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Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Titel: Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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unverhohlenem
Vergnügen: »Mr. Rigby möchte Sie sprechen, der Inspektor. Sie sollen sofort
hinkommen. Sofort, verstehen Sie.«
    »Ich bin
ja schon dorthin unterwegs«, antwortete Smiley gereizt, und als er sich durch
die Pendeltür schob, hörte er den alten Mann wiederholen: »Sofort, verstehen
Sie; man wartet auf Sie.«
     
    Auf dem
Weg durch die Straßen von Carne dachte er zum hundertsten Male über die
Unergründlichkeit des Motivs im menschlichen Handeln nach: Es gibt nichts
Wahres auf Erden. Es gibt keinen festen, keinen verläßlichen Punkt, nicht
einmal in der reinsten Logik oder im dunkelsten Mystizismus; am wenigsten in
den Motiven von Menschen, wenn sie sich zu einer Gewalttat gedrängt fühlen.
    Hatte der
Mörder, der nun so nahe vor der Entdeckung stand, in der peinlich genauen
Ausführung seiner Pläne Befriedigung gefunden? Denn jetzt war es über jeden
Zweifel erhaben: Dies war ein bis in die letzten Einzelheiten vorbereiteter
Mord - selbst bis zu der unerklärlich weit vom Tatort weggeschafften Waffe. Ein
Mord mit Spuren, die zur Irreführung ausgestreut worden waren, ein Mord,
geplant, um ungeplant zu wirken, ein Mord wegen einer Kette von Perlen. Nun war
das Geheimnis der Fußabdrücke geklärt: nachdem er die Überschuhe ins Paket
getan hatte, war der Mörder den Pfad hinunter zum Tor gegangen, und seine
eigenen Spuren waren durch die zahlreichen Fußabdrücke anderer verwischt
worden.
     
    Rigby sah
müde aus.
    »Sie haben
die Nachricht gehört, Sir, nehme ich an?«
    »Was für
eine Nachricht?«
    »Über den
Jungen, den Jungen in Fieldings Haus, der die ganze Nacht abgängig war.«
    »Nein.«
Smiley fühlte plötzliche Übelkeit. »Nein, ich habe nichts gehört.«
    »Himmel,
ich dachte, Sie wüßten Bescheid! Gestern abend um halb neun rief uns Fielding
hier an. Perkins, sein Präfekt, sei nicht von einer Musikstunde bei Mrs.
Harlowe, die in Richtung Longemede wohnt, nach Hause gekommen. Wir gaben Alarm
und begannen, nach ihm zu suchen. Ein Streifenwagen wurde auf die Straße
geschickt, auf der er hätte zurückkommen müssen - er fuhr mit dem Rad, wissen
Sie. Zuerst sahen sie nichts, aber auf der Rückfahrt stoppte der Fahrer den
Wagen am Fuß des Longemede-Hügels, da, wo die seichte Furt ist. Es fiel ihm
ein, daß der Junge vielleicht vom oberen Ende des Steilstückes einen langen
Anlauf auf die Furt zu gemacht haben und in der Vertiefung zu Schaden gekommen
sein könnte. Sie fanden ihn halb im Graben, das Rad daneben. Tot.«
    »Ach, mein
Gott!«
    »Wir haben
der Presse zuerst nichts verlautbart. Die Eltern sind in Singapur. Der Vater
ist Berufsoffizier, Fielding hat ihm ein Telegramm geschickt. Wir haben uns
auch mit dem Kriegsministerium in Verbindung gesetzt.«
    Sie
schwiegen einen Augenblick, dann fragte Smiley: »Wie ist das passiert?«
    »Wir haben
die Straße gesperrt und versucht, den Unfall zu rekonstruieren. Ich habe jetzt
einen Beamten drüben, nur zum Nachsehen. Das dumme ist, wir konnten bis zum
Morgen nicht viel tun. Außerdem, die Männer sind überall herumgetrampelt; man
kann's ihnen nicht übelnehmen. Es sieht so aus, als ob er nahe dem Ende des
Gefälles hingefallen und mit seinem Kopf auf einem Stein aufgeschlagen wäre:
die rechte Schläfe.«
    »Wie hat
Fielding es aufgenommen?«
    »Er war
sehr erschüttert. Sehr erschüttert, wirklich. Ehrlich gesagt, ich hätte es
nicht geglaubt. Er schien einfach... zu resignieren. Es gab eine Menge zu tun -
den Eltern zu telegrafieren, mit dem Onkel des Jungen in Windsor Verbindung
aufzunehmen und so weiter. Aber er überließ das alles einfach Miss Truebody,
seiner Haushälterin. Wenn sie nicht gewesen wäre, ich weiß nicht, wie wir
fertig geworden wären. Ich war ungefähr eine halbe Stunde bei ihm, dann brach
er einfach völlig zusammen und bat, allein gelassen zu werden.«
    »Wie
meinen Sie das: brach zusammen?« fragte Smiley rasch.
    »Er
weinte. Weinte wie ein Kind«, sagte Rigby gelassen. »Ich hätte's nie gedacht.«
    Smiley bot
Rigby eine Zigarette an und nahm selbst eine.
    »Ich nehme
an«, wagte er, »es war ein Unfall?«
    »Das nehme
ich an«, erwiderte Rigby hölzern.
    »Vielleicht«,
sagte Smiley, »teile ich Ihnen, ehe wir fortfahren, meine Neuigkeiten mit. Ich
war unterwegs, um Sie aufzusuchen, als Sie anriefen. Ich habe gerade von Miss
Brimley gehört.« Und auf seine präzise, ziemlich formelle Art berichtete er
alles, was ihm Miss Brimley gesagt hatte und wie er auf den Inhalt des Paketes
neugierig geworden

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