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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dame Koenig As Spion (Smiley Bd 5)
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es in einem Gespräch mit Mendel »alles
in eine Teströhre füllen und abwarten, ob es explodiert«. Was ihn am meisten
fasziniert habe, sagte er, sei die Bemerkung gewesen, die Guillam über
Allelines düstere Warnung von wegen »Verwirrung stiften« gemacht hatte, in anderen
Worten, er suchte nach dem »letzten gekonnten Knoten«, den Karla geschlungen
hatte, um den ganz bestimmten Verdacht entkräften zu können, den Irinas
Tagebuch geweckt hatte.
    Zunächst
stieß er auf ein paar seltsame Funde. Zum einen, daß jedesmal, wenn Merlin
einen seiner neun aktuellen Berichte geliefert hatte, entweder Poljakow in
London gewesen war oder Toby Esterhase eine Spritztour ins Ausland gemacht
hatte. Zum anderen, daß während der wichtigen Zeit, die auf Tarrs Abenteuer in
Hongkong folgte, Poljakow zu dringenden Kulturgesprächen in Moskau gewesen
war; und daß bald darauf Merlin mit einer seiner spektakulärsten und
aktuellsten Informationen über die »ideologische Durchdringung« der Vereinigten
Staaten herausrückte, einschließlich einer Wertung der Ermittlungen des Circus
über die wichtigsten amerikanischen Aufklärungsziele. Als er nochmals die Probe
machte, entdeckte er, daß auch die Umkehrung stimmte: daß die Berichte, die er
mangels engen Bezugs zu jüngsten Ereignissen verworfen hatte, fast immer zur
Verteilung gelangten, während Poljakow in Moskau oder auf Urlaub war. Und dann
hatte er's.
    Keine
schlagartige Enthüllung, keine jähe Erleuchtung, kein »Heureka« und keine
Anrufe bei Guillam oder Lacon: »Smiley ist der Beste.« Einfach nur, daß hier,
in den Berichten, die er geprüft, und in den Notizen, die er zusammengetragen
hatte, die Bestätigung einer Theorie lag, der er schon oft nahegekommen war,
ohne ihr jedoch einen Namen gegeben zu haben; einer Theorie, für die an diesem
Tag Smiley und Guillam und Ricki Tarr, jeder von seinem Blickpunkt aus, den
Beweis vor Augen gehabt hatten: daß zwischen dem Maulwurf Gerald und der Quelle
Merlin eine nicht mehr wegzuleugnende Verbindung bestand; daß Merlins
sprichwörtliche Beweglichkeit ihm erlaubte, sowohl Karlas wie auch Allelines
Werkzeug zu sein. Oder sollte er besser sagen, überlegte Smiley- während er
sich ein Handtuch umwarf und frohgemut in den Korridor hinaustänzelte, um sich
zur Feier des Tages ein Bad zu genehmigen — Karlas Agent? Daß dieser ganzen
Verschwörung ein verblüffend einfacher Mechanismus zugrunde lag, dessen
Symmetrie für ihn die reine Wonne war. Es war sogar mit Händen zu greifen: hier
in London, ein Haus, vom Schatzamt bezahlt, die ganzen sechzigtausend Pfund;
und gewiß oft von den unglücklichen Steuerzahlern, die täglich daran
vorbeigingen, mit begehrlichen Blicken bedacht - nie würden sie sich etwas
Derartiges leisten können, und doch hatten sie es, ohne ihr Wissen, bar
bezahlt.
    Seit
vielen Monaten hatte er sich nicht mehr so erleichtert gefühlt wie jetzt, als
er sich die gestohlene Akte über die Operation Testify vornahm.
     
    Bill Roach
sieht verbotene Dinge und ist entgeistert
     
    Eins mußte
man Matron lassen: Sie hatte sich schon die ganze Woche über wegen Roach Sorgen
gemacht, seit sie ihn allein im Waschraum entdeckt hatte, zehn Minuten, nachdem
der ganze übrige Schlafsaal zum Frühstück hinuntergegangen war. Er hatte, noch
immer im Pyjama, über ein Waschbecken gebeugt dagestanden und sich verbissen
die Zähne gebürstet, Als sie ihn ausfragte, mied er ihren Blick. »Es ist sein
elender Vater«, hatte sie zu Thursgood gesagt: »Er macht ihn wieder mal
fertig.« Und am Freitag: »Sie müssen seiner
Mutter schreiben und ihr sagen, daß es ihn erwischt hat.«
    Aber nicht
einmal Matron hätte trotz all ihres mütterlichen Scharfblicks auf blankes
Entsetzen diagnostiziert.
    Was konnte
er nur tun, er, ein Kind? Hier lag seine Schuld. Hier lag der Anfang des
Fadens, der direkt zurückführte zum Unglück seiner Eltern. Hier lag der Fluch,
der seinen gebeugten Schultern bei Tag und Nacht die Verantwortung für die
Erhaltung des Friedens auf der Welt aufbürdete. Roach, der Beobachter - der
»beste Beobachter im ganzen Stall«, um Jim Prideaux' treulich bewahrte Worte zu
gebrauchen - hatte am Ende allzu gut beobachtet. Er hätte alles dafür gegeben,
sein Geld, den Lederrahmen mit den Fotos seiner Eltern, alles, was ihm in der
Welt Wert verlieh, wenn er sich dafür von der Erkenntnis hätte loskaufen
können, die ihn seit Sonntagabend quälte. Er hatte Signale gegeben.
Sonntagnacht, eine Stunde, nachdem die

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