Carte Blanche - Ein Bond-Roman
aufgetaucht war.
Nach einigen beeindruckenden Richtungswechseln fuhren der Audi und der Bentley schließlich entgegen dem Uhrzeigersinn auf dem M 25.
»Es ist Luton!«, rief der Assistent.
»Der Hubschrauber soll sich in Bewegung setzen«, ordnete Osborne-Smith etwas leiser an.
»Alles klar.«
Schweigend folgten sie der weiteren Fahrt des Audi. Am Ende hielt er auf dem Kurzzeitparkplatz des Luton Airport. Bond traf gleich darauf ein und parkte vorsichtig in einiger Entfernung.
»Der Helikopter landet soeben auf der Antiterrorplattform des Flughafens. Unsere Leute begeben sich dann direkt zu dem Parkplatz.«
Niemand stieg aus dem Audi aus. Osborne-Smith lächelte. »Ich wusste es! Hydt trifft sich hier mit jemandem. Wir schnappen sie uns alle zugleich. Sagen Sie unseren Leuten, sie sollen in Stellung gehen und auf mein Kommando warten. Und klinken sie sich in die Kameras dort ein.«
Er hoffte, die Überwachungskameras würden es ihnen ermöglichen, Bonds erschrockene Reaktion zu verfolgen, wenn die Division-Three-Teams wie Falken herabstießen, um Hydt und den Iren zu verhaften. Das war natürlich nicht Osborne-Smiths vordringliche Absicht gewesen, als er den Kameraeinsatz befohlen hatte … aber es würde eine wirklich hübsche Dreingabe sein.
21
Hans Groelle saß am Steuer von Severan Hydts elegantem schwarzen Audi A8. Der kräftige blonde Niederländer war ehemaliger Soldat und hatte in seiner Jugend an einigen Motocross- und anderen Rennen teilgenommen. Er freute sich, dass Mr. Hydt ihn gebeten hatte, heute Morgen sein fahrerisches Können zur Anwendung zu bringen. Nun ließ er die hektische Fahrt von Canning Town zum Luton Airport noch einmal genießerisch vor dem inneren Auge vorbeiziehen und lauschte dabei mit halbem Ohr dem Gespräch der drei anderen Personen im Wagen.
Sie lachten nach dieser aufregenden Wettfahrt. Der Fahrer des Bentley hatte sich nicht nur überaus geschickt verhalten, sondern – was noch wichtiger war – zudem intuitiv. Er hatte nicht wissen können, wohin Groelle wollte, und so war ihm nichts anderes übrig geblieben, als dessen bisweilen völlig willkürliche Manöver vorauszuahnen. Es war, als hätte der Verfolger eine Art sechsten Sinn besessen, der ihm verriet, wann Groelle abbiegen, bremsen oder beschleunigen würde.
Ein Naturtalent.
Aber wer war er?
Nun, das würden sie bald herausfinden. Niemand in dem Audi hatte einen Blick auf ihn erhaschen können – er war so gut –, aber sie hatten sich das Nummernschild zusammengestückelt. Dann hatte Groelle einen Mitarbeiter in der Zentrale von Green Way angerufen, der seine guten Kontakte zur Zulassungsstelle in Swansea nutzen würde, um den Eigentümer des Bentley in Erfahrung zu bringen.
Doch wie auch immer die Bedrohung aussah, Hans Groelle war vorbereitet. In seiner linken Achselhöhle steckte hübsch und warm eine 45er Colt Automatik, Modell 1911.
Er schaute erneut zu dem schmalen Streifen, den er vom grauen Kotflügel des Bentley erkennen konnte, und sagte zu dem Mann auf der Rückbank: »Es hat funktioniert, Harry. Wir haben sie überlistet. Ruf Mr. Hydt an.«
Die beiden Passagiere auf der Rückbank sowie der Mann neben Groelle waren Angestellte von Green Way und in das Projekt Gehenna eingeweiht. Sie sahen Mr. Hydt, Miss Barnes und Niall Dunne ähnlich, die sich derzeit auf dem Weg zu einem ganz anderen Flughafen befanden, nämlich Gatwick, wo ein Privatjet bereitstand, der sie ins Ausland fliegen würde.
Die Finte war natürlich Dunnes Idee gewesen. Er war ein kalter Fisch, aber das tat seinem Verstand keinen Abbruch. Oben in March hatte es Ärger gegeben – jemand hatte Eric Janssen getötet, einen von Groelles Kollegen. Der Killer war zwar tot, aber Dunne hatte geargwöhnt, es könne noch andere geben, die die Firma oder das Haus überwachten, vielleicht sogar beides. Also hatte er sich drei Angestellte gesucht, deren oberflächliche Ähnlichkeit einen Beobachter täuschen konnte, und sie sehr früh an jenem Morgen nach Canning Town gefahren. Dann hatte Groelle Koffer in die Garage gekarrt, gefolgt von Mr. Hydt, Miss Barnes und dem Iren. Groelle und die drei Köder, die in dem Audi gewartet hatten, fuhren los nach Luton. Zehn Minuten später stiegen die echten Passagiere in einen Kleinbus, der Green Way International gehörte, aber keinen Firmenaufdruck trug, und fuhren nach Gatwick.
Nun würden die Köder so lange wie möglich in dem Audi sitzen bleiben, um den Insassen des Bentley weiter davon
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