Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
Vom Netzwerk:
wenn Sie so wollen«, stimmte er zu. »Der
sowjetische Geheimdienst ist nicht gerade berühmt für seine Widerstandskraft in
dieser Hinsicht.« Und unter einigem wissenden Gelächter setzte er die
Aufzählung dessen fort, was bisher an Vorstößen der Zentrale auf das
chinesische Ziel als Ganzes bekannt war: ein kombinierter Abriß aus Connie und
di Salis. Er schilderte die Bemühungen der Zentrale, einen Angriff von Norden
her zu führen, mittels einer Groß-Anwerbung und Infiltration der eigenen Leute
chinesischer Volkszugehörigkeit. Erfolglos, sagte er. Er schilderte ein gewaltiges
Netz von Lauschposten entlang der viereinhalbtausend Meilen
chinesisch-russischer Landgrenze: unproduktiv, sagte er, denn die Ausbeute sei
militärischer Art, während die Gefahr politischer Natur sei. Er kolportierte
die Gerüchte sowjetischer Annäherungsversuche an Taiwan, den Vorschlag,
gemeinsame Sache gegen die chinesische Bedrohung zu machen durch kombinierte
Operationen und geteilten Profit: abgelehnt, sagte er, und wahrscheinlich
überhaupt nur als Störung geplant, um Peking zu ärgern, nicht zum vorgegebenen
Zweck. Er gab Beispiele dafür, wie die Russen ihre Talentsucher auf
Chinesengemeinden in London, Amsterdam, Vancouver und San Francisco ansetzten
und streifte die verhüllten Vorschläge der Zentrale an die Vettern vor einigen
Jahren, man solle einen »Nachrichten-Pool« schaffen, der den gemeinsamen
Feinden Chinas zugänglich wäre. Fruchtlos, sagte er. Die Vettern zogen nicht.
Und schließlich kam er noch auf die lange Geschichte wilder Verbrennungs- und
Bestechungsoperationen der Zentrale gegen Amtsträger Pekings auf überseeischen
Posten: Produkt unbestimmt, sagte er. Nachdem das gesagt war, lehnte er sich
zurück und stellte nochmals die These auf, die an diesem ganzen Hin und Her
schuld war.
    »Früher
oder später«, wiederholte er, »muß die Moskauer Zentrale in Hongkong
auftauchen.«
    Womit
wiederum Ko an der Reihe war, und Roddy Martindale, der unter Enderbys
Adlerauge den nächsten wirklichen Waffengang einleitete:
    »Well, was
glauben Sie, wofür das Geld ist, George? Ich meine, wir haben jetzt alles
gehört, wofür es nicht ist, und
wir haben gehört, daß es nicht ausgegeben wird. Aber wir sind keinen Schritt weiter, oder?, verdammt nochmal. Sieht nicht aus, als wüßten wir etwas. Es ist die gleiche alte Frage: wie wird
das Geld verdient, wie wird es ausgegeben, was sollen wir tun?«
    »Das sind
drei Fragen«, sagte Enderby leise, aber hart.
    »Eben weil wir nichts wissen«, sagte Smiley störrisch, »ersuchen wir
um die Genehmigung, es festzustellen.«
    Von den
Schatzamtbänken her sagte jemand: »Ist eine halbe Million viel Geld?«
    »Nach
meiner Erfahrung beispiellos«, sagte Smiley. »Die Moskauer Zentrale« - er
vermied pflichtschuldig den Namen Karla -»hat es schon immer gehaßt, Loyalität
zu kaufen. Und ein Kaufpreis in dieser Höhe ist bei ihnen etwas Unerhörtes.«
    »Aber wessen Loyalität wollen sie kaufen?« wehklagte jemand.
Martindale der Gladiator warf sich erneut ins Getümmel: »Sie sagen uns nicht
alles, George. Das weiß ich. Sie haben irgendeinen Tip, ganz klar. Also rücken
Sie schon raus damit. Seien Sie nicht so spröde.«
    »Ja, könnten
Sie nicht doch ein paar Karten aufdecken?« lamentierte auch Lacon.
    »Bestimmt
können Sie doch ein bißchen mehr
auspacken«, flehte Hammer.
    Selbst
unter diesem Dreifrontendruck wankte Smiley noch immer nicht. Der Panik-Faktor
tat endlich seine Wirkung. Smiley selbst hatte ihn ausgelöst. Wie ängstliche
Patienten bestürmten sie ihn um eine Diagnose. Und Smiley weigerte sich, eine
solche zu stellen, mit der Begründung, daß ihm die Daten fehlten. »Glauben Sie
mir, ich kann nichts weiter tun, als Ihnen die Fakten mitteilen, soweit sie
feststehen. Wenn ich in diesem Stadium laute Spekulationen anstellte, wäre
niemandem gedient.« Zum erstenmal seit Beginn der Sitzung tat die Kolonialdame
den Mund auf und stellte eine Frage. Ihre Stimme war wohlklingend und intelligent.
    »Um auf
den Punkt Präzedenzfälle zurückzukommen, Mr. Smiley -« Smiley zog den Kopf ein
und machte eine altmodische kleine Verbeugung -. »Gibt es Präzedenzfälle dafür,
daß geheime russische Gelder an einen Treuhänder gezahlt wurden? Auf anderen
Schauplätzen, zum Beispiel?«
    Smiley
antwortete nicht sofort. Guillam, der nur ein paar Zentimeter von ihm entfernt
saß, hätte geschworen, eine plötzliche Spannung zu spüren, als hätte seinen
Nachbarn ein jäher

Weitere Kostenlose Bücher