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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krieg im Spiegel (Smiley Bd 4)
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verlangen.
Die werfen mit dem Geld herum.«
    »Also dreißigtausend
Pfund und unsere amtliche Unterstützung?«
    »Und einen
Mann. Aber den muß ich selbst finden.« Er lachte leise.
    Der
Unterstaatssekretär sagte unvermittelt: »Der Minister wird gewisse
Einzelheiten nicht wissen wollen.
    Sind Sie sich darüber im klaren?«
    »Selbstverständlich. Ich nehme an,
Sie werden den Großteil des Gesprächs bestreiten.«
    »Ich nehme an, das wird der
Minister tun. Es ist Ihnen gelungen, ihn ziemlich zu beunruhigen.« Jetzt lachte
Leclerc laut heraus: »Das sollten wir unserem Herrn und gemeinsamen Meister
niemals antun.« Der Unterstaatssekretär schien nicht der Meinung zu sein, sie
hätten einen gemeinsamen Meister. »Übrigens, was Mrs. Taylors Pension
betrifft«, sagte Leclerc. »Ich mache ein Gesuch an das Schatzamt. Dort sind sie
der Meinung, der Minister sollte es unterzeichnen.«
    »Ja, Herrgott, warum denn?«
    »Es ist die Frage, ob er im
Einsatz getötet wurde.« Der Unterstaatssekretär erstarrte. »Das ist ziemlich
vermessen. Sie bitten um die Bestätigung des Ministeriums, daß Taylor ermordet
wurde.«
    »Ich bitte um eine Witwenpension«,
protestierte Leclerc ernst. »Taylor war einer meiner besten Leute.«
    »Natürlich. Das sind sie immer.«
Der Minister sah bei ihrem Eintritt nicht auf. Der Polizeiinspektor erhob sich
von seinem Stuhl: ein kleiner beleibter Mann mit ausrasiertem Nacken. Er trug
Zivilkleidung. Avery hielt ihn für einen Detektiv. Er schüttelte ihnen mit
einer berufsmäßig kummervollen Miene die Hände, hieß sie in modernen Sesseln
mit Armlehnen aus Teakholz Platz nehmen und bot ihnen aus einer Dose Zigarren
an. Sie lehnten ab, also zündete er sich selbst eine an und benützte sie
hinfort sowohl als Verlängerung seiner kurzen Finger, wenn er seinen Worten
durch Gesten Nachdruck verlieh, wie auch als Zeigestab, um in der rauchigen
Luft Gegenstände zu beschreiben, von denen er sprach. Er bezeugte Averys
Schmerz mehrmals seine Reverenz, indem er sein Kinn in den Kragen versenkte und
ihm aus dem Schatten seiner struppigen Augenbrauen vertrauliche Blicke des
Mitgefühls zuwarf. Zuerst erläuterte er den Sachverhalt des Unfalls, lobte mit
einer ermüdenden Schilderung aller Details die Anstrengungen, die von der
Polizei zur Auffindung des Autos gemacht worden waren, erwähnte mehrfach die
persönliche Anteilnahme des Polizeipräsidenten sowie dessen sprichwörtliche
Anglophilie und gab schließlich seiner eigenen Überzeugung Ausdruck, daß man
den Schuldigen finden und mit der vollen Härte des finnischen Gesetzes
bestrafen werde. Er verharrte eine ganze Weile bei seiner eigenen Bewunderung
für die Briten, seiner Zuneigung für die Queen und Sir Winston Churchill sowie
den Vorteilen der finnischen Neutralität, um schließlich auf die Leiche zu
sprechen zu kommen.
    Die Leichenschau, er sei stolz,
dies sagen zu dürfen, sei beendet, und der Herr Öffentliche Ankläger - nach
seinen eigenen Worten - habe erklärt, daß die Umstände, unter denen Mr.
Malherbe den Tod gefunden hatte, keinen Anlaß zu irgendeinem weiteren Verdacht
gäben, abgesehen von dem Vorhandensein einer beträchtlichen Menge Alkohols im
Blut des Toten. Der Barkeeper am Flughafen habe fünf Gläser Steinhäger gezählt.
Peersen wandte sich an Sutherland. »Wünscht er seinen Bruder zu sehen?«
erkundigte er sich, da er offenbar glaubte, es sei besonders feinfühlend, wenn
er diese Frage einer dritten Person stellte. Sutherland war verlegen. »Ich muß
das Mr. Avery überlassen«, sagte er, als übersteige die Frage seine
Kompetenzen. Beide Männer blickten auf Avery. »Ich glaube nicht«, sagte Avery.
»Da gibt's nur eine Schwierigkeit«, sagte Peersen, »wegen der Identifizierung.«
    »Identifizierung?«
wiederholte Avery. »Von meinem Bruder?«
    »Sie haben
doch seinen Paß gesehen«, warf Sutherland ein, »ehe Sie ihn mir
heraufgeschickt haben. Was ist die Schwierigkeit?«
    Der Beamte
nickte: »Ja, ja.« Er öffnete eine Schublade und zog eine Handvoll Briefe, eine
Brieftasche und einige Fotografien heraus.
    »Er hieß
Malherbe«, sagte er. Er sprach fließend englisch mit starkem amerikanischem
Akzent, was irgendwie gut zu seiner Zigarre paßte. »Sein Paß lautete
jedenfalls auf Malherbe. Es war doch ein echter Paß, oder nicht?« Peersen sah
schnell zu Sutherland, und für einen Augenblick dachte Avery, er könnte in
Sutherlands umwölktem Gesicht ein gewisses ehrliches Zögern

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