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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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tuschelnd: »Sie können es doch nicht aus der Welt
reden.«
    »Sie müssen
es auf ihr eigenes Format reduzieren«, erklärte Smiley ohne jede Kritik. Im
übrigen schien er sich auf orientalische Selbstvergessenheit verlegt zu haben,
und Guillams Sticheln würde ihn nicht daraus aufscheuchen. Enderby bestellte
frische Aschenbecher. Der Parlamentarische Unterstaatssekretär sagte, man solle
versuchen, weiterzukommen.
    »Bedenken
Sie, was es den Steuerzahler kostet, nur daß wir hier sitzen«, drängte er voll
Stolz. Bis zum Lunch waren es noch zwei Stunden.
    Enderby
eröffnete die dritte Runde mit der kitzligen Frage, ob das Gouvernement in
Hongkong von dem über Ko vorliegenden Nachrichtenmaterial in Kenntnis zu setzen
sei. Was ziemlich hinterhältig von ihm war, fand Guillam, denn das Schattenkabinett
des Colonial Office (wie Enderby seine handgewebten confreres zu nennen pflegte) stellte sich nach wie vor auf
den Standpunkt, es gebe keine Krise und folglich auch nichts, wovon irgendwer
in Kenntnis gesetzt werden könne. Doch der redliche Wilbraham, der die Falle
nicht sah, tappte prompt hinein und sagte:
    »Natürlich
sollten wir Hongkong benachrichtigen. Sie haben Selbstverwaltung. Es gibt für
uns keine Alternative.«
    »Oliver?«
sagte Enderby mit der Ruhe eines Mannes, der ein gutes Blatt in der Hand hat.
Lacon blickte hoch, deutlich irritiert über diese direkte Einbeziehung.
»Oliver?« wiederholte Enderby. »Ich bin versucht zu
antworten, dies sei Smileys Fall und Wilbrahams Kolonie, und wir sollten es die
beiden unter sich ausfechten lassen«, sagte er und hielt sich eisern draußen.
Blieb also Smiley: »Oh, well, wenn es
nur der Gouverneur wäre und sonst niemand, so könnte ich kaum dagegen sein«,
sagte er. »Das heißt, wenn Sie der Ansicht sind, daß es nicht zuviel von ihm
verlangt ist«, fügte er dunkel hinzu, und Guillam sah, wie der Rotkopf sich abermals
zum Eingreifen anschickte.
    »Warum zum
Kuckuck sollte es vom Gouverneur zuviel verlangt sein?« fragte Wilbraham
aufrichtig verblüfft. »Erfahrener Verwaltungsbeamter, gerissener
Verhandlungspartner. Kommt mit allem zurecht. Warum ist es zuviel?«
    Diesmal
ließ Smiley erst eine Pause eintreten. »Er würde seine Telegramme natürlich
eigenhändig codieren und decodieren müssen«, überlegte er laut, als setzte er
sich in seiner Zerstreutheit erst jetzt mit allen unausbleiblichen Folgen
auseinander. »Wir könnten selbstverständlich nicht zulassen, daß er seine
Mitarbeiter einweihte. Es wäre von jedem Menschen zuviel verlangt. Persönliche
Codebücher - nun ja, die könnten wir ihm allerdings zukommen lassen. Könnten
seine Geschicklichkeit im Codieren aufpolieren, wenn nötig. Ich persönlich sehe
noch das Problem, daß der Gouverneur praktisch in die Rolle des agent provocateur gezwungen wird, wenn er Ko auch
weiterhin in seinem Haus empfängt - was er fraglos tun muß. Wir dürfen das Wild
in diesem Stadium nicht kopfscheu machen. Würde ihm das unangenehm sein?
Vielleicht nicht. Manche Menschen sind von Hause aus dazu veranlagt.« Er
blickte zu Enderby hinüber. Wilbraham war bereits dabei, seiner Empörung Luft
zu machen: »Aber du lieber Himmel, Mann, wenn Ko ein russischer Spion ist - was
wir ohnehin verneinen -, und der Gouverneur lädt ihn zum Dinner ein und begeht
im vertraulichen Gespräch, wie es nur natürlich wäre, irgendeine geringfügige
Indiskretion - also, das ist verdammt unfair. Es könnte die Karriere des Mannes
ruinieren. Ganz zu schweigen von dem, was es der Kolonie schaden könnte! Er muß informiert werden!« Smiley wirkte schläfriger denn je.
    »Ja,
natürlich, wenn er zu Indiskretionen neigt,« brabbelte er demütig, »dann könnte
man allerdings ins Treffen führen, daß er ohnehin nicht der rechte Mann ist,
dem man Informationen zukommen lassen sollte.«
    In dem
eisigen Schweigen nahm Enderby wiederum bedauernd das Streichholz aus dem Mund.
    »Verdammt
komisch wär's schon, oder, Chris«, rief er fröhlich über den Tisch Wilbraham
zu, »wenn Peking eines Morgens auf dem Nachtkästchen die frohe Botschaft
vorfände, der Gouverneur von Hongkong, Stellvertreter der Königin und was sonst
noch, Oberster Befehlshaber der Truppen et cetera, habe es sich nicht nehmen
lassen, Moskaus Superspion einmal monatlich bei sich zu Tisch zu sehen und ihm
für seine Mühe einen Orden verliehen. Was hat er bis jetzt? Doch keinen
Ritterschlag, oder? Von und zu?«
    »Den
O.B.E.«, sagte jemand sotto voce.
    »Armer
Kerl. Aber er

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