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Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Titel: Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wissen
wollen. Ich tat es für Tim, sehen Sie. Die Kuratoriumsmitglieder hätten das
nicht besonders gemocht... ungebührliche Zuneigung... Es sieht schlimm aus,
nicht wahr? Aber es war nicht jene Art von Zuneigung, Smiley, nicht mehr. Sie
haben ihn nie Cello spielen hören. Er war nicht großartig, aber zuweilen
spielte er so schön, mit einer Art gewählter Schlichtheit, die unbeschreiblich
gut war. Er war ein linkischer Junge, und wenn er gut spielte, war es eine
solche Überraschung. Sie hätten ihn spielen hören sollen.«
    »Sie
wollten ihn da nicht hineinziehen. Wenn Sie der Polizei sagten, was Sie gesehen
hatten, würde es auch Tim ruinieren?«
    Fielding
nickte. »In ganz Carne war er das einzige, was ich liebte.«
    »Liebte?«
fragte Smiley.
    »Um
Himmels willen«, sagte Fielding mit erschöpfter Stimme, »warum nicht?«
     
    »Seine
Eltern wollten, daß er auf die Militärakademie nach Sandhurst geht, ich nicht,
leider. Ich dachte, ich könnte ihm, wenn ich ihn noch ein oder zwei Semester
hierbehalten könnte, vielleicht ein Musikstipendium verschaffen. Deswegen
machte ich ihn zum Hauspräfekten: Ich wollte, daß seine Eltern ihn hierließen,
weil er sich so gut machte.« Fielding machte eine Pause. »Er war ein miserabler
Hauspräfekt«, fügte er hinzu.
    »Und was
genau war in der Aktenmappe«, fragte Smiley, »als Sie sie an jenem Abend
öffneten, um Tims Prüfungsarbeit zu besehen?«
    »Ein
Packen aus durchsichtigem Kunststoff - es kann eines von diesen
zusammenfaltbaren Capes gewesen sein, ein altes Paar Handschuhe und ein Paar
selbstgemachte Gummischuhe.«
    »Selbstgemacht?«
    »Ja. Von
einem Paar Gummistiefel abgetrennt, würde ich sagen.«
    »Das ist
alles?«
    »Nein. Da
war noch ein Stück schweres Kabel; wie ich annahm, um etwas in seinem
Naturwissenschafts-Unterricht zu demonstrieren. Es schien natürlich genug, im
Winter eine Regenhaut bei sich zu führen. Dann, nach dem Mord, begriff ich, wie
er es gemacht hatte.«
    »Wußten
Sie«, fragte Smiley, »warum er es
getan hatte?«
    Fielding
schien zu zögern. »Rode ist ein Versuchskaninchen«, begann er, »der erste, den
wir von einer öffentlichen Schule hatten. Die meisten von uns sind tatsächlich
selbst alte Carnianer. Schon darauf eingestellt, wenn wir anfangen. Rode war
es nicht, und Carne regte ihn auf. Der Name Carne selbst bedeutet Qualität, und
Rode liebte Qualität. Seine Frau war nicht so. Sie hatte ihren Standard, und
der war anders, aber genausogut. Ich pflegte Rode mitunter in der Abtei am
Sonntagmorgen zu beobachten. Die Lehrer sitzen am Ende der Bankreihen, ganz
beim Mittelschiff, wissen Sie. Ich beobachtete sein Gesicht, wenn der Chor an
ihm vorbeizog, in Weiß und Scharlach, und der Direktor in seinem Talar eines
Doktors der Philosophie, die Kuratoren hinter sich. Rode war trunken - trunken
vom Stolz auf Carne. Wir sind berauschender Wein für die Leute von öffentlichen
Schulen, wissen Sie. Es muß ihn schrecklich geschmerzt haben, daß Stella daran
überhaupt nicht teilnahm. Man konnte das sehen. Noch an dem Abend, als sie zu
mir zum Dinner kamen, an demselben Abend, als sie starb, zankten sie sich. Ich
habe es niemandem erzählt, aber es stimmt. Der Direktor hatte an jenem Abend
bei der Komplet eine Predigt »Haltet fest am Guten< gehalten. Rode sprach
bei Tisch darüber; er konnte nicht viel Alkohol vertragen, wissen Sie, er war
nicht daran gewöhnt. Er war erfüllt von dieser Predigt und der Beredsamkeit des
Direktors. Seine Frau kam nie in die Abtei - sie ging in das schäbige Bethaus
beim Bahnhof. Er verbreitete sich über die Schönheit des Abteirituals, die
Würde, die Ehrfurcht. Sie verhielt sich still, bis er fertig war, lachte dann
und sagte: >Armer alter Stan. Du wirst immer Stan für mich bleiben. < Ich
habe noch nie jemanden so zornig gesehen wie damals ihn. Er wurde ganz blaß.«
    Fielding
wischte sich das weiße Haar aus den Augen und fuhr beinahe mit der alten
Großspurigkeit fort: »Ich habe sie bei den Mahlzeiten beobachtet. Nicht nur
hier, sondern auch bei Dinnergesellschaften anderswo, wenn wir beide eingeladen
waren. Ich habe beobachtet, wie sie die simpelsten Dinge tat - etwa einen Apfel
aß. Sie schälte ihn in einem Stück rundherum, bis die ganze Schale abfiel. Dann
schnitt sie den Apfel auf und würfelte die Viertel, machte alles fertig, ehe
sie ihn aß. Sie hätte die Frau eines Bergarbeiters sein können, die den Apfel
für ihren Mann vorbereitet. Sie mußte doch gesehen haben, wie die Leute so

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