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Cash

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Titel: Cash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Price
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sollst das Ding ja nicht benutzen, Mann.« Er knallte es ihm in die Hand. »Bloß zeigen.«
    Tristan wollte die Waffe eigentlich zurückgeben, aber dann lag sie in seiner Hand, wohlig und schwer.
    »Nee, Mann, das tut dir gut«, sagte Little Dap, »Gangster, verstehst du? Erste Mal ist wie erster Sex, machst es halt, ums hinter dich zu bringen, danach kannst du dran arbeiten, und dann macht es Spaß.«
    »Ist gut.« Tristan starrte die ganze Zeit nur auf das Ding in seiner Hand. »Darf ich dich was fragen?«
    Little Dap wartete. Und wartete.
    »Was ist denn dieser Scheißspecht?«
    »Ein Specht? Soldat-Partner-Knecht.«
    »Okay.«
    »Okay?«
    »Okay.« Grinsen. Grinsen.
    »Du bist jetzt drin, Alter.« Little Dap sah zu, wie Tristan die Waffe ansah. »Bewährungsprobe.«
     

2 Lügner

    Erste am Tatort um 4.00 Uhr früh am Ende einer Doppelschicht war Lugos Lebensqualität, noch immer im Pseudotaxi beim Durchkämmen des Viertels, seit 1.00 Uhr allerdings als Leihgabe für die AntiGraffiti-Einsatztruppe mit einem frisch installierten Laptop auf dem Armaturenbrett, wo nonstop eine Diashow bekannter Tagger aus der Gegend lief.
    In dieser geisterfrühen Stille fanden sie zwei himmelwärts blickende Männer unter einer Straßenlaterne vor der Eldridge Street 27, einem alten fünfstöckigen Mietshaus. Als sie vorsichtig aus dem Taxi stiegen, kam plötzlich ein Weißer mit irrem Blick aus dem Haus auf sie zugestürzt, in der rechten Hand etwas Silbriges. Vollgepumpt mit Adrenalin zogen sie ihre Waffen, und als der Mann vier Pistolen auf seine Brust zielen sah, segelte das Handy geradewegs durch die Fensterscheibe des angrenzenden Sanaa; binnen Sekunden platzte einer der jemenitischen Brüder aus dem Laden, eine abgesägte Fischkeule über der linken Schulter wie einen Baseballschläger.
     
    Um 4.15 Uhr bekam Matty Clark einen Anruf von Bobby Oh von der Nachtschicht: tödliche Schießerei in Ihrem Revier, dachte, vielleicht interessiert es Sie, just zum Abschluss seines letzten Wacheinsatzes - Mitternacht bis vier, drei Tage die Woche - in einer schlanken Bar in der Chrystie Street, ohne Schild, ohne Telefonnummer, mit Kundschaft »nur nach Vereinbarung«, die durch eine schmale, ramponierte Tür von diesem düsteren Abschnitt einer überwiegend von Chinesen bevölkerten Seitenstraße hereingesummt wurde; einzelfassgereifter Cruzan Rum, Absinth und Cocktails mit geriebenem Ingwer oder brennenden Zuckerwürfeln die Spezialitäten des Hauses.
    Matty war ein rotblonder Ire mit kantigem Kinn und der Figur eines alternden Highschool-Fullbacks, hängeschultrig und kompakt, dessen niedriger Körperschwerpunkt trotz seiner Massigkeit den Eindruck erweckte, als würde er gleiten statt gehen. Wenn man ihn was fragte, verengten sich seine ohnehin schmalen Augen zu Schlitzen, und seine Lippen verschwanden ganz, als wäre Sprechen oder auch nur Denken ein schmerzhafter Prozess. Dadurch wirkte er auf manche etwas langsam, auf andere wie ein mürrischer Hitzkopf; er war weder das eine noch das andere, wobei er in der Regel gewiss kein großes Bedürfnis verspürte, seine Gedanken zu verbalisieren.
    Es gab keinen einzigen Abend in seiner Zeit im No Name, an dem er nicht der älteste Mensch im Raum war. Der Barkeeper/Besitzer mit dem Kindergesicht: Josh, wie ein verkleideter Zwölfjähriger mit Ärmelschonern, Hosenträgern und pomadegescheiteltem Topfschnitt, aber so ernst bei der Sache wie ein Kinsey-Forscher, der über jeden Drink zunächst mit Kinngrübeln sinnierte und schließlich mit einem Hinweis an seine ebenso jungen Kunden versah: »Heute Abend bieten wir ...« Im gesamten klapperdürren Etablissement der Geruch nach Teelichtern, der einzigen Lichtquelle, der Geruch nach Besonderheit ...
    Obwohl die Kundschaft hauptsächlich aus den Eloi der Lower East Side und Williamsburg bestand, war in einen Vorfall vor einem Monat ein schwermetalliger Trupp von Bronx-Morlocken verwickelt gewesen, die davon sprachen, wiederzukommen und den Schuppen hochgehen zu lassen. Umgehend war durch die Vermittlung eines Ex-Bullen ein Treffen anberaumt worden zwischen dem Besitzer und Matty, dessen inoffizieller Auftrag der letzten Wochen darin bestanden hatte, still in der kerzenschummrigen Ecke zu sitzen, Geschmack an knisternden Edith-Piaf-Aufnahmen zu finden, sich nicht an die seidigen Mixologinnen ranzumachen und sich nicht zu sehr verbeulen zu lassen, sollte es tatsächlich rundgehen. Es war ein Spaziergang, zumal für jemanden, der es mit

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