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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smileys Leute oder Agent in eigener Sache (Smiley Bd 7)
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unberührt von Tobys
Herausforderung. »Sagen Sie mir das, und dann sage ich Ihnen, wer hier
spricht.«
    In der hintersten Ecke des Plafonds
war ein gelblicher Glasquader von etwa einem Meter Seitenlänge eingelassen,
und die Schatten, die darüberspielten, waren die Füße von Straßenpassanten.
Aus irgendeinem Grund hatte Tobys Blick sich an dieser seltsamen Stelle
festgesogen, er schien seinen Entschluß von diesem Glas abzulesen wie eine
Anweisung von einem Bildschirm. »Wladimir hat eine Notruf-Rakete steigen
lassen«, sagte Toby im genau gleichen Tonfall wie vorher, weder nachgebend noch
zugebend. Ja, er brachte es sogar mit Hilfe eines Stimmtricks fertig, eine
Drohung mitschwingen zu lassen.
    »Durch den Circus?«
    »Durch Freunde von mir«, sagte
Toby.
    »Wann?«
    Toby nannte ein Datum. Vor zwei
Wochen. Ein Blitz-Treff. Smiley fragte, wo er stattgefunden habe.
    »Im Science Museum«, antwortete
Toby wieder ganz obenauf. »Im Cafe im obersten Stock, George. Wir tranken
Kaffee, bewunderten die alten Flugzeuge, die von der Decke hängen. Wollen Sie
das alles Lacon berichten, George? Bitte, jederzeit, okay? Ganz wie Sie
wünschen. Ich habe nichts zu verbergen.«
    »Und er trug sein Anliegen vor?«
    »Klar. Er trug mir sein Anliegen
vor. Er wollte, daß ich für ihn den Lamplighter spiele. Sein Kamel. Das war ein
alter Scherz aus den Moskauer Tagen, wissen Sie noch? Aufsammeln, durch die
Wüste tragen, abliefern. >Toby, ich habe keinen Paß . Aidez-moi. Mon ami,
aidez-moi.< Sie wissen, wie er redete. Wie de Gaulle. Wir nannten ihn
immer >Der andere General Wissen Sie noch?«
    »Was tragen?«
    »Er legte sich nicht fest. Nur: ein
Dokument, klein, nichts, was man verstecken muß. Soviel sagte er mir.«
    »Für jemand, der nur die Fühler
ausstreckt, scheint mir das eine ganze Menge.«
    »Und er hat auch eine ganze Menge
verlangt«, sagte Toby und wartete auf Smileys nächste Frage.
    »Und das Wo?« fragte Smiley. »Hat
Wladimir Ihnen das auch gesagt?«
    »Deutschland.«
    »Welches?«
    »Unseres. Der Norden.«
    »Zufällige Begegnung? Tote
Briefkästen? Lebende? Welche Art von Treff?«
    »Fliegender. Ich sollte mit der
Bahn reisen. Von Hamburg nach Norden. Übergabe im Zug, Näheres bei Zusage.«
    »Und es sollte eine private
Abmachung sein. Kein Circus, kein Max?«
    »Zunächst äußerst privat, George.«
    Smiley wählte die nächsten Worte
besonders taktvoll. »Und die Gegenleistung für Ihre Bemühungen?«
    Tobys Antwort klang eindeutig
skeptisch: »>Wenn wir das Dokument< - so nannte er es, okay? Dokument, -
>wenn wir das Dokument kriegen, und das Dokument ist echt< - er schwor,
es werde echt sein -, >so ist uns ein Platz im Himmel sicher. Zuerst bringen
wir das Dokument zu Max, erzählen Max die Geschichte. Max wird wissen, was es
bedeutet. Max wird den immensen Wert des Dokuments erkennen. Max wird uns
belohnen. Geschenke, Beförderung, Orden, Max bringt uns ins House of
Lords.< Klar. Der Haken war nur, Wladimir wußte nicht, daß Max ausrangiert
war und der Circus unter die Boy Scouts gegangen ist.«
    »Wußte er, daß Hector ausrangiert
war?«
    »Halb und halb, George.«
    »Was soll das heißen?« Dann tat
Smiley mit einem »Egal« seine eigene Frage wieder ab und verfiel erneut in
längeres Nachdenken.
    »George, darf ich bitten,
Nachforschungen in dieser Richtung einzustellen«, sagte Toby ernst. »Ich rate
Ihnen dringend, Hände weg«, sagte er und wartete.
    Es war, als habe Smiley nichts
gehört. Nach einem kurzen Schock schien er das Ausmaß von Tobys Schuld zu
wägen.
    »Kurzum: Sie haben ihn abblitzen
lassen«, murmelte er und starrte unverwandt ins Leere. »Er ging Sie um Hilfe
an, und Sie schlugen sie ihm rundweg ab. Wie konnten Sie das tun, Toby?
Ausgerechnet Sie?«
    Unter der Wucht dieses Vorwurfs
sprang Toby wütend auf, was vielleicht hatte bewirkt werden sollen. Seine Augen
flammten, die Wangen röteten sich, der schlafende Ungar in ihm war hellwach.
    »Und vielleicht wollen Sie wissen,
warum? Warum ich zu ihm gesagt habe: >Scheren Sie sich zum Teufel, Wladimir.
Aus meinen Augen, bitte, Sie machen mich krank?< Wollen Sie wissen, wer
sein Verbindungsmann dort drüben ist - dieser Zauberkünstler in
Norddeutschland, der auf dem Topf voll Gold sitzt und uns über Nacht zu
Millionären machen soll. George - wollen Sie seine Personalien erfahren?
Erinnern Sie sich zufällig noch an den Namen Otto Leipzig? Vielfacher Inhaber
des Titels Knilch des Jahres? Märchenerzähler, Nachrichtenhausierer,

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