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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dame Koenig As Spion (Smiley Bd 5)
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Sieger lieber sein. »Es ist
unter anderem auch ein ästhetisches Urteil«, erklärte er und blickte auf.
»Natürlich zum Teil auch ein moralisches.«
    »Natürlich«,
sagte Smiley höflich.
    Von da an,
sagte er, sei es nur eine Zeitfrage gewesen, bis er seine Kräfte dort
einsetzte, wo seine Überzeugungen lagen. Das war die Ernte des ersten Tages.
Eine weiße Absonderung hatte sich auf Haydons Lippen gebildet, und seine Augen
begannen wieder zu tränen. Sie beschlossen, sich anderentags um die gleiche
Zeit wiederzusehen.
    »Es wäre
gut, wenn wir ein bißchen ins Detail gehen könnten, Bill«, sagte Smiley, als er
sich verabschiedete. »Ach, noch eins, sagen Sie's Jan, ja?« Haydon lag auf dem
Bett und betupfte sich wieder die Nase. »Ist völlig egal, was Sie sagen,
Hauptsache, Sie machen's endgültig.« Er setzte sich auf, schrieb einen Scheck
aus und steckte ihn in einen braunen Umschlag. »Geben Sie ihr das für die
Milchrechnung.« Da er vielleicht bemerkte, daß Smiley von diesem Auftrag nicht
gerade entzückt war: »Schließlich kann ich sie nicht gut mitnehmen, oder?
Sogar wenn man sie rüberließe, wäre sie bloß ein verdammter Klotz am Bein.«
    Am
gleichen Abend noch fuhr Smiley nach Haydons Anweisung mit der U-Bahn nach
Kentish Town und machte eine Cottage in einem noch nicht modernisierten Gäßchen
ausfindig. Ein unansehnliches blondes Mädchen in Jeans öffnete ihm, es roch
nach Ölfarbe und Baby. Er wußte nicht mehr, ob er sie schon einmal in der
Bywater Street getroffen hatte, daher begann er: »Ich komme von Bill Haydon. Es
geht ihm soweit gut, aber ich soll Ihnen einiges von ihm bestellen.«
    »Herrje«,
sagte das Mädchen sanft. »Ist auch wahrhaftig Zeit.« Das Wohnzimmer war
schäbig. Durch die Küchentür sah er einen Stapel schmutzigen Geschirrs und
schloß daraus, daß sie alles benutzte, solange der Vorrat reichte, und dann im
großen abwusch. Der Fußboden war kahl bis auf langgestreckte psychedelische
Muster aus Schlangen und Blumen und Insekten. »Das ist Bills Michelangelo-Decke«,
sagte sie im Konversationston. »Er wird sich nur dabei nicht Michelangelos
Rückenschmerzen zuziehen. Kommen Sie von der Regierung?« fragte sie und
zündete sich eine Zigarette an. »Er arbeitet für die Regierung, hat er mir
gesagt.« Ihre Hand zitterte, und sie hatte gelbe Monde unter den Augen.
    »Also, als
erstes soll ich Ihnen das da geben«, sagte Smiley, tauchte in eine Innentasche
und reichte ihr den Umschlag mit dem Scheck.
    »Brot«,
sagte das Mädchen und legte den Umschlag neben sich. »Brot«, sagte Smiley und
grinste genau wie sie, dann aber bewirkte irgend etwas in seinem
Gesichtsausdruck oder die Art, wie er dieses eine Wort wiederholt hatte, daß
sie den Umschlag nahm und ihn aufriß. Es lag kein Brief darin, nur der Scheck,
aber der Scheck genügte: sogar von seinem Platz aus konnte Smiley sehen, daß
die Zahl vierstellig war.
    Wie eine
Schlafwandlerin ging sie hinüber zum Kamin und legte den Scheck zu den
Haushaltsrechnungen in eine alte Blechdose auf dem Kaminsims. Dann ging sie in
die Küche und bereitete zwei Tassen Neskaffee, kam aber nur mit einer wieder
heraus. »Wo ist er?« sagte sie. Sie stand vor ihm. »Er ist wieder mal mit
diesem rotznäsigen kleinen Matrosen abgehauen, wie? Und das ist die Abfindung,
ja? Na, Sie können ihm verdammt noch mal von mir sagen . . .«
    Smiley
hatte solche Szenen schon öfter erlebt, und nun kamen ihm lächerlicherweise die
üblichen Worte auf die Zunge: »Bill erfüllt zur Zeit einen Auftrag von
nationaler Bedeutung. Es tut mit leid, aber wir dürfen nicht darüber sprechen,
und Sie dürfen es auch nicht. Er ist vor ein paar Tagen zu einem geheimen
Einsatz ins Ausland gegangen. Er wird längere Zeit fort sein. Er durfte keinem
Menschen etwas von seiner Abreise sagen. Er bittet Sie, ihn zu vergessen.
Glauben Sie mir, es tut mir sehr leid. Soweit war er gekommen, als sie
losplatzte. Er hörte nicht alles, was sie sagte, denn sie tobte und schrie, und
als das Baby es hörte, fing es droben ebenfalls zu schreien an. Sie stieß
Beschimpfungen aus, nicht gegen ihn, nicht einmal speziell gegen Bill, sie
schimpfte und fluchte einfach tränenlos und fragte, wer zum Teufel, wer
verdammt, verdammt noch mal heutzutage noch der Regierung vertraue? Dann schlug
ihre Stimmung um. An den Wanden sah Smiley lauter Bilder, die Bill gemalt hatte,
hauptsächlich von dem Mädchen: nur wenige waren fertig, und sie hatten etwas
Verkrampftes, fast Gehetztes im

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