Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smileys Leute oder Agent in eigener Sache (Smiley Bd 7)
Vom Netzwerk:
Bericht, bestand
darauf, daß Otto dafür fünfhundert Dollar entgegennehme und - reine Formsache
- eine Quittung unterschreibe. Und nachdem Otto dies getan hatte und somit ein
für allemal am Angelhaken hing, kam Kirow geradewegs zur Sache, mit der ganzen
Brutalität, die er aufzubieten vermochte - und das war nicht wenig, sagte
Connie -, und fragte Otto, wie gut er mit den ortsansässigen russischen
Emigranten stehe.
    »Bitte, Con«, flüsterte Smiley.
»Wir haben's fast geschafft!« Sie war ihm so nah, doch er spürte, wie sie ihm
immer mehr entglitt. Hilary lag auf dem Fußboden und hatte den Kopf an Connies
Knie gelehnt. Connies Hände in den Pulswärmern suchten Halt in Hilarys Haar,
und ihre Augen waren fast geschlossen.
    »Connie!« wiederholte Smiley.
    Connie öffnete die Augen und
lächelte schwach.
    »Es war nur der Fächertanz,
Darling«, sagte sie. »Das Er-weiß-daß-ich-weiß-daß-du-weißt. Der übliche
Fächertanz«, wiederholte sie nachsichtig, und ihre Augen fielen wieder zu.
    »Und was hat Leipzig ihm
geantwortet? Connie!«
    »Er hat getan, was wir alle getan
hätten, Darling«, murmelte sie. »Verzögerungstaktik. Gab zu, daß er bei den
Emigrantengruppen gern gesehen sei und mit dem General ein Herz und eine Seele.
Dann nichts mehr. Sagte, er komme nicht sehr häufig nach Paris. >Warum nicht
einen Ortsansässigen anheuern?< sagte er. Er hat gemauert, Hils, Darling,
verstehst du? Fragte wieder: Würde es irgendwem schaden? Fragte, worin
eigentlich der Job bestehe? Was dabei herausspringe? Gib mir einen Schluck,
Hils.«
    »Nein«, sagte Hilary.
    »Los.«
    Smiley goß ihr zwei Finger hoch
Whisky ein und sah zu, wie sie ihn schlürfte.
    »Was sollte Otto bei den Emigranten
für Kirow erledigen?« sagte er.
    »Kirow brauchte eine Legende«,
antwortete sie. »Er brauchte eine Legende für ein Mädchen.«
     
    Nichts an Smileys Verhalten ließ
erkennen, daß er diesen Satz erst vor ein paar Stunden von Toby Esterhase
gehört hatte. Vor vier Jahren, wiederholte Connie, habe Oleg Kirow eine Legende
gebraucht. Genau wie der Sandmann, nach Aussagen Tobys und des Generals -
dachte Smiley -, heute eine Legende brauchte. Kirow brauchte eine Tarnung für
eine Agentin, die man nach Frankreich einschleusen wollte. Das sei des Pudels
Kern gewesen, sagte Connie. Kirow sagte das natürlich nicht; im Gegenteil, er
stellte es ganz anders dar. Er erzählte Otto, Moskau habe an alle Botschaften
eine geheime Anweisung ergehen lassen, des Inhalts, daß auseinandergerissene
russische Familien unter gewissen Voraussetzungen im Ausland wieder
zusammengeführt werden sollten. Wenn genügend Familien gefunden werden könnten,
die diesen Wunsch hegten, so die Anweisung, dann wolle Moskau das Vorhaben an
die Öffentlichkeit bringen und damit das Image der Sowjetunion auf dem Gebiet
der Menschenrechte aufwerten. Am liebsten wären ihnen Fälle mit Gefühlsgehalt:
Töchter in Rußland zum Beispiel, von ihren Angehörigen im Westen abgeschnitten,
alleinstehende Mädchen, vielleicht im heiratsfähigen Alter. Geheimhaltung sei
wichtig, sagte Kirow, bis eine Liste passender Fälle beisammen sei - nicht
auszudenken das Geschrei, wenn die Sache vorzeitig durchsickere!
    Das Rote-Rübenschwein sei so plump
vorgegangen, sagte Connie, daß Otto den Vorschlag zunächst einfach um der Wahrscheinlichkeit
willen habe lächerlich machen müssen; das Ganze sei zu verrückt, zu weit
hergeholt, sagte er - geheime Listen, was für ein Nonsens! Warum wandte Kirow
sich nicht direkt an die Emigranten-Organisationen und ließ sie
Verschwiegenheit schwören? Warum einen krassen Außenseiter für seine Dreckarbeit
engagieren? Je länger Leipzig herumredete, um so hitziger wurde Kirow. Es sei
nicht Leipzigs Job, sich über Erlasse der Moskauer Zentrale lustig zu machen,
sagte Kirow. Er begann Otto anzubrüllen, und irgendwie fand Connie die Kraft,
gleichfalls zu brüllen oder wenigstens die müde Stimme ein wenig zu heben und
ihr den gutturalen russischen Klang zu verleihen, den Kirow ihrer Meinung nach
haben mußte. »>Wo bleibt dein Mitgefühl sagte er. >Willst du deinen
Mitmenschen nicht helfen? Warum verhöhnst du eine menschliche Geste, nur weil
sie von Rußland ausgeht?<« Kirow sagte, er habe bereits persönlich einige
Familien aufgesucht, aber kein Vertrauen gefunden und keine Fortschritte
erzielt. Er fing an, Druck auf Leipzig auszuüben, zuerst persönlicher Natur -
>Willst du mir nicht helfen, beruflich weiterzukommen ?< -, und als das
nicht

Weitere Kostenlose Bücher