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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krieg im Spiegel (Smiley Bd 4)
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Sicherheit, wieviel sie wirklich wissen müssen.«
    »Also ohne das Rondell?«
    »Warum nicht?«
    Haldane
schüttelte den Kopf. »Weil es nicht unsere Arbeit ist. Wir sind einfach nicht
dafür eingerichtet. Überlasse die Sache dem Rondell und hilf ihnen bei dem
militärischen Kram. Übergib es einem alten Hasen, irgend jemandem wie Smiley
oder Leamas...«
    »Leamas
ist tot.«
    »Also dann
Smiley.«
    »Smiley
ist als Agent erledigt.« Haldane schoß das Blut in die Wangen. »Dann Guillam
oder einem der anderen. Einem von den Profis. Sein Stall ist derzeit groß
genug. Geh und sprich mit Control. Überlaß den Fall ihm.«
    »Nein«,
sagte Leclerc mit fester Stimme und stellte sein Glas auf den Tisch. »Nein,
Adrian. Du bist ebensolange wie ich in der Organisation, du kennst unsere
Vorschrift.
    >Es
sind alle nötigen Schritte - so heißt es darin -, >alle möglichen Schritte
zu unternehmen, um aus jenen Gebieten, in denen das Erforderliche nicht durch
die konventionellen militärischen Hilfsmittel beschafft werden kann,
militärische Informationen herbeizuschaffen, sie zu überprüfen und zu
analysieren.<« Er unterstrich die Worte durch Schläge mit seiner kleinen
Faust. »Wie, glaubst du, habe ich die Erlaubnis zum Überfliegen bekommen?«
    »In
Ordnung«, gab Haldane zu, »wir haben unsere Vorschrift. Aber die Welt hat sich
geändert. Jetzt wird nach anderen Regeln gespielt. Damals waren wir die großen
Macher - Schlauchboote in einer mondlosen Nacht, ein gekapertes feindliches
Flugzeug, Funk und all das. Wir kennen das, du und ich. Wir haben es gemeinsam
gemacht. Aber jetzt ist alles anders. Es ist ein anderer Krieg, eine andere Art
des Kampfes. Auch im Ministerium weiß man das ganz genau.« Er fügte hinzu: »Und
verlaß dich nicht zu sehr aufs Rondell. Von diesen Leuten hast du keine
Wohltaten zu erwarten.«
    Sie sahen einander erstaunt an. Es
war ein Augenblick gegenseitigen Erkennens. Leclerc sagte beinahe flüsternd:
»Es begann mit unseren Funknetzen, nicht wahr? Erinnerst du dich, wie das
Rondell eines nach dem anderen schluckte? Das Ministerium pflegte zu sagen:
>In der polnischen Abteilung droht eine Doppelgleisigkeit, Leclerc. Ich
habe mich entschlossen, daß Control sich um Polen kümmern soll.< Wann war
das? Im Juli achtundvierzig. Jahr für Jahr ist das so weitergegangen. Warum,
glaubst du, behandeln sie eine Auswertungsabteilung so gönnerhaft? Sicher nicht
wegen deiner wunderschönen Akten und Karteikarten. Sie haben uns dort, wo sie
uns haben wollen, verstehst du nicht? Satelliten. Wir machen keinen einzigen
Einsatz mehr. Das ist ihre Methode, uns einzuschläfern. Du weißt doch, wie man
uns heute in Whitehall nennt? Die im Ausgedinge.«
    Darauf
folgte eine lange Stille.
    Haldane
sagte: »Ich mache Auswertung und keine Einsätze.«
    »Früher
hast du aber welche gemacht, Adrian.«
    »Wie wir
alle.«
    »Du kennst
das Ziel. Du kennst den ganzen Hintergrund. Das kann niemand außer dir. Nimm
dir, wen du willst - Avery, Woodford, wen immer du willst.«
    »Wir sind
nicht mehr an Menschen gewöhnt. Sie einzusetzen, meine ich.« Haldane
entwickelte ungewöhnliche Schüchternheit. »Ich mache Auswertung. Ich arbeite
mit Akten.«
    »Bis jetzt
konnten wir dir nichts anderes geben. Wie lang ist es schon her? Zwanzig Jahre.«
    »Weißt du,
was ein Raketenstützpunkt bedeutet?« fragte Haldane. »Weißt du, welcher Wirbel
damit verbunden ist? Sie brauchen Abschußrampen, Abschirmanlagen,
Kabelbatterien, Kontrollbauten; sie brauchen Bunker zur Lagerung der
Sprengköpfe, Tankwagen für die Treibstoffe und Oxydationsmittel. Und diese
Sachen müssen zuerst dort sein. Raketen kriechen nicht heimlich durch die
Nacht; sie ziehen wie ein Wanderzirkus über Land. Wir hätten schon früher und
vor allem mehr Hinweise erhalten. Wir oder das Rondell. Was Taylors Tod
anbelangt...«
    »Um
Himmels willen, Adrian, glaubst du denn, Geheimdienstarbeit hätte mit
unumstößlichen philosophischen Wahrheiten zu tun? Muß denn jeder Priester
beweisen, daß Christus am Weihnachtstag geboren wurde?«
    Er reckte
sein kleines Gesicht nach vorne, während er etwas aus ihm herauszuziehen
versuchte, von dem er zu wissen schien, daß es irgendwo vorhanden war. »Du
kannst nicht alles berechnen, Adrian. Wir sind keine Akademiker, wir sind
Staatsbeamte. Wir müssen uns mit den Dingen befassen, wie sie sind. Wir müssen
uns mit Menschen, mit Ereignissen befassen!«
    »Also gut,
mit Ereignissen: als er durch den Fluß schwamm, wie hat er da den

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