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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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abzutauchen. Die Grassteppen Argentiniens oder die Bergdörfer Kretas eignen sich prima, um Leute aufzunehmen, die daheim Probleme haben.«
    Mie Nørvig schnaubte und schüttelte den Kopf. Das erschien ihr völlig abwegig.
    An der Stelle schaltete sich der Mann ein, dieser Herbert Sønderskov.
    »Entschuldigen Sie, aber ich darf vielleicht ergänzen, dass Philip mit meinem ältesten Bruder zusammen zur Schule gegangen ist. Mein Bruder hat immer gesagt, Philip sei der Inbegriff eines Waschlappens.« Er warf seiner Lebensgefährtin einen vielsagenden Blick zu. Ganz offensichtlich wollte er noch einmal herausstellen, dass er - im Vergleich zu seinem Vorgänger - die deutlich bessere Partie war. »Einmal, als die Schulklasse nach Bornholm fahren sollte, weigerte sich Philip rundheraus mitzukommen. Er sagte, die Leute dort könnte man nicht verstehen, und deshalb sei das nichts für ihn. Obwohl die Lehrer wütend wurden, blieb er dabei. Man konnte Philip zu nichts zwingen, was er nicht wollte. Er war stur wie ein Esel.«
    »Hm. Für mich klingt das zwar nicht nach einem Waschlappen, aber das mag hier anders sein. Okay, legen wir diese Theorie beiseite. Kein Selbstmord, keine Flucht in ein anderes Land. Dann bleiben ja fast nur Unfall, Totschlag oder Mord. Wozu neigen Sie am ehesten?«
    »Ich glaube, diese verfluchte Vereinigung, deren Mitglied er war, hat ihn umgebracht«, sagte die Witwe mit Blick auf Assad.
    Carl drehte sich zu Assad um, dessen Stirn ein einziger Faltenwurf war und dessen dunkle Augenbrauen ganz oben unter dem Haaransatz hingen.
    »Aber nein, Mie, das kannst du so nicht sagen, finde ich«, schaltete sich Herbert Sønderskov auf dem Sofa ein. »Das können wir doch nicht wissen.«
    Carls Blick war gespannt auf die alte Dame gerichtet. »Ich kann nicht ganz folgen. Welche Vereinigung?«, fragte er. »In den Akten der Polizei steht nichts von einer Vereinigung.«
    »Nein, das habe ich auch noch nie erwähnt.«
    »Ja, worauf spielen Sie denn an, könnten Sie den Schleier vielleicht etwas weiter lüften?«
    »Die Vereinigung hieß Geheimer Kampf.«
    Assad zog den Notizblock aus der Tasche.
    »Geheimer Kampf. Malerischer Name. Klingt fast wie ein alter Sherlock-Holmes-Krimi.« Carl versuchte zu lächeln, aber innerlich waren ganz andere Gefühle geweckt. »Und was ist das, dieser Geheime Kampf?«
    »Mie, ich finde nicht, dass du ...«, warf Herbert Sønderskov ein, aber Mie Nørvig ignorierte seinen Einwurf.
    »Ich weiß nicht allzu viel über diese Vereinigung, denn Philip sprach nie darüber, bestimmt durfte er das nicht. Aber im Lauf der Jahre habe ich doch einiges mitbekommen. Ich war ja seine Sekretärin, das dürfen Sie nicht vergessen.« Sie schob die Hand ihres Lebensgefährten, die er auf die ihre gelegt hatte, weg.
    »Was meinen Sie mit ›einiges‹?«, fragte Carl.
    »Dass die Mitglieder der Vereinigung die Meinung vertraten, manche Menschen hätten Kinder verdient und andere nicht. Dass Philip manchmal mithalf, eine Zwangssterilisierung juristisch durchzudrücken oder zu rechtfertigen. Das machte er offenbar einige Jahre lang, allerdings war das vor meinem Eintritt in die Kanzlei. Wenn Curt hier war, redeten sie oft über einen bestimmten, schon länger zurückliegenden Fall. Das war wohl ihr erster gemeinsamer Fall gewesen, sie nannten ihn den Fall Hermansen. In späteren Jahren fungierte Philip auch als Kontaktperson zu Ärzten und anderen Anwälten. Er leitete und verwaltete ein ganzes Netzwerk.«
    »Ach ja? Aber war das nicht auch ein bisschen der Geist jener Zeit? Ich meine, warum sollte Ihr Mann aus dem Grund in Gefahr gewesen sein? Man hat damals doch mit stillschweigender Billigung oder sogar dem Segen der Behörden ziemlich viele Zwangssterilisierungen vorgenommen, zum Beispiel an geistig Behinderten.«
    »Ja, schon. Aber nicht selten wurden auch Frauen sterilisiert und in Anstalten eingewiesen, die gar nicht behindert waren, sondern die man einfach nur abschieben wollte. Zigeunerinnen zum Beispiel. Oder Frauen, die schon etliche Kinder hatten und von Sozialhilfe lebten. Wenn es einem Arzt aus der Vereinigung gelungen war, eine Frau ins Sprechzimmer und auf den Behandlungsstuhl zu locken, verließ sie die Praxis oft mit verklebten Eileitern - und auf jeden Fall ohne Embryo in der Gebärmutter, falls sie schwanger gewesen war.«
    »Das müssen Sie mir noch einmal erklären. Sie sagen, man habe sehr radikale und, wie ich Ihren Worten entnehme, auch ungesetzliche Eingriffe am Unterleib

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