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Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte

Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte

Titel: Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Vázquez Montalbán
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genauso gelähmt wie ihre Augen. In diesem Moment klingelt es an der Tür, und Carvalho sieht sich gezwungen, das Wohnzimmer zu verlassen, um Fuster zu öffnen, ein paar Floskeln über den lästigen Regen auszutauschen, ihn der Anthropologin vorzustellen, Getränke zu reichen und zu hoffen, dass die Argentinierin und sein Nachbar aus Castellón das aufeinander abstimmen, was der Eierkopf Lifante so sehr mochte – ihre Zeichensysteme. Carvalho lehnt sich aus dem Fenster und sieht zu, wie der Regen auf die Stadt fällt und sich die Wassermassen ein Duell mit den Hochhäusern der Villa Olímpica liefern, gleich neben der Lache des grauen, vergeblich vom Regen gewaschenen Meeres.
    Â»Wisst ihr, warum ich so gern aus dem Fenster schaue? Wir mediterranen Menschen lieben Balkone, Terrassen, Fenster, wir sind gerne draußen.«
    Â»Was mich viel mehr interessiert, ist das Rezept für dieses Lamm à la Languedoc.«
    Fusters Bemerkung reißt ihn vom Fenster weg, und er wendet sich wieder seinen Gästen zu. Dorotea hält ein alkoholfreies Getränk in der Hand und macht jedes Mal ein nostalgisches, leidendes Gesicht, wenn sie sich dafür rechtfertigt, warum sie keinen Alkohol trinkt – und eine Rechtfertigung hält sie bei jedem Schluck für angebracht. Wie jeder in ihrer Generation habe sie zu viel getrunken, das sei alles. Jetzt wartet sie auf die Erklärungen des Gastgebers, auch wenn sie ihn im Verdacht hat, dass es sich bei seinem kulinarischen Wissen lediglich um einen Bluff handelt.
    Â»Soweit ich weiß, ist Lamm mit Kapernsoße ein Rezept aus dem Languedoc, auch wenn es ebenso gut ein italienisches oder sogar spanisches sein könnte, vorausgesetzt, wir Spanier könnten etwas mehr mit Lämmern anfangen, als sie über Holzkohle zu verkokeln oder so lange an den Drehgrill zu spießen, bis ihnen schwindelig wird. Man muss das Lamm zerteilen, wobei man vorzugsweise die Vorderoder Hinterhaxen nimmt. Als Nächstes brät man ein paar Schalotten kurz in Gänsefett an oder – falls man tierisches Fett ablehnt – in etwas Öl, gewürzt mit einer Messerspitze Gänsefett. Anschließend nimmt man die Schalotten heraus und sautiert das Fleisch in aromatisiertem Öl, gibt Knoblauch, Petersilie und die Schalotten dazu, bestäubt das Ganze mit ein wenig Mehl, würzt es mit Salz und Pfeffer und gießt Weißwein in einer dem Fleisch angemessenen Menge darüber. Wenn man später noch etwas mehr Wein nachgießen muss, ist das nicht weiter schlimm, Hauptsache, man ertränkt das Gericht nicht in Alkohol. Je nachdem, wie still das Tier ist, wie lange das Fleisch schweigt, beträgt die Kochzeit zwischen einer halben und einer Stunde. In der Zwischenzeit bereitet man ein Püree aus Sauerampfer und Spinat zu. Wer keinen Sauerampfer zur Hand hat wie in meinem Fall, kann auch nur Spinat nehmen. Dann gibt man die Bratensoße und drei bis vier Esslöffel Kapern zu dem Püree, ganz nach Geschmack der Gäste. Zum Schluss wird das Lamm getrennt von der Kapernsoße serviert. Mögt ihr Kapern?«
    Â»Ich liebe Kapern.«
    Â»Die Kaper ist eine der bescheidensten Früchte der Erde, und eingelegt entwickelt sie einen einzigartigen Geschmack. Nichts schmeckt so wie Kapern. Nur die Kaper selbst.«
    Fuster ist nicht ganz einverstanden. Seiner Meinung nach ist die Kaper eine Frucht für Salate, und wenn sie gelegentlich in die spanische Küche Eingang gefunden habe, dann sei dies ausschließlich dem italienischen Einfluss geschuldet. Dem mediterranen, stellt Carvalho richtig, denn sowohl auf Mallorca und Menorca als auch in Murcia sei die Kaper etwas mehr als eine bittere Note im Salat.
    Â»
Ieiunus raro stomachus vulgaria temnit
. Ein nüchterner Magen verschmäht auch Gewöhnliches nicht«, erklärte Fuster geringschätzig.
    Das Gericht rief begeistertes Händeklatschen bei Dorotea hervor. Sie aß gewöhnlich alles, denn warum sollte sie als alleinstehende Frau auch kochen? Als sie das Essen so übertrieben lobte, entschlüpfte ihr die wohlklingende Sprechweise aller Snobs dieser Welt, mit Vokalen, die es leid waren, ständig das Gewicht der Konsonanten ertragen zu müssen.
    Â»Marqués de Griñón? Trinken Sie diesen Wein, weil Sie ein Faible für den Adel haben?«
    Â»Nein, Señora. Ich trinke diesen Cabernet Sauvignon Marqués de Griñón, weil der werte Herr Marquis Frau

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