Carlottas Kerker
wir zwei Psychologen hier in der Einsamkeit finden, wo doch die Großstädte genügend Ausbreitungsmöglichkeiten und auch Klienten bieten.«
»Klar, da muss man schon gut sein, und das sind sie wohl.«
Mehr wollten wir ihn nicht fragen, um sein Misstrauen nicht zu steigern. Wir bedankten uns, und der Bürgermeister packte seine Akten wieder zusammen.
»Das ist meine Arbeit für zuhause, denn im Büro komme ich oft genug nicht dazu.« Er schloss den Vauxhall auf. »Falls Sie noch Fragen haben, ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung. Meine Adresse kann Ihnen jeder Bewohner hier sagen.«
»Danke.«
Wir warteten, bis er abgefahren war. Dann murrte Suko: »Ich weiß nicht, ob wir diesen Menschen nicht misstrauisch gemacht haben, und zwar so misstrauisch, dass er Carlotta Crane anruft und sie vor unserem Besuch warnt. Hier halten doch alle zusammen.«
»Damit müssen wir rechnen«, stimmte Purdy ihm zu. »Nur denke ich da an etwas anderes. Ich glaube, dass mein Plan gar nicht so schlecht ist.«
»Dann lass ihn hören«, forderte ich.
»Ihr werdet nicht mitgehen. Ich werde die Cranes in ihrer Praxis allein besuchen.«
.»Toll. Und was machen wir?«
»Ihr könnt euch inzwischen mal das Haus anschauen. Vielleicht findet sich dort eine Spur.«
»Hört sich nicht schlecht an«, kommentierte Suko.
»Es ist aber auch gefährlich.«
»John, hör auf. Was ist nicht gefährlich? Du brauchst nur über eine Straße zu gehen, und schon kann es dich erwischen.« Purdy schaute auf die Uhr. »Zu lange hell ist es auch nicht mehr. Ich kann mir vorstellen, dass die Cranes ihre Praxis bald schließen, und angemeldet bin ich auch nicht.«
»Okay, dann versuche es.« Ich deutete gegen den Boden. »Wir schauen uns in der Zwischenzeit das Haus an, und wir treffen uns hier oder an der Praxis wieder.«
Purdy lächelte breit. »Ich bin wirklich gespannt, wie mich die beiden empfangen werden.«
»Vergiss nicht, dass es auch gefährlich werden kann«, warnte ich sie. »Es ist durchaus möglich, dass die beiden bereits über dich Bescheid wissen.«
»Klar, ich passe schon auf.«
Gern ließen wir sie nicht gehen. Auch Suko sah man an, dass er kein gutes Gefühl bei der Sache hatte...
***
Suko und ich fuhren nicht sofort zum Haus der Cranes, denn beide hatten wir nach der langen Fahrt Hunger. Und da kam uns der Schnellimbiss mit seiner blutroten Reklame, die einen dicken Fisch zeigte, gerade recht. Wir brauchten nur quer über die Straße zu gehen, um den Laden zu betreten. Eine breite Theke, ein paar Stehtische, die mit Papierdecken belegt waren und mit blauen Fliesen bedeckte Wände – so sah die Einrichtung aus.
Die einzigen Kunden waren wir. Und beide entschieden wir uns für einen soeben frisch gebratenen Fisch ohne Chips, dafür mit Majonäse und zwei Stücken Brot als Beigabe.
»Wir haben hier den besten«, erklärte uns die ziemlich korpulente Verkäuferin, die einen weißen Kittel trug mit einem aufgestickten Fisch an der rechten Brustseite.
»Das wollen wir doch hoffen.«
»Werden Sie gleich schmecken. Möchten Sie auch etwas zu trinken? Die meisten nehmen einen trockenen Wein. Ich habe einen guten im Angebot, den ich auch glasweise ausschenke.«
Dafür entschied ich mich. Suko blieb bei seinem Wasser ohne Kohlensäure.
Wir transportierten das Essen und die Getränke zu einem der runden Tische und ließen es uns schmecken. Die Frau hatte nicht gelogen. Der Fisch war wirklich erste Sahne, was wir ihr natürlich auch sagten.
»Ich wusste es, meine Herren, ich wusste es. Wer einmal hier bei mir gegessen hat, kommt immer wieder.«
»Ist das auch bei den Einheimischen so?«, fragte Suko.
»Klar.«
»Kommen auch die Cranes?«
Die Frau stutzte für einen Moment. »Wie kommen Sie denn auf die? Sind Sie wegen denen hier?«
»Ja, ja, es geht uns da um verschiedene Dinge.«
»Mit denen habe ich keinen Kontakt. Das sind komische Leute. Das sage nicht nur ich, sondern viele Menschen hier.«
»Wieso?«
»Ach, ich will nicht darüber reden.«
Suko ließ nicht locker. »Sind die beiden Cranes vielleicht Außenseiter?«
»Ha, das kann man sagen.«
»Dann stammen sie nicht von hier?«
»Genau. Außerdem tritt diese Crane, wie man sagt, in einer billigen Fernsehsendung auf. Da kann man ein Dinner mit ihr gewinnen oder auch noch mehr. Aber fragen Sie mich nicht, Genaues weiß ich nicht. Ich hab die Sendung nie gesehen, ein Kunde aus dem Ort erzählte davon. Ich finde das furchtbar unmoralisch. Dabei geben sich die beiden
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