Carlottas Kerker
glitten sie dahin, und Carlotta beugte sich vor, um den genauen Kurs anzugeben.
»London«, flüsterte sie, »wir müssen nach London...«
***
Die Staatsanwältin Dr. Purdy Prentiss war noch mit John und Suko etwas essen gegangen. Bei einem Mexikaner, der dafür bekannt war, dass er seine Tortillas besonders fein würzte und auch immer einen preiswerten, aber guten Wein anbot.
John und Suko wollten sich am nächsten Tag um den Fall kümmern. Da hatte die Staatsanwältin keine Zeit, weil wieder ein Prozess anstand, der sich schon über mehrere Tage hinzog und immer zäher wurde. Sie musste dabei sein und andere Dinge leider zurückstellen.
Der Sender arbeitete in der Nacht, und sie würde bestimmt auf jemanden treffen, der ihr Auskunft geben konnte. Die Adresse hatte sie sich verschafft und auch mit ihren Freunden abgesprochen, dass sie am nächsten Tag informiert werden würden.
Der neue Tag brach bereits an, als sich Purdy Prentiss ihrem Ziel näherte.
Um sich mitten in London zu etablieren, fehlte dem Sender wohl das Geld. Deshalb hatten sich die Verantwortlichen in einen östlichen Randbezirk verzogen, in dem sie nicht nur allein residierten, sondern einen Teil eines Industrieparks bildeten. Man musste durch ein Tor fahren, das jedoch offen stand und auch keinen Portier hatte, der irgendwelche Besucher aufgehalten hätte.
Purdy Prentiss fuhr bis zu einer großen Tafel, die leider nicht erleuchtet war. Auf ihr waren die Namen der Firmen aufgeführt, die hier residierten. Neben den Schildern der Firmen waren Pfeile zu sehen, die in die entsprechenden Richtungen deuteten.
Purdy Prentiss musste sich nach rechts wenden, stieg wieder ein und fuhr los. Die Straßen hier waren recht breit und wurden von verschiedenen Bauten umsäumt. Es standen auch Lastwagen und kleinere Transporter an langen Rampen, aber es gab auch Häuser, die im Dunkeln lagen.
Wieder entdeckte sie einen Hinweis. Sie musste sich links halten und war überrascht, als sie drei Platanen sah, die sich hier verirrt zu haben schienen. Sie wuchsen in einem mit Gras bedeckten Vorgarten und schirmten die Sicht auf mehrere erleuchtete Fenster ab, die zu dem Bau gehörten, in dem Champion-TV seine Räume hatte.
Purdy entdeckte das Logo erleuchtet über dem Eingang und stellte ihren Wagen auf einem kleinen Parkplatz ab. Das Logo bestand aus einer Faust und dem Teil eines Arms, der wohl in großer Siegerpose in den Himmel gereckt war.
Sie stieg aus.
Dabei fiel ihr auf, dass auf dem Flachdach das Metall einiger Antennen und Schüsseln blinkte. Durch eine Glastür fiel Licht nach draußen, sodass jeder gesehen werden konnte, der sich der Tür näherte.
Und hier gab es einen Mann, der Nachtschicht hatte. Ihm war die Besucherin aufgefallen. Purdy hörte eine Lautsprecherstimme nach ihren Wünschen fragen.
»Zum Champion-TV, bitte.«
»Haben Sie einen Termin?«
»Nein.«
»Dann darf ich Sie bitten, mir Ihren Namen zu nennen.«
»Den können Sie erfahren, und ich teile Ihnen auch gleich meinen Beruf mit.«
Und der war der Türöffner. Purdy konnte ein treten, zeigte auch ihren Dienstausweis und hörte sich die Entschuldigungen des Nachtportiers an, der davon sprach, dass man heutzutage nicht vorsichtig genug sein konnte.
»Das stimmt. Und jetzt sagen Sie bitte, wie ich zum Sender komme.«
»Sie müssen hoch in die erste Etage.«
»Danke.«
»Soll ich Sie anmelden?«
»Nein, das ist nicht nötig. Ich finde mich schon allein zurecht, keine Sorge.«
»Gut.« Der schon ältere Mann lächelte etwas gequält, als er der Frau nachschaute, die auf die Treppe zuging. Die Stufen waren mit einem trittfesten hellblauen Teppichboden belegt. Das Licht war nicht zu grell, und die hellblaue Farbe setzte sich auch im Gang fort, der leer vor Purdy lag.
Die Ruhe empfand sie sogar als gespenstisch. Wohin sie musste, wusste sie nicht, aber sie konnte sich an den Schildern neben den Türen orientieren.
Am Ende des Ganges sah sie eine dunkelrot gestrichene Metalltür, auf deren Vorderseite mit weißen Buchstaben das Wort ›STUDIO‹ geschrieben stand. Bis dahin musste sie nicht gehen, denn die Tür an der rechten Seite war genau richtig.
Sekretariat und Chefredaktion las sie dort.
Purdy klopfte an, wartete das Herein nicht ab und trat in einen Raum, in dem es nach Parfüm roch. Die Wolke stammte von einem menschlichen Wesen weiblicher Natur, das an einem Schreibtisch saß, die Beine hochgelegt hatte und über Kopfhörer Musik hörte oder was auch immer. Purdy
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