Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krieg im Spiegel (Smiley Bd 4)
Vom Netzwerk:
müden
Mannes. »Der Standpunkt des Ministers ist sehr einfach. Sie haben einen
Bericht vorgelegt. Wenn er der Wahrheit entspricht, verändert er unsere gesamte
Verteidigungsstellung. Tatsächlich verändert er alles. Mir ist jede Sensation
zuwider, ebenso dem Minister. Da Sie den Hasen aufgestört haben, ist das
mindeste, was Sie tun können, daß Sie nun auf ihn schießen.« Leclerc sagte:
»Falls ich einen Mann fände, taucht das Problem der Mittel auf. Geld, Schulung,
Ausrüstung. Vielleicht zusätzliches Personal. Verkehrsmittel. Ein Überfliegen
hingegen...«
    »Warum
zählen Sie so viele Schwierigkeiten auf? Ich war immer der Meinung, ihr wärt
für diese Dinge da.«
    »Wir sind
darauf spezialisiert, Herr Unterstaatssekretär. Aber ich habe meinen Stab
verkleinert, wissen Sie. Beträchtlich verkleinert. Man muß auch ehrlich
zugeben, daß uns einige unserer Funktionen entzogen worden sind. Ich habe nie
versucht, die Uhr zurückzudrehen. Das hier ist hingegen« - er deutete ein
Lächeln an - »eine etwas anachronistische Situation.« Der Unterstaatssekretär
sah durch das Fenster auf die sich am Fluß hinziehende Lichterkette hinaus.
»Mir kommt es ziemlich zeitgemäß vor. Raketen und all das Zeug. Ich glaube
nicht, daß der Minister sie für anachronistisch hält.«
    »Ich meine
nicht das Ziel, sondern die Angriffsmethode: den gewaltsamen Grenzübertritt.
Das ist seit dem Krieg kaum je gemacht worden, obwohl es eine Form der geheimen
Kriegführung ist, mit der meine Organisation traditionsgemäß voll vertraut
ist. Oder war.«
    »Worauf
wollen Sie hinaus?«
    »Ich denke
nur laut, Herr Unterstaatssekretär. Ich frage mich, ob das Rondell für diese
Art Unternehmung nicht besser ausgerüstet ist. Vielleicht sollten Sie sich an
Control wenden. Ich kann ihm die Unterstützung meiner Waffenspezialisten
versprechen.«
    »Das
heißt, Sie glauben, die Sache nicht bewältigen zu können?«
    »Nicht mit
meiner augenblicklichen Organisation. Control kann es. Das heißt, falls der
Minister nichts dagegen hat, eine andere Behörde einzuweihen. Eigentlich zwei.
Ich war mir nicht bewußt, daß Sie sich wegen der Publizität solche Sorgen machen.«
    »Zwei?«
    »Control
wird sich verpflichtet fühlen, das Auswärtige Amt zu informieren. So wie ich
Sie informiert habe. Und von diesem Augenblick an müssen wir uns damit
abfinden, daß man sich dort den Kopf darüber zerbrechen wird.«
    »Wenn
diese Leute davon wissen«, sagte der Unterstaatssekretär voll Verachtung,
»dann ist es morgen das Gesprächsthema in jedem verdammten Klub.«
    »Diese
Gefahr besteht«, gab Leclerc zu. »Vor allem aber frage ich mich, ob das Rondell
die militärischen Erfahrungen dazu besitzt. Ein Raketenstützpunkt ist eine
komplizierte Sache: Abschußrampen, Abschirmanlagen, Kabelbatterien - alle
diese Dinge erfordern genaues Arbeiten und sorgfältige Überprüfung. Control
und ich könnten unsere Kräfte vereinen, denke ich...«
    »Das kommt
nicht in Frage. Ihr würdet dabei sehr schlecht harmonieren. Selbst wenn Ihnen
eine Zusammenarbeit gelänge, würde das gegen den Grundsatz verstoßen, keinen
monolithischen Apparat zu errichten.«
    »Ach ja,
natürlich.«
    »Nehmen
wir also an, Sie machen es selbst, nehmen wir an, Sie finden einen Mann. Was
würde das erfordern?«
    »Einen
zusätzlichen Etat. Barmittel, ab sofort. Zusätzliches Personal. Ein
Trainingslager. Direkten Schutz des Ministeriums in Form von Sonderpässen und
Vollmachten.« Wieder die Spitze: »Und wenigstens etwas Hilfe von Control. wir
könnten sie uns unter einem Vorwand verschaffen.«
    Klagend
hallte der Ruf eines Nebelhorns über das Wasser.
    »Wenn es keine andere Möglichkeit
gibt.«
    »Vielleicht tragen Sie es dem
Minister vor.« Schweigen. Dann sagte Leclerc: »Praktisch gesprochen, brauchen
wir an die dreißigtausend Pfund.«
    »Verrechenbar?«
    »Zum Teil.
Ich dachte, Sie wollten von Einzelheiten verschont bleiben.«
    »Nicht, wenn das Schatzamt
betroffen ist. Ich schlage vor, Sie machen eine Aufstellung der Kosten.«
    »In Ordnung. Nur eine ungefähre
Übersicht.« Wieder herrschte Schweigen.
    »Im
Vergleich zu der Gefahr kann man das wirklich nicht als große Summe
bezeichnen«, sagte der Unterstaatssekretär, wie um sich selbst zu trösten. »Zu
der möglichen Gefahr. Das soll klar sein: ich behaupte nicht, daß ich davon
überzeugt bin. Ich habe nur den Verdacht, den schweren Verdacht.« Er konnte es
sich nicht verkneifen hinzuzufügen: »Das Rondell würde das doppelte

Weitere Kostenlose Bücher