Carre, John le
zahlt, nur um sich ein einziges Mal
diesen lausigen Otto Leipzig anhören zu dürfen? Soviel kriegte nicht einmal die
Callas, und glauben Sie mir, sie sang verdammt viel besser als Otto.< Er
packt mich am Arm. Hier.« Demonstrativ umklammerte Toby seinen eigenen Bizeps.
»Preßt mich, als wäre ich eine Orange. Der alte Knabe hatte noch allerhand Kräfte,
glauben Sie mir. >Holen Sie mir das Dokument her, Hector.< Er spricht
jetzt russisch. Ein sehr stiller Ort, dieses Museum. Alles schweigt und hört
ihm zu. Mir wird ganz flau. Er weint sogar. >Um Gottes willen, Hector, ich
bin ein alter Mann. Ich habe keine Beine, keinen Paß, keinen Menschen, dem ich
vertrauen kann, außer Otto Leipzig. Fliegen Sie nach Hamburg, und holen Sie
sein Dokument. Wenn Max den Beweis sieht, wird er mir glauben, Max hat
Vertrauen.< Ich will ihn trösten, mache ein paar Andeutungen. Ich sage ihm,
Emigranten sind heutzutage unten durch, Kurswechsel, neue Regierung. Ich rate
ihm: >Wladimir, gehen Sie nach Hause, spielen Sie Schach. Hören Sie, ich
komme vielleicht gelegentlich auf eine Partie in der Bibliothek vorbei.<
Dann sagt er zu mir: >Hector, ich habe diese Sache eingeleitet. Ich habe
Otto Leipzig veranlaßt, die Lage zu erkunden. Ich habe ihm das Geld für
die Vorarbeiten geschickt, alles, was ich hatte.< Hören Sie, er war ein
alter trauriger Mann. Passé.«
Toby machte eine Pause, aber Smiley
rührte sich nicht. Toby stand auf, ging zu einem Schränkchen, goß zwei Gläser
von einem unsäglichen Sherry ein und stellte eines neben die Degas-Bronze auf
den Tisch. Er sagte: »Cheers« und trank sein Glas bis zur Neige aus, aber noch
immer regte Smiley sich nicht. Seine Passivität heizte Tobys Ärger von neuem
an.
»Also habe ich ihn umgebracht,
George, okay? Hector ist schuld, okay? Hector ist persönlich und allein
verantwortlich für den Tod des alten Mannes. Das ist doch die Höhe!« Er warf
beide Hände vor, Handflächen nach oben. »George! sagen Sie selbst! -, George,
für diese Geschichte sollte ich nach Hamburg fliegen, privat, ohne Legende,
ohne Babysitter. Wissen Sie, wo dort oben die Grenze zu Ostdeutschland ist?
Zwei Kilometer von Lübeck? Weniger. Erinnern Sie sich? In Travemünde mußte man
auf der linken Straßenseite bleiben, oder man war versehentlich übergelaufen.«
Smiley lachte nicht. »Und für den unwahrscheinlichen Fall, daß ich zurückkäme,
sollte ich George Smiley mobilisieren, mit ihm rübergehen zu Saul Enderby, an
die Hintertür klopfen wie ein Schnorrer - >Lassen Sie uns rein, Saul, bitte,
wir haben von Otto Leipzig eine total zuverlässige Information, nur fünf
Schweizer Riesen für ein mündliches Expose über Dinge, die nach den Gesetzen
der Boy Scouts streng verboten sind?< Sollte ich das tun, George?«
Aus einer Innentasche zog Smiley
ein zerknittertes englisches Zigarettenpäckchen. Aus dem Päckchen zog er den
selbstgefertigten Kontaktabzug, den er Toby über den Tisch hinweg zur Ansicht
reichte: »Wer ist der zweite Mann?«
»Weiß ich nicht.«
»Nicht sein Partner, der Sachse,
der Mann, mit dem er in den alten Zeiten zum Klauen ging? Kretzschmar?«
Toby Esterhase schüttelte den Kopf
und blickte unverwandt das Bild an.
»Wer ist der zweite Mann?« fragte
Smiley abermals.
Toby gab das Foto zurück. »George,
darf ich Ihnen etwas sagen, bitte?« sagte er ruhig. »Hören Sie mir zu?«
Vielleicht hörte Smiley zu,
vielleicht auch nicht. Er schob den Abzug wieder in das Zigarettenpäckchen.
»Heutzutage kann man so etwas
leicht fälschen, wissen Sie? Ein Kinderspiel, George. Ich will einen Kopf auf
eine andere Schulter setzen, ich habe die Ausrüstung, ich brauche vielleicht
zwei Minuten. Sie sind nicht technisch veranlagt, George, von solchen Sachen
verstehen Sie nichts. Sie kaufen keine Fotos von Otto Leipzig, Sie kaufen
keinen Degas von Signor Benati, können Sie mir folgen?«
»Kann man auch Negative fälschen?«
»Klar. Man fälscht den Abzug,
fotografiert ihn, macht ein neues Negativ, warum nicht?«
»Ist das hier eine Fälschung?«
fragte Smiley.
Toby zögerte lange. »Ich glaube
nicht.«
»Leipzig war viel auf Reisen. Wie
erreichten wir ihn, wenn wir ihn brauchten?« fragte Smiley.
»Er durfte uns nicht nahekommen.
Niemals.«
»Wie erreichten wir ihn also?«
»Für einen Routinetreff per
Heiratsanzeige im Hamburger Abendblatt: Petra, 22, zierliche Blondine,
ehem. Sängerin . . . diesen Schmus. George, hören Sie mir zu. Leipzig ist ein
gefährlicher Strolch mit sehr vielen
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