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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten von gestern (Smiley Bd 1)
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»Sehen Sie mich an«, sagte sie. »Was für einen Traum hat
man mir gelassen? Ich habe von langem goldenem Haar geträumt - und man hat mir
den Kopf geschoren, ich träumte von einem schönen Körper - und man hat ihn
durch Hunger verunstaltet. Ich habe erlebt, was menschliche Wesen wirklich
sind, wie konnte ich da an eine Formel für menschliche Wesen glauben. Ich habe
es ihm gesagt, tausendmal habe ich ihm gesagt: >Mach nur keine Gesetze,
keine ausgeklügelten Theorien, keine Werturteile, und die Menschen werden
vielleicht lieben, aber gib ihnen eine einzige Theorie, ein einziges
Schlagwort, und das alte Spiel beginnt von neuem.< Das habe ich ihm gesagt.
Wir haben oft nächtelang miteinander geredet. Aber nein, der kleine Junge mußte
einen Traum haben, und wenn eine neue Welt aufgebaut werden sollte, dann mußte
es Samuel Fennan sein, der sie baute. Ich sagte zu ihm: >Hör mir doch
zu<, habe ich gesagt, >sie haben dir alles gegeben, was du hast, ein
Haus, Geld und Vertrauen. Warum willst du ihnen das antun?< Und er hat mir
gesagt: >Ich tue es eben gerade für sie.
    Ich bin
der Arzt, und eines Tages werden sie verstehen.« Er war ein Kind, Mr. Smiley,
sie haben ihn wie ein Kind geführt.«
    Er wagte
es nicht, zu sprechen.
    »Vor fünf
Jahren hat er diesen Dieter kennengelernt. In einer Skihütte in der Nähe von
Garmisch. Freitag sagte uns später, daß Dieter alles ganz genauso geplant
hatte - Dieter konnte ja wegen seines Beins gar nicht skilaufen. Damals schien
überhaupt nichts wirklich zu sein. Freitag war kein wirklicher Name. Fennan hat
ihn Freitag getauft, so wie in Robinson Crusoe der befreite Gefangene Freitag
hieß. Dieter fand das so komisch, und später redeten wir nie von Dieter,
sondern immer von Robinson und Freitag.« Sie hörte auf zu reden und sah ihn mit
einem sehr schwachen Lächeln an. »Es tut mir leid«, sagte sie, »aber ich
fürchte, daß ich nicht sehr zusammenhängend erzähle.«
    »Ich
verstehe es schon«, sagte Smiley.
    »Dieses
Mädchen - was haben Sie über dieses Mädchen gesagt?«
    »Sie lebt,
machen Sie sich keine Sorgen. Erzählen Sie ruhig weiter.«
    »Fennan
hat Sie gern gemocht, verstehen Sie. Freitag hat versucht, Sie umzubringen . .
. warum?«
    »Weil ich
zurückgekommen bin, nehme ich an, und Sie wegen des Anrufes um halb neun
ausgefragt habe. Davon haben Sie Freitag doch erzählt, nicht wahr?«
    »O Gott«,
sagte sie und preßte die Finger an den Mund.
    »Sie haben
ihn doch wahrscheinlich sofort, als ich weg war, angerufen.«
    »Ja, ich
bekam Angst. Ich wollte ihn warnen, damit er fortgeht, ihn und Dieter, und nie
mehr zurückkommt, denn ich wußte, daß Sie schließlich auf alles kommen würden.
Wenn nicht heute, dann später, aber ich war sicher, daß Sie am Ende alles
aufdecken würden. Warum konnten sie mich nie in Ruhe lassen? Sie haben Angst
vor mir gehabt, denn sie haben gewußt, daß ich keine Träume habe, daß ich nur
Samuel wollte, nur wollte, daß er in Sicherheit ist, daß ich nur ihn lieben
und nur für ihn sorgen wollte.«
    In Smileys
Kopf pochte und tobte es. »Also, Sie haben ihn gleich angerufen«, sagte er. »Sie
haben zuerst die Primrose-Nummer probiert und sind nicht durchgekommen.«
    »Ja«,
sagte sie leise, »aber es sind beide Primrose-Nummern.«
    »Dann
haben Sie also die andere Nummer, die zweite Möglichkeit, angerufen . . .«
    Plötzlich
erschöpft und schwach, wankte sie zum Fenster zurück. Sie kam ihm jetzt weniger
unglücklich vor - nach dem Sturm war sie nachdenklich und irgendwie zufrieden.
    »Ja,
Alternativen waren Freitags starke Seite.«
    »Was war
das für eine Nummer, die andere?« bohrte Smiley. Er beobachtete sie gespannt,
wie sie zum Fenster in den dunklen Garten hinausstarrte.
    »Wozu
wollen Sie das wissen?«
    Er stand
auf, trat neben sie ans Fenster und betrachtete ihr Profil. Seine Stimme war
mit einemmal barsch und energisch.
    »Ich habe
gesagt, daß dem Mädel nichts passiert ist. Auch Sie und ich sind noch am Leben.
Aber bilden Sie sich nicht ein, daß es dabei bleiben wird.«
    Sie drehte
sich mit Angst in den Augen zu ihm um, blickte ihn einen Moment an und nickte
dann. Smiley nahm sie am Arm und führte sie zu ihrem Stuhl zurück. Er sollte
ihr etwas Heißes zum Trinken machen oder irgend etwas anderes. Sie nahm mechanisch
Platz, gleichgültig und unbeteiligt, als wäre sie geistesgestört.
    »Die
andere Nummer war 9747.«
    »Und die
Adresse - hatten Sie eine Adresse?«
    »Nein,
Adresse keine. Nur die Telefonnummer und

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