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Carte Blanche - Ein Bond-Roman

Carte Blanche - Ein Bond-Roman

Titel: Carte Blanche - Ein Bond-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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James Bond noch im monolithisch grauen Gebäude des Verteidigungsministeriums in Whitehall an einem grauen Schreibtisch gesessen, während der Himmel draußen keineswegs grau, sondern so blau wie ein schottischer Hochlandsee an einem schönen Sommertag gewesen war. Nach seiner Entlassung aus der Royal Naval Reserve hatte Bond kein Interesse daran gehabt, ab jetzt bei Saatchi & Saatchi die Bücher zu führen oder für NatWest Bilanzen zu prüfen. Ein ehemaliger Fechtkamerad vom Fettes College hatte ihm geraten, es bei der Defence Intelligence zu versuchen.
    Nachdem er dort eine Reihe von Analysen verfasst hatte, die als präzise und wertvoll geschätzt wurden, hatte er seinen Vorgesetzten gefragt, ob die Möglichkeit bestünde, eine etwas aufregendere Tätigkeit zugewiesen zu bekommen.
    Nicht lange nach diesem Gespräch hatte er eine geheimnisvolle Einladung zum Mittagessen im Travellers Club an der Pall Mall erhalten. Die Nachricht erreichte ihn handschriftlich auf Papier, nicht etwa per E-Mail.
    Am fraglichen Tag war Bond dann zu einem Ecktisch im Speisesaal geführt worden und hatte gegenüber von einem stämmigen Mann Mitte sechzig Platz genommen, der ihm lediglich als der »Admiral« vorgestellt wurde. Der Fremde trug einen grauen Anzug, dessen Farbe perfekt zu der seiner Augen passte. Sein Gesicht war fleischig, und auf seiner Kopfhaut waren unter dem spärlichen, nach hinten gekämmten braungrauen Haar einige Muttermale zu erkennen. Der Admiral musterte Bond ruhig, aber nicht herausfordernd, hochmütig oder allzu prüfend. Bond hielt dem Blick mühelos stand – ein Mann, der im Kampf getötet hat und beinahe selbst gestorben ist, lässt sich nicht durch irgendwelche Blicke einschüchtern. Ihm wurde jedoch klar, dass er nicht die geringste Ahnung hatte, was im Kopf des Admirals vorging.
    Sie reichten einander nicht die Hände.
    Ein Kellner nahm die Bestellung auf. Bond wählte gedünsteten Heilbutt mit Sauce hollandaise, Salzkartoffeln und gegrilltem Spargel. Der Admiral entschied sich für gegrillte Niere mit Speck und fragte Bond: »Wein?«
    »Ja, bitte.«
    »Wählen Sie einen aus.«
    »Burgunder, würde ich sagen. Côte de Beaune? Oder einen Chablis?«
    »Vielleicht den Alex Gambal Puligny?«, schlug der Kellner vor.
    »Perfekt.«
    Die Flasche kam kurz darauf. Der Kellner zeigte Bond mit gewandter Geste das Etikett vor und schenkte ihm einen Schluck ein. Der Wein hatte die Farbe heller Butter, roch erdig und hervorragend und war genau richtig temperiert, nicht zu kalt. Bond nippte daran, nickte beifällig, und ihre Gläser wurden zur Hälfte gefüllt.
    Nachdem der Kellner gegangen war, sagte der ältere Mann in barschem Ton: »Sie sind ein Veteran, ich ebenfalls. Keiner von uns hat Interesse an Small Talk. Ich habe Sie hergebeten, um Ihren weiteren beruflichen Werdegang zu besprechen.«
    »Das habe ich mir schon gedacht, Sir.« Bond hatte nicht beabsichtigt, das letzte Wort hinzuzufügen, doch es war ihm schlicht unmöglich gewesen.
    »Sie haben womöglich davon gehört, dass es im Travellers Club als unschicklich gilt, Geschäftsunterlagen hervorzuholen. Ich fürchte, wir müssen gegen diese Regel verstoßen.« Der ältere Mann zog einen Umschlag aus der Innentasche seines Jacketts und reichte ihn Bond. »Das ist eine Geheimhaltungserklärung.«
    »Ich habe bereits eine unterschrieben …«
    »Gewiss haben Sie das – für die Defence Intelligence«, fiel der Mann ihm schroff ins Wort, weil es ihm merklich missfiel, das Offensichtliche tatsächlich aussprechen zu müssen. »Die hier hat etwas mehr Biss. Lesen Sie.«
    Bond las. Mehr Biss, in der Tat, gelinde formuliert.
    »Falls Sie nicht gewillt sind, das Dokument zu unterzeichnen, werden wir bei unserem Mittagessen über die Wahlergebnisse plaudern oder über das Forellenangeln im Norden oder darüber, wie diese verdammten Kiwis uns letzte Woche mal wieder geschlagen haben. Danach kehren wir in unsere Büros zurück.« Der Admiral hob fragend eine buschige Augenbraue.
    Bond zögerte nur einen Moment, schrieb dann seinen Namen auf die Linie und reichte das Dokument zurück. Es verschwand wieder in dem Jackett.
    Ein Schluck Wein. »Haben Sie schon mal von der Special Operations Executive gehört?«, fragte der Admiral.
    »Ja, habe ich.« Bond hatte nur wenige Vorbilder, aber Winston Churchill stand weit oben auf der Liste. In seinen jungen Tagen als Reporter und Soldat auf Kuba und im Sudan hatte Churchill großen Respekt für Guerillaoperationen entwickelt.

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