Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smileys Leute oder Agent in eigener Sache (Smiley Bd 7)
Vom Netzwerk:
ihre
Fotos herumgehen - eben jene von französischen Abwehrteams routinemäßig
geschossenen Aufnahmen, die den ursprünglichen Tumult in den Zentralen der
Pariser Riga-Gruppe ausgelöst hatten. Kirow steigt in einen Wagen der
Gesandtschaft. Kirow verläßt mit einer Aktenmappe die Moskauer Norodny-Bank.
Kirow verweilt vor dem Schaufenster einer auf Erotica spezialisierten
Buchhandlung, um mißbilligend die Titelseiten der Magazine zu betrachten.
    Aber keines der Fotos, dachte
Smiley - der wieder in die Gegenwart zurückkehrte -, keines zeigte Oleg Kirow
und sein einstiges Opfer Otto Leipzig, wie sie sich mit zwei Damen
verlustierten.
     
    »Das also war der Fall, Darling«,
verkündete Connie, nachdem sie einen tüchtigen Schluck aus ihrem Glas genommen
hatte. »Wir hatten die Aussage Klein-Ottos und jede Menge in den Akten, um
deren Richtigkeit zu bestätigen. Wir hatten einiges an Stützmaterial aus
anderen Quellen - nicht gerade Unmengen, das nicht, aber es war ein Anfang.
Kirow war von Moskau eingeschleust, er war neu auf seinem Posten, aber zu
welchem Zweck , das konnte man nur raten. Und das machte ihn interessant, nicht war, Darling?«
    »Ja«, sagte Smiley zerstreut. »Ja,
Connie, ich erinnere mich, daß es so war.«
    »Er gehörte nicht zum Stammpersonal
der Residentur, das wußten wir vom ersten Tag an. Er fuhr nicht in Wagen der
Residentur herum, machte keinen Nachtdienst oder arbeitete im Tandem mit 
identifizierten Leuten der Residentur, er benutzte weder ihren Chiffrierraum
noch nahm er an den wöchentlichen Andachtsübungen teil oder fütterte die
Hauskatze der Residentur, nichts dergleichen. Andererseits war Kirow auch nicht
Karlas Mann, oder, Herzchen ? Und das war das Merkwürdige an der Sache.«
    »Warum nicht?« fragte Smiley, ohne
sie anzusehen. Aber Connie sah sehr wohl Smiley an. Connie machte eine ihrer
langen Pausen, um ihn ausgiebig zu betrachten, während draußen in den
absterbenden Ulmen die klugen Krähen die jähe Stille nutzten, um ein
Shakespearesches Omen zu krächzen.
    »Weil Karla bereits seinen Mann in
Paris hatte , Darling«, erklärte sie geduldig. »Wie Sie sehr wohl
wissen. Diesen alten Querkopf Pudin, den stellvertretenden Militärattache. Sie
erinnern sich noch, daß Karla immer eine Vorliebe für Soldaten hatte. Hat er
noch immer, soviel ich weiß.« Connie brach ab, um aufs neue Smileys
ausdruckslose Miene zu studieren.
    Er hatte das Kinn in beide Hände
gestützt und die halb geschlossenen Augen zu Boden gerichtet. »Außerdem war
Kirow ein Idiot, und wenn es etwas gab, was Karla noch nie leiden konnte, dann
waren es Idioten, stimmt's? Übrigens hatten Sie selber für diese Sorte nie viel
übrig. Oleg Kirow hatte keine Manieren, stank, schwitzte und fiel überall auf,
wie ein Fisch in einem Baum. Karla wäre meilenweit gerannt, ehe er einen
solchen Hornochsen angeheuert hätte.« Wieder eine Pause. »Und Sie auch«, fügte
sie hinzu.
    Smiley hob eine Hand und legte sie
mit den Fingern nach oben an die Schläfe, wie ein Kind bei einer Prüfung. »Es
sei denn -«, sagte er.
    »Es sei denn, was ? Es sei
denn, er hätte nicht mehr alle Tassen im Schrank, wie? Also, den Tag
möchte ich noch erleben!«
    »Und damals gingen auch diese
Gerüchte um«, sagte Smiley aus der Tiefe seiner Gedanken.
    „Welche Gerüchte? Gerüchte hat es
immer gegeben, Schafskopf.«
    »Oh, nur Berichte von Überläufern«,
sagte er geringschätzig. »Geschichten  über  seltsame  Vorgänge  in   Karlas 
Hofstaat. Zweitrangige Quellen, natürlich. Aber wiesen sie nicht darauf hin -«
    »Worauf?«
    »Nun ja, wiesen sie nicht darauf
hin, daß er recht seltsame Leute auf seine Besoldungsliste setzte? Mitten in
der Nacht Besprechungen mit ihnen abhielt? Alles nur geringwertiges Material,
ich weiß. Ich erwähne es nur so en passant.«
    »Und wir bekamen Anweisung, uns
nicht darum zu kümmern«, sagte Connie sehr bestimmt. »Kirow war das Ziel. Nicht
Karla. So lautete der Befehl aus der fünften Etage, George, zu der auch Sie
gehörten. >Schluß mit der Sternguckerei, konzentriert euch auf die irdischen
Aufgaben<, sagten Sie.« Connie verzog den Mund, legte den Kopf zurück und
lieferte eine beklemmend realistische Karikatur von Saul Enderby: »>
Aufgabe dieser Dienststelle ist das Sammeln von Erkenntnissen<«, knautschte
sie, »>nicht die Befehdung der Gegenseite.< Sagen Sie bloß nicht,
er habe seine Sprechweise inzwischen geändert, Darling. Wie? George?« flüsterte
sie. »O George, Sie sind

Weitere Kostenlose Bücher