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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smileys Leute oder Agent in eigener Sache (Smiley Bd 7)
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sich des braunen Umschlags aus Paris. Er riß ihn auf, in Erwartung
welchen Inhalts? Einer Rechnung vermutlich, irgendeines Überbleibsels aus dem
Leben des alten Knaben dort drüben. Oder eines dieser hektographierten
Schlachtrufe, die Emigranten einander zusenden wie Weihnachtskarten. Aber es
war weder eine Rechnung noch ein Rundschreiben, sondern ein persönlicher
Brief: ein Hilferuf, aber einer von ganz besonderer Art. Ohne Unterschrift,
ohne Absender. In französisch, sehr schnell mit der Hand geschrieben. Smiley
las ihn einmal, und er war gerade dabei, ihn ein zweites Mal zu lesen, als ein
bunt lackierter Ford Cortina, an dessen Steuer ein Junge im Polohemd saß,
rasant schlitternd vor dem Kino zum Stehen kam. Smiley steckte den Brief in die
Tasche und ging über die Straße zum Taxi.
    »Sampson mit >pJunge impertinent durch das Fenster und stieß dann die hintere Tür von innen
auf. Smiley kletterte hinein. Es roch nach einer Mischung von Rasierwasser und
abgestandenem Zigarettenrauch. Er hielt eine Zehnpfundnote gut sichtbar in der
Hand.
    »Würden Sie bitte den Motor
abstellen«, sagte Smiley.
    Der Junge gehorchte und sah ihn
dabei unverwandt im Rückspiegel an. Er war braunhaarig und trug eine
Afro-Frisur. Weiße, sorgfältig manikürte Hände.
    »Ich bin Privatdetektiv«, erklärte
Smiley. »Sicher haben Sie oft mit unseresgleichen zu tun, und ich weiß, wir
sind eine Landplage, aber ich würde mir eine kleine Auskunft gern etwas kosten
lassen. Sie haben gestern eine Quittung über dreizehn Pfund ausgestellt. Können
Sie sich an Ihren Fahrgast erinnern?«
    »Großer Typ. Ausländer. Weißer
Schnurrbart und Hinkebein.«
    »Alt?«
    »Sehr. Mit Krückstock und so.«
    »Wo haben Sie ihn abgeholt?«
    »Restaurant Cosmo, Praed Street,
zehn Uhr dreißig vormittags«, rasselte der Junge in einem Zug herunter.
    Praed Street war fünf Minuten zu
Fuß von Westbourne Terrace entfernt.
    »Und wo, bitte, haben Sie ihn
hingefahren?«
    »Charlton.«
    »Charlton in
Süd-Ost-London?«
    »Sankt Sowieso-Kirche, Höhe
Battle-of-the-Nile Street. Am Pub >Zum besiegten Frosch< abgesetzt.«
    »Frosch?«
    »Franzose.«
    »Haben Sie ihn dort gelassen?«
    »Eine Stunde gewartet, dann zurück
zur Praed Street.«
    »Hielten Sie sonst noch irgendwo?«
    »Einmal vor einem Spielzeugladen,
auf der Hinfahrt, einmal an einer Telefonzelle, auf dem Rückweg. Fahrgast
kaufte Holzente auf Rädern.« Er drehte den Oberkörper, stützte das Kinn auf die
Rückenlehne des Sitzes und spreizte respektlos die Hände, um die Größe
anzuzeigen. »Gelbes Dings«, sagte er. »Das Telefonat war ein Ortsgespräch.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Hab ihm Twopence gepumpt, oder?
Ist dann zurückgekommen und hat sich nochmal zwei Zehner ausgeliehen, für alle
Fälle.«
    Ich fragte ihn, von wo er
anriefe, aber er sagte nur, er habe genügend Kleingeld, hatte Mostyn gesagt.
    Smiley reichte dem Jungen die
Zehnpfundnote und streckte die Hand nach dem Türgriff aus.
    »Sie können Ihrer Firma sagen, ich
sei nicht aufgetaucht«, sagte er.
    »Denen sag ich verdammtnochmal, was
mir paßt, oder?«
    Smiley kletterte hastig hinaus und
konnte gerade noch die Tür schließen, ehe der Junge mit dem gleichen
Höllentempo wieder abfuhr. Er vollendete im Stehen die zweite Lektüre des
Briefes und hatte ihn nun endgültig im Kopf. Eine Frau, dachte er instinktiv.
Und sie glaubt, daß sie sterben muß. Nun, das glauben wir alle, und wir haben
recht. Er spielte sich selber den Leichtherzigen vor, den Gleichgültigen. Der
Mensch verfügt nur über ein bestimmtes Quantum Mitgefühl, und meines, so befand
er, ist für heute erschöpft. Aber der Brief erschreckte ihn dennoch und
stachelte ihn aufs neue zur Eile an.
    General, ich will nicht
dramatisieren, aber ein paar Männer beobachten mein Haus, und ich glaube
nicht, daß es Freunde von mir sind. Heute morgen hatte ich den Eindruck, daß
sie versuchten, mich umzubringen. Könnten Sie mir nicht nochmals Ihren Freund,
den Magier, schicken?
    Er hatte Dinge zu verbergen. Zu
kaschieren, wie man in Sarratt sagen mußte. Er fuhr mit Bussen, stieg mehrmals
um, hielt nach Verfolgern Ausschau, döste. Das schwarze Motorrad mit seinem
Beiwagen war nicht wieder aufgetaucht; er konnte keinen anderen Observanten
ausmachen. In einem Schreibwarenladen in der Baker Street kaufte er eine große Pappschachtel,
ein paar Zeitungen, Einwickelpapier und eine Rolle Scotchtape. Er rief ein
Taxi, kauerte sich in den Fond und machte sein Paket

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