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Cash

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Titel: Cash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Price
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vierundvierzig noch immer als Strafe empfand, nachts die Augen zu schließen, der wie jeder Kollege gern undeklariertes Kleingeld anfasste und der Entstehung von Drinks zusah, die er wohl zuletzt im Stork Club gesehen hatte.
    Und jetzt, da der Einsatz vorbei war, der einzige Trost an seinem letzten Abend die unverhoffte Verletzung der Hände-weg-von-den-Mixologinnen-Regel - unverhofft, weil sie angefangen hatte: eine Neue, groß, dunkel und launisch wie ein langer Rauchkräusel, die ihn den ganzen Abend beäugt und ihm, wenn der Kindskönig nicht hinsah, Proben über den Tresen zugeschoben und schließlich zu ihrer Drei-Uhr-Pause ein Zeichen gegeben hatte, Matty ihr hinterher durch den Lieferanteneingang in den verborgenen, von Mietshäusern eingefassten Hof. Nachdem er ihren Joint ausgeschlagen und ihr ein paar Züge lang zugesehen hatte, war sie einfach auf ihn gesprungen, Arme um seinen Nacken, Beine um seine Hüften geklammert, und er hatte losgelegt, mehr aus Zugzwang und zur Entlastung des Rückens denn aus Leidenschaft, und sie gegen die Backsteinmauer gerammt. Sie war gut und gern fünfzehn Jahre jünger als er, aber er konnte sich nicht mal genug entspannen, um das zu genießen, um sie zu erkunden, es ging nur ums Springen, Hieven, Rammen, bis sie zu seinem Schrecken anfing zu weinen, worauf er sie zarter rammte und sie auf der Stelle austrocknete. »Was soll das?«
    »Entschuldigung.« Wieder heftiger, als würde er eine Anrichte verrücken: Hier, Lady? So, Lady? Aufreibender Sex, kein großer Spaß, aber immerhin Sex. Außerdem wirkte sie wieder glücklich, weinte wieder.
    Also.
    Zum Anruf der Nachtschicht...
    Er konnte den ersten Angriff ihnen überlassen bis zu seiner Schicht um acht oder jetzt dazustoßen; Matty entschied sich für jetzt, denn die Bar war so nah am Tatort, dass er das gelbe Flatterband von hier aus sehen konnte. Wozu für ein paar Stunden nach Hause fahren?
    Außerdem waren seine Söhne einige Tage bei ihm, und die mochte er nicht besonders.
    Zwei waren es: einer, den er bei sich immer den Großen nannte, ein Arschloch von einem Kleinstadtbullen oben in Lake George, wohin seine Exfrau nach der Scheidung gezogen war, und der jüngere, den er natürlich den Anderen nannte, ein stiller Teenager, der noch Windeln getragen hatte, als sie sich trennten. Matty war bestenfalls ein gleichgültiger Vater, konnte aber nicht dagegen an, und die Jungs waren ihrerseits so konditioniert, ihn als entfernten Verwandten in New York City zu betrachten, irgendso einen Typen, der von Bluts wegen verpflichtet war, sie hin und wieder bei sich übernachten zu lassen.
    Hinzu kam, dass seine Exfrau ihm vor ungefähr einem Monat telefonisch mitgeteilt hatte, der Andere verticke höchstwahrscheinlich in seiner Highschool Gras. Als Matty daraufhin den Großen in seiner Polizeiwache angerufen und der ein bisschen zu schnell »Ich kümmere mich drum« gesagt hatte, wusste er, dass die beiden unter einer Decke steckten, und ließ es auf sich beruhen.
    Lieber weiterarbeiten ...
    Als er um 4.35 Uhr, zwanzig Minuten nach dem Anruf, am Tatort ankam, war es noch dunkel, auch wenn in einem nahen Bäumchen der erste Vogel des Tages vor sich hin zwitscherte und die uralten Dächer der Mietshäuser in der Eldridge Street sich langsam vom Himmel abhoben.
    Unmittelbar unter der Straßenlaterne vor dem Haus stand eine gelbe Spurentafel neben einer verschossenen Patronenhülse, Matty tippte auf eine 22er oder 25er, aber die beiden Männer waren weg: Einer war mit dem Krankenwagen weggeschafft worden und hatte ein fast acrylgrelles Blutrinnsal hinterlassen, das auf die Bordsteinkante zuschlängelte; der andere stand jetzt da mit alkoholverdrehten Augenlidern und kotzte ein paar Häuser weiter südwärts über die Veranda-Verschalung. Ein Uniformierter stand als Babysitter dezent vor dem Wind und rauchte eine Zigarette.
    Matty hatte seine Außenverbrechen am liebsten in den Morgenstunden, weil die unheimliche Ruhe der Straße einen intimeren Dialog mit dem Tatort gestattete; und so sinnierte er nun über die Patronenhülse, 22er oder 25er, und dachte, Amateure, 4.00 Uhr morgens, die Desperadostunde, Schütze oder Schützen jung, womöglich Junkies auf der Suche nach ein paar Scheinen, wollten diesen Scheiß gar nicht benutzen, jetzt bunkern sie sich eine Weile ein, sehen sich an, »Mann, haben wir gerade ...«, schütteln es ab, bedröhnen sich, holen sich Nachschub, und Matty sagte sich, mal sehen, wer gerade raus ist, mit

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