
    »Das war bestimmt eine harte Zeit für Sie«, wandte sich Carl wieder an die Witwe. Was sicher eine Untertreibung war, denn ihr Mann war nicht nur pleitegegangen, er hatte sich außerdem erlaubt, einfach zu verduften.
    »Ich will Sie ganz direkt fragen, Frau Nørvig.« Er unterbrach sich. »Sie heißen doch noch Nørvig, oder?«
    Verlegen rieb sie sich den Handrücken mit den Fingern der anderen Hand. »Ja. Herbert und ich sind nicht verheiratet. Als Philip verschwand, war ich persönlich in jeder Hinsicht am Ende, da konnten wir einfach nicht gleich ...«
    Carl bemühte sich um ein verständnisvolles Lächeln, aber an sich war ihm der Familienstand dieser Menschen vollkommen schnuppe.
    »Wäre es vorstellbar, Frau Nørvig, dass sich Ihr Mann aus dem Staub gemacht hat? Dass ihm alles zu viel wurde?«
    »Nicht, wenn Sie auf Selbstmord anspielen. Dazu war Philip zu feige.« Das klang hart, und vielleicht wäre es ihr ja tatsächlich lieber gewesen, er hätte sich einen Strick genommen und sich an einem Baum im Garten aufgehängt. Für sie wäre das bestimmt besser gewesen.
    »Nein, ich meine tatsächlich verduften. Abhauen. Ist es denkbar, dass Ihr Mann Geld beiseitegeschafft und sich klammheimlich irgendwo in der Pampa niedergelassen haben könnte?«
    Sie sah ihn überrascht an. Hatte sie denn noch nie an diese Möglichkeit gedacht?
    »Unvorstellbar! Wenn Philip etwas hasste, dann Reisen. Ich hätte so gern hin und wieder kleinere Touren unternommen, zum Beispiel mit dem Bus in den Harz oder so. Einfach für ein paar Tage wegfahren. Aber nein, das war nichts für Philip. Er hasste unbekannte Orte. Was glauben Sie, warum er seine Kanzlei in diesem Kaff eröffnet hat? Weil es nur zwei Kilometer von dort entfernt ist, wo er seine gesamte Kindheit und Jugend verbracht hat. Deshalb!«
    »Ja, schon. Aber vielleicht blieb ihm, so wie die Dinge standen, nichts anderes übrig, als

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