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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krieg im Spiegel (Smiley Bd 4)
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Avery.
    »Danke.«
    Smiley
schien verlegen zu sein. Er betrachtete seine vor ihm auf dem Schreibtisch
leicht gefalteten Hände und fragte Avery, ob es noch immer regne. Avery sagte,
ja leider.
    »Es tut mir
leid, das von Taylor gehört zu haben«, sagte Smiley. Avery erwiderte, Taylor
sei ein guter Mann gewesen.
    »Wissen
Sie, wann Sie Ihren Film haben werden? Heute abend? Morgen? Leclerc dachte wohl
eher an heute abend, nehme ich an.«
    »Ich weiß
nicht. Hängt davon ab, wie es läuft. Ich kann es im Augenblick einfach nicht
sagen.«
    »Nein.« Es
folgte eine lange, grundlose Pause. Er ist wie ein alter Mann, dachte Avery, er
vergißt, daß er nicht allein ist. »Nein, man muß mit so vielen Imponderabilien
rechnen. Haben Sie diese Art Arbeit schon einmal gemacht?«
    »Ein- oder
zweimal.«
    Wieder
sagte Smiley nichts und schien die Pause nicht zu bemerken.
    »Wie geht
es denn in der Blackfriars Road? Haldane - kennen Sie den überhaupt?« Auf eine
Antwort legte Smiley offenbar keinen Wert. »Er leitet jetzt die Auswertung.«
    »Natürlich.
Ein guter Kopf. Ihre Auswertung genießt einen recht guten Ruf, wissen Sie. Wir
selbst haben uns mehr als einmal an sie gewandt. Haldane und ich studierten zur
selben Zeit in Oxford. Während des Krieges arbeiteten wir dann eine Zeitlang
zusammen. Er hat den B. A. mit Auszeichnung gemacht. Wir hätten ihn nach dem
Krieg hierher holen sollen. Ich erinnere mich, daß sich die Ärzte um seine
Lunge Sorgen machten.«
    »Ich habe
nichts darüber gehört.«
    »Darüber
hatten Sie nichts gehört?« Er zog seine Augenbrauen auf eine komische Art in
die Höhe. »In Helsinki gibt es ein Hotel namens >Prinz von Dänemark<.
Gegenüber dem Hauptbahnhof. Kennen Sie es zufällig?«
    »Nein. Ich war noch nie in
Helsinki.«
    »Tatsächlich nicht?« Smiley
betrachtete ihn beunruhigt. »Es ist eine sehr seltsame Geschichte. Dieser
Taylor: war er auch im Training?«
    »Ich weiß nicht. Aber ich werde
das Hotel finden«, sagte Avery mit leichter Ungeduld. »Gleich hinter der
Eingangstür werden Zeitschriften und Ansichtskarten verkauft. Es gibt nur den
einen Eingang.« Er hätte vom Haus nebenan sprechen können. »Und Blumen. Ich
glaube, es wäre für Sie am besten, wenn Sie dorthin gingen, sobald Sie den Film
haben. Bitten Sie die Leute im Blumenkiosk, ein Dutzend roter Rosen an Mrs.
Avery ins Hotel Imperial nach Torquay zu schicken. Oder ein halbes Dutzend
würde auch genügen, wir wollen doch kein Geld verschwenden, nicht wahr? Blumen
sind dort oben so teuer. - Reisen Sie unter Ihrem eigenen Namen?«
    »Ja.«
    »Hat das
einen besonderen Grund?« Dann fügte er hastig hinzu: »Ich möchte ja nicht
neugierig sein, aber unser Dasein ist ohnehin schon so kurz. - Ich meine, bevor
es zu Ende ist.«
    »Es dauert
wohl ziemlich lang, einen falschen Paß zu bekommen. Das Auswärtige Amt.« Er
hätte nicht antworten sollen. Er hätte ihn auffordern sollen, sich um seine
eigenen Angelegenheiten zu kümmern. »Entschuldigen Sie«, sagte Smiley und
runzelte die Stirn, als habe er eine Taktlosigkeit begangen. »Sie können immer
zu uns kommen, wissen Sie, wegen Pässen, meine ich.« Das war freundlich
gemeint. »Also schicken Sie die Blumen. Bevor Sie das Hotel verlassen,
vergleichen Sie Ihre Uhr mit der des Hotels. Nach einer halben Stunde kehren
Sie zum Haupteingang zurück. Ein Taxifahrer wird Sie erkennen und seinen
Wagenschlag öffnen. Steigen Sie ein, fahren Sie herum, geben Sie ihm den Film.
Ach, und zahlen Sie bitte. Einfach den üblichen Fahrpreis. Die kleinen Dinge
vergißt man so leicht. - Welche Art Schulung ist das eigentlich?«
    »Was ist, wenn ich den Film nicht
bekomme?«
    »In diesem Fall unternehmen Sie
nichts. Gehen Sie nicht in die Nähe des Hotels. Fahren Sie gar nicht nach
Helsinki. Vergessen Sie's.« Avery wurde plötzlich bewußt, daß diese Anweisungen
bemerkenswert klar waren.
    »Als Sie
Deutsch studierten, haben Sie da zufällig das 17. Jahrhundert berührt?«
erkundigte sich Smiley hoffnungsvoll, als Avery schon gehen wollte. »Gryphius,
Lohenstein und diese Leute?«
    »Das war
ein Spezialfach. Leider nein.«
    »Spezialfach«,
brummte Smiley. »Was für ein dummes Wort. Ich nehme an, man wollte damit
sagen, daß es etwas abseitig sei. Eine sehr unpassende Auffassung.«
    Erst an der Tür sagte er: »Haben
Sie eine Aktentasche oder so etwas?«
    »Ja.«
    »Wenn Sie
diesen Film haben, stecken Sie ihn in die Manteltasche. Behalten Sie die
Aktentasche in der Hand. Wenn man Ihnen folgen

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