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Carte Blanche - Ein Bond-Roman

Carte Blanche - Ein Bond-Roman

Titel: Carte Blanche - Ein Bond-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Lobby zu. Bond hatte den Feuermelder erreicht. Er stand im Aufnahmebereich von drei Überwachungskameras.
    Und einer der Wächter war nur sechs Meter entfernt. Er hatte Bond bemerkt und anscheinend registriert, dass dessen Verhalten nicht dem entsprach, was man von einem gewöhnlichen westlichen Touristen in einem historischen Museum dieser Art erwarten würde. Der Mann neigte den Kopf und sprach in ein Mikrofon, das an seiner Schulter befestigt war.
    Neben Bond stand eine Familie vor dem Diorama eines Kamelrennens. Der kleine Junge und sein Vater lachten über die lustigen Figuren.
    Achtzehn Uhr sechsundfünfzig .
    Der stämmige Wachposten wandte sich Bond zu. Er trug eine Pistole. Und die Klappe des Holsters war bereits geöffnet.
    Achtzehn Uhr siebenundfünfzig .
    Der Wächter ging los, die Hand an der Waffe.
    Obwohl auch Hydt und al-Fulan nur wenige Meter entfernt waren, griff Bond nach dem Hebel des Feuermelders.

29
    In diesem Moment ertönte aus der Lautsprecheranlage eine Durchsage auf Arabisch.
    Bond hielt inne. Er verstand das meiste. Gleich darauf bestätigte die englische Übersetzung seinen ersten Eindruck.
    »Meine Herren, wer Karten für unsere heutige Abendveranstaltung besitzt, möge sich nun bitte zur Tür des Nordflügels begeben.«
    Das war der Durchgang im hinteren Teil der Halle, auf den Hydt und al-Fulan zusteuerten. Sie hatten offenbar nicht vor, das Museum zu verlassen. Falls dies der Ort war, an dem die Menschen sterben sollten, wieso flohen die beiden Männer nicht?
    Bond verließ den Feuermelder und ging auf die Tür zu. Der Wächter beäugte ihn noch einmal misstrauisch, wandte sich dann aber ab und schloss die Klappe seines Holsters.
    Hydt und sein Komplize standen am Eingang einer Sonderausstellung des Museums. Bond atmete langsam aus. Endlich war alles klar. Der Titel der Ausstellung lautete »Tod im Sand«. Auf einem Plakat am Eingang stand zu lesen, dass Archäologen im letzten Herbst ein tausend Jahre altes Massengrab gefunden hatten. Es lag unweit der Liwa-Oase in Abu Dhabi, etwa hundert Kilometer landeinwärts vom Persischen Golf. Ein ganzer arabischer Nomadenstamm, insgesamt zweiundneunzig Personen, war angegriffen und niedergemetzelt worden. Unmittelbar nach dem Kampf hatte ein Sandsturm die Leichen unter sich begraben. Dank des heißen trockenen Sands waren die Toten perfekt erhalten geblieben.
    Die Ausstellung präsentierte die ausgedörrten Körper nun exakt so, wie man sie vorgefunden hatte, inmitten einer Nachbildung des Dorfes. Wie es schien, wurden die Leichen den normalen Besuchern weitgehend verhüllt präsentiert. Die heutige Veranstaltung um neunzehn Uhr – zu der nur Männer zugelassen waren –, richtete sich an ein wissenschaftliches Publikum. Die Toten würden unverhüllt sein. Al-Fulan hatte Hydt eine Karte besorgen können.
    Bond hätte beinahe laut aufgelacht. Er war zutiefst erleichtert. Im heiklen Spionagegeschäft kommen Missverständnisse – und sogar totale Fehleinschätzungen – durchaus häufiger vor. Pläne und deren Durchführungen basieren mitunter nur auf bruchstückhaften Informationen. Und die Ergebnisse derartiger Fehler fallen oft katastrophal aus. Bond konnte sich an keinen einzigen Fall erinnern, bei dem das genaue Gegenteil eingetroffen wäre, so wie hier, wo eine vermeintlich drohende Tragödie sich als eine harmlose Kulturveranstaltung erwies. Sein erster Gedanke war, dass er sich schon darauf freute, diese Geschichte Philly Maidenstone zu erzählen.
    Das Hochgefühl legte sich jedoch, als ihm klar wurde, dass er um ein Haar die ganze Mission zum Scheitern gebracht hätte, und das wegen neunzig Leuten, die seit tausend Jahren tot waren.
    Ein Blick in den großen Ausstellungsraum ließ ihn allerdings sogleich wieder ernst werden. Er sah eine Momentaufnahme des Todes. Einige der Leichen besaßen noch einen Großteil ihrer ledrigen Haut. Andere waren überwiegend skelettiert. Emporgereckte Hände schienen ein letztes Mal um Gnade zu flehen. Ausgezehrte Mütter hielten ihre Kinder im Arm. Leere Augenhöhlen, Finger dünn wie Zweige. Die Zeit und der Zerfall hatten so manchen Mund zu einem grauenhaften Lächeln verzerrt.
    Bond achtete auf Hydts Gesicht. Er starrte die Opfer an. Er war verzückt; in seinen Augen funkelte eine fast sexuelle Lust. Sogar al-Fulan schien von dieser Zurschaustellung offensichtlichen Vergnügens unangenehm berührt zu sein.
    Ich habe noch nie gehört, dass jemand so freudig über die Aussicht auf einen Mord spricht

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