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Cash

Cash

Titel: Cash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Price
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Bewährungshelfern sprechen, mit den Kollegen von der Siedlung, Drogenplätze aufsuchen, Dealer.
    Nazir, einer der beiden Jemeniten, die rund um die Uhr den Minimarkt betrieben, war wieder im Laden und saß trübe hinter seiner frisch zertrümmerten Schaufensterauslage von katerdezimierenden Pharmazeutika, die selten genutzten Rollläden waren auf Geheiß der Kollegen, wie Matty vermutete, über der schmalen Tür heruntergezogen.
    Er zählte sechs Uniformen, vier Sweatshirts, aber keine Sportjacken. Dann kam Bobby Oh, der Nachtschichtleiter, der ihn angerufen hatte, aus dem Hausflur der Eldridge Street 27. »Ganz allein?«, fragte Matty kopfschüttelnd.
    »Werd heute Nacht gezogen wie eine Klaviersaite«, antwortete Bobby - ein kleiner, drahtiger Koreaner mittleren Alters, stets geschäftig mit hektischem Blick. »Barschießerei in Inwood, Vergewaltigung in Tudor City, Fahrerflucht in Chelsea ...«
    »... Pfadfinder vermissen ein Kind, Chruschtschow wird in Idlewild erwartet...«
    »... und ein Bulle oben in Harlem mit einer Murmel ausgeknockt.«
    »Mit einer was?« Matty suchte die Straße nach Überwachungskameras ab.
    »Der Typ war Lieutenant.« Bobby zuckte die Schultern.
    »Also, was ist passiert.« Er zog einen Stenoblock aus seiner Innentasche.
    »Folgendes ...« - Bobby blätterte in seinem Block - »drei Weiße sind ein paar Stunden um die Häuser gezogen, letzte Station Cafe Berkmann in der Rivington Street Ecke Norfolk, von dort westlich auf der Rivington, dann südlich auf der Eldridge, werden vor der Siebenundzwanzig hier von zwei Männern, schwarz und/oder Hispanic, angehauen, einer zieht eine Waffe und sagt: »Ich will alles.« Einer, unser Zeuge Eric Cash, Hand auf der Brieftasche, ergibt sich, der zweite, Steven Boulware« - Bobby deutete mit dem Stift auf den Mann, der gekotzt hatte und sich nun selbst umschlang - »ist so zugeballert, dass er gleich mal ein Nickerchen auf dem Gehweg abhält, aber der Dritte, Isaac Marcus? Baut sich vor dem Schützen auf und sagt - Zitat: >Heute nicht, mein Freund. <«
    »>Heute nicht, mein Freund.<« Matty schüttelte verwundert den Kopf.
    »Mündlicher Selbstmord. Jedenfalls, ein Schuss« - er deutet mit dem Stift auf die Patronenhülse neben der gelben Tafel - »Volltreffer ins Herz, Schütze und Partner ab ostwärts auf der Delancey.«
    Ostwärts auf der Delancey: Matty betrachtete flüchtig die beiden Möglichkeiten, die diversen Siedlungen dort oder die U-Bahn, die Lower East Side war zu isoliert, zu verschlungen außer für Jugendliche aus den hiesigen Siedlungen oder die Brooklyn-Klientel, die gern zwischen hüben und drüben pendelte.
    »Lebensqualität kommt fünf Minuten später, eine drauf der Wagen vom Gouverneur Hospital. Marcus war auf der Stelle tot, habe mit dem Doc persönlich gesprochen.«
    »Name?«
    Bobby konsultierte seine Notizen. »Prahash. Samram Prahash.«
    »Notrufe?«
    »Nichts.«
    Matty suchte, wenig hoffnungsvoll, weiter nach Überwachungskameras, äugte zu den Fenstern der Mietshäuser, fragte sich, wie viel Hausbefragung, wenn überhaupt, er geschafft kriegte, bevor um acht die Streife kam. Trotz der geisterfrühen Stunde war die Ecke belebt, kreuzten sich hier die Wege zweier Menschengruppen: der letzten jungen Gäste aus den Lounges und Musikbars, die ebenso auf dem Nachhauseweg waren wie das Opfer und seine Freunde, und der Oldtimer aus der Zeit vor der großen Landnahme, der Chinesen, Puerto-Ricaner, Dominikaner und Bangladeschi, die gerade ihren Tag begannen, entweder auf den verwitterten Steinfensterbänken lehnten oder zur Arbeit gingen. Viele Kids blieben auf ihrem Heimweg an der Absperrung stehen, die Oldtimer schienen den Tatort hingegen kaum zu bemerken, am wenigsten die Illegalen unterwegs zum Großmarkt, zu den Restaurants und Fabriken der Stadt.
    Der Himmel wurde beinahe unmerklich heller, und die Vögel setzten jetzt ernsthaft ein, rasten zu Dutzenden im Tiefflug von Baum zu Baum über den Tatort, als würden sie Perlen aufziehen.
    Matty nickte Nazir in seiner Quarantäne zu, während der Mann sich vor Frust selber schlug, denn normalerweise kamen um diese Zeit sowohl die Kids zum Ausklang und die Arbeiter zum Auftakt ihres jeweiligen Tages herein, um seinen Badewasserkaffee und ein Brötchen mitzunehmen.
    »Irgendjemand mit unserem Naz hier gesprochen?«
    »Dem Araber? Ja, ich. Nichts gesehen, nichts gehört.«
    Dann deutete Matty auf den sabbernden Trunkenbold auf der Verandaecke. »Boulware sagten Sie, ja? Warum ist

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