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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smileys Leute oder Agent in eigener Sache (Smiley Bd 7)
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bemerkte ich eine tiefe Erregung an ihm. Eine Spannung.
>Mikhel.< Sie wissen ja, wie er sprach. Alles hört auf mein Kommando.
>Mikhel, schalten Sie den Fotokopierer an. Legen Sie Papier für mich ein.
Ich muß ein Schriftstück ablichten.< Ich frag ihn, wie oft. >Einmal<.
Ich frag ihn, wieviele Blätter. >Sieben. Bitte halten Sie sich in fünf
Schritten Entfernung, während ich den Apparat bediene<, sagt er zu mir.
>Ich kann Sie in diese Sache nicht mit hineinziehen.<«
    Wieder deutete Mikhel auf die
Stelle, als beweise sie die absolute Wahrheit seiner Geschichte. Der schwarze
Fotokopierer stand auf einem eigenen Tisch, wie eine alte Dampfmaschine, mit
Rollen und mit Löchern zum Eingießen der verschiedenen Chemikalien. »Der
General war technisch unbegabt. Ich schalte die Maschine für ihn ein, stelle
mich dann - so - hier hin und rufe ihm meine Anweisungen durch den Raum zu. Wie
er fertig ist, beugt er sich über die Kopien, während sie trocknen, faltet sie
zusammen und steckt sie ein.«
    »Und das Original?«
    »Steckt er auch ein.«
    »Sie haben also den Brief nie
gelesen?« sagte Smiley im Ton leichten Bedauerns.
    »Nein, Max. Tut mir leid, habe ich
nicht.«
    »Aber Sie haben den Umschlag
gesehen. Sie hatten den Brief ja hier für ihn verwahrt, bis er kam.«
    »Sagte ich Ihnen schon, Max. Er war
aus Paris.«
    »Welches Arrondissement?«
    Wieder das Zögern.
    »Das fünfzehnte«, sagte Mikhel.
»Ich glaube, es war das fünfzehnte. Wo immer viele unserer Leute gewohnt
haben.«
    »Und das Datum. Könnten Sie das
näher präzisieren? Sie sagten, vor etwa zwei Monaten.«
    »Anfang September. Ich würde sagen,
Anfang September. Möglicherweise Ende August. Vor rund sechs Wochen.«
    »Die Adresse auf dem Umschlag war
auch mit der Hand geschrieben?«
    »Richtig, Max. Richtig.«
    »Welche Farbe hatte der Umschlag?«
    »Braun.«
    »Und die Tinte?«
    »Blau, nehme ich an.«
    »War er versiegelt?«
    »Wie bitte?«
    »War der Umschlag mit Wachs oder
mit einem Klebeband versiegelt? Oder war er nur auf die übliche Art
zugeklebt?«
    Mikhel zuckte die Achseln, als
seien derartige Details unter seiner Würde.
    »Aber der Absender war vermutlich
außen angegeben?« beharrte Smiley leichthin.
    Wenn dem so war, dann gab Mikhel es
nicht zu.
    Einen Augenblick ließ Smiley seine
Gedanken zu dem braunen Umschlag in der Herrentoilette des Savoy abschweifen
und zu dem leidenschaftlichen Hilferuf, den er enthielt.
    Heute morgen hatte ich den
Eindruck, sie versuchten, mich umzubringen. Könnten Sie mir nicht nochmals
Ihren Freund, den Magier schicken? Poststempel
Paris, dachte er. Fünfzehntes Arrondissement. Nach dem ersten Brief gab
Wladimir dem Schreiber seine Privatadresse, dachte er. So wie er Willem seine
private Telefonnummer gegeben hatte. Nach dem ersten Brief wollte er Mikhel
umgehen.
    Das Telefon läutete. Mikhel meldete
sich sofort mit einem kurzen >Ja< und hörte dann zu.
    »Dann fünf auf beide«, murrte er
und legte mit herrischer Würde wieder auf.
    Je mehr er sich dem Hauptzweck
seines Besuchs näherte, desto behutsamer ging Smiley zu Werk. Mikhel hatte vor
seinem Eintritt in die Pariser Gruppe die Hälfte aller Verhörzentren Osteuropas
von Innen kennengelernt, und Smiley erinnerte sich, daß er immer dann auf stur
schaltete, wenn man ihm zusetzte, eine Eigenheit, durch die er seinerzeit die
Sarratt-Inquisitoren beinahe in den Wahnsinn getrieben hätte.
    »Darf ich Sie etwas fragen,
Mikhel?« sagte Smiley und wählte einen Annäherungsweg, der schräg zur
Hauptbohrrichtung verlief.
    »Bitte sehr«.
    »An dem Abend, als er hierher kam,
um sich Geld von Ihnen zu leihen: Ist er da geblieben? Haben Sie ihm Tee
gemacht? Vielleicht eine Partie Schach mit ihm gespielt? Könnten Sie diesen
Abend ein bißchen für mich ausmalen?«
    »Wir haben Schach gespielt, aber
unkonzentriert. Er war in Gedanken, Max.«
    »Hat er noch etwas über den großen
Fisch gesagt?«
    Die halb geschlossenen Augen sahen
ihn seelenvoll an.
    Wie bitte, Max?«
    »Der große Fisch. Der Coup, den er,
wie er sagte, plante. Hat er sich weiter darüber ausgelassen?«
    »Nichts. Überhaupt nichts. Kein
Sterbenswörtchen.«
    »Hatten Sie den Eindruck, daß ein
anderes Land im Spiel war?« »Er sprach nur davon, daß er keinen Paß habe. Es
hat ihn gekränkt - Max, ich muß es Ihnen ehrlich sagen -, es hat ihn verletzt,
daß der Circus ihm keinen Paß mehr ausstellen lassen wollte. Nach all den Diensten,
all der Hingabe - er war verletzt.« »Es war zu seinem

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