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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smileys Leute oder Agent in eigener Sache (Smiley Bd 7)
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Gemüsebeet und einem winzigen
Goldfischbecken aus vorgefertigten Teilen. Im Becken war kein Wasser und folglich
auch kein Goldfisch, doch eine gelbe Holzente lag umgestürzt auf dem Grund.
Ihr Schnabel war offen, ihre Augen starrten in den Himmel, und ihre Räder
drehten sich noch.
    Der Fahrgast kaufte eine Holzente
auf Rädern, hatte der Mini-Taxi-Chauffeur gesagt und sich dabei umgedreht, um
mit seinen weißen Händen die Größe anzudeuten. »Gelbes Dings.«
    An der Hintertür war ein Klopfer.
Smiley schlug ihn leicht an und drehte den Türknauf, der nachgab. Er trat ein
und schloß die Tür sorgfältig hinter sich. Er stand in einer Spülküche, die zur
eigentlichen Küche führte, und das erste, was er in der Küche sah, war ein
Wasserkessel, den jemand vom Gas gestellt hatte und aus dessen Pfeifdüse sich
lautlos eine dünne Dampfspirale kringelte. Und zwei Tassen und einen Milchkrug
und eine Teekanne auf einem Tablett.
    »Mrs. Craven?« rief er leise.
»Stella?«
    Er durchquerte das Eßzimmer und
stand in der Diele auf dem braunen Teppich neben dem Kinderwagen, und im Geist
schloß er einen Pakt mit Gott: Bloß keine Toten mehr, bloß keine Wladimirs
mehr, und ich werde Dich anbeten bis an unser Lebensende.
    »Stella? Ich bin's. Max,« sagte er.
     
    Er stieß die Tür zum Wohnzimmer
auf, und da saß sie, in der Ecke zwischen dem Klavier und dem Fenster, und
schaute ihn mit kalter Entschlossenheit an. Sie hatte keine Angst, aber sie sah
aus, als haße sie ihn. Sie trug ein langes asiatisches Gewand und kein Make-up.
Sie hielt das Kind im Arm, einen Knaben oder ein Mädchen, er konnte es nicht
sagen und sich auch nicht erinnern. Sie drückte den zerzausten Kopf an ihre
Schulter, hielt dem Kleinen eine Hand über den Mund, um es am Schreien zu hindern,
und sah Smiley über das Kind hinweg herausfordernd und argwöhnisch an.
    »Wo ist Willem?« fragte er.
    Langsam nahm sie ihre Hand weg, und
Smiley erwartete, daß das Kind losbrüllen werde, doch es starrte ihn nur zur
Begrüßung an.
    »Er heißt William«, sagte sie
ruhig. »Merken Sie sich das endlich, Max. Sein eigener Entschluß. William
Craven. Britisch bis ins Mark. Nicht estnisch, nicht russisch. Britisch.« Sie
war eine schöne, dunkelhaarige und stille Frau. Wie sie so in der Ecke saß und
ihr Kind hielt, sah sie aus, als sei sie für alle Zeiten vor den schwarzen
Hintergrund gemalt.
    »Ich möchte mit ihm sprechen,
Stella. Ich verlange nicht, daß er irgendetwas tut. Vielleicht kann ich ihm
sogar helfen.«
    »Das hab ich schon mal gehört, oder
nicht? Er ist weggegangen, zur Arbeit, wo er hingehört.«
    Smiley ließ es einsickern.
    »Was tut dann sein Laster vor der
Tür?« wandte er sanft ein.
    »William ist im Lagerhaus. Wurde
mit einem Auto abgeholt.«
    Smiley ließ auch dies einsickern.
    »Für wen ist dann die zweite
Teetasse in der Küche?«
    »Er hat nichts damit zu tun«, sagte
sie.
    Smiley ging nach oben, und sie ließ
ihn gewähren. Eine Tür war direkt vor ihm, rechts und links waren zwei weitere
Türen, beide offen, eine führte ins Kinderzimmer, die andere ins Schlafzimmer.
Die Tür vor ihm war geschlossen, und als er klopfte, kam keine Antwort.
    »Willem, ich bin's, Max«, sagte er.
»Ich muß mit Ihnen reden, bitte. Dann geh ich und laß Sie in Ruhe, das
verspreche ich Ihnen.«
    Er wiederholte das Ganze nochmals,
Wort für Wort, und stieg dann wieder die steile Treppe zum Wohnzimmer hinunter.
Das Kind hatte laut zu weinen angefangen.
    »Vielleicht könnten Sie jetzt
diesen Tee machen«, schlug er zwischen zwei Schluchzern des Kindes vor.
    »Sie sprechen mir nicht mehr mit
ihm allein, Max. Ich will nicht, daß Sie ihn wieder in Versuchung führen.«
    »Das habe ich nie getan. Das war
nicht meine Aufgabe.«
    »Er hält immer noch die größten
Stücke auf Sie. Das genügt mir.«
    »Es geht um Wladimir«, sagte
Smiley.
    »Ich weiß, worum es geht.
Schließlich haben sie ja die halbe Nacht angerufen, nicht wahr?«
    »Wer, sie ?«
    »>Wo ist Wladimir? Wo ist
Wladi?< Wofür hält man William eigentlich? Für Jack the Ripper? Er hat seit
Gott weiß wie lange von Wladimir weder etwas gehört noch gesehen. Oh, Beckie,
Darling, sei doch still!« Sie ging durchs Zimmer, grub unter einem
Wäschehaufen eine Dose Biskuits hervor und schob dem Kind eines davon energisch
in den Mund. »Ich bin sonst nicht so«, sagte sie.
    »Wer hat nach ihm gefragt?« beharrte Smiley sanft.
    »Mikhel, wer sonst? An Mikhel
erinnern Sie sich doch, unser As von Radio

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