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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten von gestern (Smiley Bd 1)
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Verhandlung.«
    Guillam
stand einen Augenblick da, sah Smiley an und wußte nicht, was er sagen sollte.
    »Kann ich sonst was für Sie tun, George?«
    »Nein, danke - ach ja, da fällt mir was ein.«
    »Ja?«
    »Könnten
Sie mir das C.I.D. vom Hals schaffen? Sie haben mich schon dreimal besucht und
sind hier natürlich nicht weitergekommen. Könnten Sie veranlassen, daß diese
Angelegenheit zum gegenwärtigen Zeitpunkt als Spionagefall behandelt wird? Tun
Sie mysteriös und machen Sie es geschickt.«
    »Ja, das glaube ich schon.«
    »Ich weiß,
daß es schwer ist, Peter, weil ich doch nicht. . .«
    »Ach, da
fällt mir etwas anderes ein. Nur um Sie ein bißchen aufzuheitern. Ich habe die
Schriften der beiden Schreiben, Fennans Abschiedsbrief und den anonymen,
vergleichen lassen. Sie sind von verschiedenen Personen auf derselben Maschine
geschrieben worden. Unterschiede im Anschlag und bei den Zwischenräumen, aber
dieselben Typen. Also, auf Wiedersehen, alter Freund. Und lassen Sie sich die
Trauben gut schmecken.«
    Guillam
schloß die Tür hinter sich. Sie hörten den harten Widerhall seiner Schritte auf
den Fliesen des Ganges.
    Mendel rollte sich eine Zigarette.
    »Um Gottes
willen«, sagte Smiley, »haben Sie denn vor nichts Angst? Haben Sie die
Schwester hier noch nicht gesehen?«
    Mendel grinste und schüttelte den Kopf.
    »Man kann
nur einmal sterben«, sagte er und steckte die Zigarette zwischen seine schmalen
Lippen. Smiley sah ihm zu, wie er sie anzündete. Er zog sein Feuerzeug heraus,
machte es auf, setzte mit seinem gebeizten Daumen das Rädchen in Bewegung,
deckte dann schnell seine hohlen Handflächen darüber und näherte die Flamme
seiner Zigarette. Als ob ein Orkan geherrscht hätte.
    »Also, Sie
sind der Kriminalfachmann. Wie stehen wir?« fragte Smiley.
    »Alles
durcheinander und ungeordnet.«
    »Wieso?«
    »Lose
Fäden, wo man hinschaut. Keine Polizeiarbeit. Nichts nachgeprüft. Wie
Algebra.«
    »Was hat
Algebra damit zu tun?«
    »Man muß
zuerst feststellen, was bekannt ist. Die konstanten Größen finden. Ist sie
wirklich ins Theater gegangen? War sie allein? Haben die Nachbarn sie heimkommen
gehört? Wenn, dann wann? Ist Fennan an Dienstagen wirklich erst spät nach Hause
gekommen? Ist seine Angetraute regelmäßig alle vierzehn Tage ins Theater
gegangen, wie sie gesagt hat?«
    »Und der
Anruf um halb neun. Können Sie mir den erklären?«
    »Der geht
Ihnen im Kopf herum, nicht wahr?«
    »Ja. Von
allen losen Fäden ist das der loseste. Ich brüte die ganze Zeit darüber nach,
sage ich Ihnen, aber er ist mir einfach unverständlich. Ich habe mir den
Fahrplan da angesehen. Er war ein pünktlicher Mensch - oft ist er als erster im
Amt gewesen und hat seinen Schreibtisch aufgesperrt. Er pflegte den Zug um 8
Uhr 54, den um 9 Uhr 8 oder im ungünstigsten Fall den um 9 Uhr 14 zu
erreichen. Der um 8 Uhr 54 kommt um 9 Uhr 38 an. Er kam gerne um dreiviertel
zehn ins Büro. Es konnte unmöglich seine Absicht sein, sich erst um halb neun
wecken zu lassen.«
    »Vielleicht
hat er nur das Geklingel gern gehört«, sagte Mendel und stand auf.
    »Und die
Briefe«, setzte Smiley fort. »Verschiedene Schreiber, aber dieselbe Maschine.
Außer dem Mörder hatten noch zwei Menschen Zutritt zu dieser Maschine: Fennan
und seine Frau. Wenn wir annehmen, daß Fennan den Abschiedsbrief selber geschrieben
hat - unterschrieben hat er ihn ja ohne Zweifel -, dann müssen wir auch
annehmen, daß Elsa die Denunziation geschrieben hat. Warum hat sie das getan?«
    Smiley war
völlig erschöpft und erleichtert darüber, daß Mendel ging.
    »Ich gehe
aufräumen. Die Konstanten finden.«
    »Sie
werden Geld brauchen«, sagte Smiley und bot ihm welches aus der Brieftasche in
seinem Nachtkästchen an. Mendel nahm es ohne weiteres Zeremoniell und ging.
    Smiley
lehnte sich zurück. Sein Kopf war glühend heiß, und es hämmerte darin wie
wahnsinnig. Er wollte zuerst die Schwester rufen, unterließ es aber dann aus
Feigheit. Langsam hörte das Pochen auf. Draußen hörte er die Sirene einer
Ambulanz, die von der Prince of Wales Drive in den Hof des Spitals einfuhr.
»Vielleicht hat er es nur gerne klingeln gehört«, dachte er und schlief ein.
    Er wurde
durch einen Streit draußen auf dem Gang geweckt. Er hörte die Schwester mit
erhobener Stimme protestieren. Er hörte Schritte und die Stimme Mendels, die
aufgeregt dagegenredete. Plötzlich ging die Tür auf, und jemand drehte das
Licht an. Es war dreiviertel sechs. Mendel redete auf

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