Carre, John le
deine widerliche Organisation. Ich sagte, du machst irgend etwas Geheimes;
du seist im Auftrag der Organisation verreist - John -, nicht einmal den Namen
der Organisation weiß ich -, daß du durch einen Anruf mitten in der Nacht
weggerufen worden seist. Ich sagte, es handelte sich um einen Kurier namens
Taylor.«
»Du bist
wahnsinnig«, schrie Avery, »du bist völlig wahnsinnig. Ich habe dir gesagt, du
darfst niemals etwas sagen!«
»Aber
John, das waren Polizisten! Das kann doch nichts ausmachen, wenn man es ihnen
sagt!« Sie weinte, er konnte es hören. »John, bitte komm nach Hause. Ich habe
solche Angst. Du mußt aus dieser Sache aussteigen, wieder in einen Verlag
gehen. Es ist mir einerlei, was du tust, aber.«
»Ich kann
nicht. Es ist furchtbar wichtig. Wichtiger, als du möglicherweise verstehen
kannst. Es tut mir leid, Sarah, ich kann jetzt nicht vom Büro fort.« Ärgerlich,
wie er war, fiel ihm eine nützliche Lüge ein: »Du hast womöglich alles
zerstört!« Darauf folgte eine lange Stille.
»Sarah,
ich muß diese Geschichte klären. Ich werde dich später anrufen.«
Als sie
endlich antwortete, bemerkte er in ihrer Stimme die gleiche tonlose
Resignation, mit der sie ihn seine Sachen packen geschickt hatte. »Du hast das
Scheckheft mitgenommen. Ich habe kein Geld.« Er sagte ihr, er werde es ihr
schicken. »Wir haben ein Auto«, fügte er hinzu, »mit Chauffeur, eigens für diese
Sache.« Bevor er auflegte, hörte er sie sagen: »Ich dachte, ihr habt Autos in
Mengen.« Er lief zu Leclerc hinüber, der mit Haldane - dessen Mantel noch naß
vom Regen war - hinter seinem Schreibtisch stand. Die beiden waren über eine
Akte gebeugt, deren Seiten vergilbt und zerrissen waren. »Taylors Leiche!«
schrie er. »Sie ist auf dem Londoner Flughafen. Ihr habt alles
durcheinandergebracht. Sie haben sich Sarah vorgenommen. Mitten in der Nacht!«
»Warten
Sie!« Es war Haldane, der wütend sagte: »Sie haben kein Recht, einfach hier
hereinzustürmen. Warten Sie!« Er mochte Avery nicht. Er vertiefte sich wieder
in die Akte, ohne Avery zu beachten. »Keineswegs«, murmelte er dann. Zu
Leclerc sagte er: »Das ist schon ein gewisser Erfolg Woodfords, wie ich sehe.
Nahkampf ist in Ordnung. Er hat von einem Funker gehört, einem der besten. Ich
erinnere mich an ihn. Die Garage heißt >Herzkönig<, ein offenbar
glänzendes Unternehmen. Wir haben bei der Bank Erkundigungen eingezogen. Sie
waren dort ziemlich, wenn nicht sogar sehr hilfsbereit. Er ist ledig. Scheint
ein Weiberheld zu sein- die übliche polnische Art eben. Keine politischen
Interessen, keine nennenswerten Hobbys, keine Schulden, keine Beschwerden.
Scheint sozusagen ein Niemand zu sein. Es heißt, er sei ein guter Mechaniker.
Was den Charakter anbelangt.« Er zuckte mit den Schultern. »Was weiß man schon
von anderen Menschen?«
»Aber was
haben sie dir erzählt? Mein Gott, man kann doch nicht fünfzehn Jahre in einer
Gegend leben, ohne irgendeinen Eindruck zu hinterlassen. Es gab da einen
Lebensmittelhändler, oder nicht - Smethwick? -, bei dem wohnte er nach dem
Krieg.« Haldane gestattete sich ein Lächeln. »Sie sagten, er sei ein guter
Arbeiter gewesen und sehr höflich. Jeder sagt, er sei höflich. Sie erinnern sich
nur an eines: daß er in ihrem Hinterhof mit Leidenschaft einen Tennisball
herumschlug.«
»Hast du
dir die Garage angesehen?«
»Gewiß
nicht. Ich bin ihr nicht in die Nähe gekommen. Ich schlage vor, ihn heute abend
aufzusuchen. Ich sehe keine andere Möglichkeit. Schließlich steht der Mann
seit zwanzig Jahren in unserer Kartei.«
»Gibt es
nichts sonst, was du erfahren konntest?«
»Das
müßten wir über das Rondell machen.«
»Dann laß
Avery die Einzelheiten herausfinden.« Leclerc schien die Anwesenheit Averys vergessen
zu haben. »Was das Rondell anbelangt - das werde ich persönlich erledigen.«
Sein Interesse wurde von einer neuen Landkarte an der Wand gefesselt, einem
Stadtplan von Kalkstadt, der die Kirche und den Bahnhof zeigte. Daneben hing
eine ältere Karte von Osteuropa. Raketenbasen, deren Existenz bereits eindeutig
erwiesen war, waren hier in ein System mit der südlich von Rostock gelegenen
mutmaßlichen Basis gebracht. Durch dünne, zwischen Stecknadeln gespannte
Wollfäden waren Nachschubwege, Befehlsinstanzen und bewaffnete Stützpunkte
miteinander verbunden. Einige dieser Fäden führten nach Kalkstadt. »Gut, nicht
wahr? Sandford hat sie gestern nacht abgesteckt«, sagte Leclerc. »Solche
Sachen macht er
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