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Carlotta steigt ein

Carlotta steigt ein

Titel: Carlotta steigt ein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Barnes
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Gefühle hatte wie Eugene Devens, seinen Fuß wohl kaum auf die
verabscheute Erde Heathrows setzen würde, erkundigte mich aber trotzdem auch
bei British Air, TWA und Pan Am. Nichts. Ich überprüfte sogar People Express ab
Newark, falls er Viehwagen gebucht hatte.
    Ich rief bei einem seriösen
Reisebüro an und brachte in Erfahrung, daß die einzigen Charterflüge der
letzten zwei Wochen mit einer Gruppe von Universitätsangehörigen besetzt waren,
Leuten, mit denen Gene Devens schwerlich warm geworden wäre. Nein, man kannte
keinen Reiseveranstalter mit den Initialen GB A. Schiffe waren schnell
erledigt. Boston ist nicht mehr die große Hafenstadt von einst. Zero. Nada. Im
vergangenen Monat war kein Passagierschiff zur grünen Insel ausgelaufen.
    Wenn Gene also im guten alten
Irland weilte, dann inkognito. Zu Fuß über’s Wasser. Solo gesegelt. Mit dem
Fallschirm aus einem geheimen Militär-Jet gesprungen. Und binnen kurzem würde
er eine Postkarte an Billy den Barmann schicken, und alles wäre in Ordnung, nur
daß ich mich dann moralisch dazu verpflichtet fühlen würde, Miss Devens das
meiste von ihrem Tausender zurückzuerstatten.
    Ich ging nochmals mein
Notizbuch durch, auf der Suche nach Gottweiß was. Meine Notizen sahen aus wie
ein Nachruf. Geboren, aufgewachsen, verheiratet. Alles bis auf das Todesdatum.
    Ich schüttelte den Gedanken mit
Donutkrümeln ab. Zeit für mich, noch einmal mit meiner Klientin zu reden. Ich
mußte einen Blick in Genes Zimmer werfen.
    Mein Wagen stand auf einem
jener Hinterhöfe an der Seitenstraße gleich hinter der Mass. Ave., dem
Bischof-Sowieso-Sträßchen. Diese Art von Straße läßt vermuten, daß der Bischof
nicht gerade hochgeachtet wurde. Mein kleiner roter Toyota war trotzdem noch
da, unberührt. Wußten Sie schon, daß es beinahe Hochverrat ist, wenn eine Frau,
die in Detroit aufgewachsen ist, ein japanisches Auto fährt?
    Ehe ich die Richtung zum
Devens-Haus einschlug, bog ich eben zu Paolinas Haus ab. Es handelt sich um
eine dieser flacheren Wohnanlagen aus Stein, eine städtische
Wohnungsbaumaßnahme, besser durchdacht als die Ghetto-Wohntürme, denn Armut und
Hoffnungslosigkeit konzentrieren sich hier nicht so, da und dort wächst sogar
ein Baum oder ein Fleckchen Rasen. Liegt in einer versteckten Ecke von East
Cambridge. Ringsum sind die Stahlhochhäuser des High-Tech-Booms emporgewachsen,
haben es umzingelt und nehmen ihm die Sonne weg.
    Bei Tage ist es gar nicht so
schlimm, aber nachts würde ich am liebsten Paolina samt Familie dort
hinausschleppen. Paolinas Mutter Marta ist Kolumbianerin. Sie hat hier
irgendeinen Puertoricaner geheiratet, der sich nach dem fünften Kind
davonmachte. Es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen von Vettern und Onkeln
auf Besuch. Marta ist ein Original. Setz sie in der Wüste ab, und sie wird dir
Sand verkaufen. Du würdest dich nicht nur dumm und dämlich zahlen, sondern dich
auch noch geehrt fühlen. Wenn sie nicht durch rheumatische Arthritis behindert
wäre, hätte sich ihre Familie nie auf den Sozialbau eingelassen. Ab und zu
bricht bei ihr das alte Feuer noch einmal durch, aber meistens legt sie jetzt
ein gemäßigtes Tempo vor.
    Paolina war tagsüber in der
Schule, aber ich hatte auch keinen Besuch vor.
    Er lümmelte auf der Veranda des
Hauses neben Paolinas herum, lehnte sich an die schmutzig gelben Ziegel und
starrte etwas an, das nur er sehen konnte. Der gleiche Typ, den ich seit drei
Wochen beobachtete, ein knochiger Spanier mit ungesunder gelblicher Haut, die
sich über einem schmalen Gesicht spannte. Er hatte einen zipfeligen Schnurrbart
und einen dünnen, zerzausten Kinnbart. Dunkle Schatten unter seinen Augen
machten ihn älter, als er sich kleidete. Sein T-Shirt hatte Schweißringe unter
den Achseln, und seine Jeans waren zur Farbe eines blassen Morgenhimmels
ausgebleicht. Er drückte eine abgenutzte Ledermappe an sich.
    Die Ledermappe interessierte
mich. Und noch mehr das, was herauskommen mochte.
    Drogen und Sozialwohnungen
gehen Hand in Hand wie Räuber und Gendarmen. Das wußte ich. Aber nicht Drogen
und Paolina. Die beiden werden nie in einem Atemzug genannt werden.
    Der Zipfelbart war mir ein paar
Mal aufgefallen, als ich sie abholen kam. Ich wurde neugierig. Ich vertraute
mich einem Cambridge-Bullen an, den ich kannte, einem ganz netten Burschen,
aber zu beschäftigt, um die Art von Überwachung durchzuführen, die schließlich
zur Festnahme führt. Ich bin nicht so beschäftigt. Die Welt werde ich

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