Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
verkündet: »Der letzte Stein wurde geworfen.«
Es ist unübersehbar, dass Oker gewonnen hat. In seinem Trog sind weit mehr Steine als in Leynas. Aber noch verkündet Colin nicht seinen Sieg. Stattdessen tritt er zurück, und die Farmer nähern sich mit Wassereimern den Trögen. Ihre Arme sind mit blauen Linien bedeckt. Anna folgt ihnen.
»Die Farmer stimmen auch mit Steinen ab«, flüstert mir Eli zu, »aber sie benutzen außerdem Wasser. Die Dorfbewohner haben das in ihre Zeremonie aufgenommen.«
Anna stellt sich vor die Menge und spricht: »Im Andenken an die Fluten, die unser Dorf in den Canyons durchspült haben, verleihen wir dem Wasser die Kraft unserer Entscheidung.«
Gleichzeitig leeren die Farmer die Eimer in beide Tröge.
Das Wasser rauscht machtvoll hinein, und kleine Wellen schwappen über die Steine am anderen Ende der Tröge. Sogar Okers Trog verliert ein wenig, doch er enthält die meisten Steine und am Ende auch das meiste Wasser.
Colin spricht: »Die Wahl ist entschieden. Wir werden Okers Heilmittel zuerst ausprobieren.«
So schnell wie das Wasser durch die Steine sickert, schlüpfe ich durch die Menge und renne zur Krankenstation, um Ky vor dem Experiment mit dem Heilmittel zu beschützen.
Als ich die Tür zur Station aufstoße, bleibe ich überrascht stehen. Es regnet – hier drinnen? Ich höre Geräusche, als würde Wasser auf die Bodendielen tropfen.
Alle Infusionsbeutel sind von den Schläuchen abgezogen worden, und ihr Inhalt träufelt auf den Boden.
Alle, nicht nur der von Ky! Ich laufe sofort zu ihm. Er holt flach und röchelnd Luft.
Der Schlauch wurde von der Infusionsnadel abgezogen und ordentlich über dem Tropfständer aufgerollt. Heraus tropft Flüssigkeit. Tropf. Tropf. Tropf.
Immer das gleiche Geräusch. Bei allen! Im ersten Moment bin ich ratlos. Wo sind die Medics, die Schwestern? Sind sie alle zur Abstimmung gegangen? Ich weiß nicht, wie ich Kys Infusion wieder anschließen soll!
Ich nehme eine Bewegung am anderen Ende des Raumes wahr und drehe mich um. Es ist Hunter, hinten bei den Patienten, die der Steuermann zuerst ins Dorf gebracht hat. Dort steht er, ragt als düsterer, regloser Schatten empor. »Hunter!«, sage ich und gehe auf ihn zu. »Was ist denn passiert?«
Ich höre jemanden an der Tür hinter mir und drehe mich um.
Anna.
Sie bleibt einige Schritte von mir entfernt stehen und starrt Hunter voller Entsetzen an. Er hält ihrem Blick stand, und aus seinen Augen spricht größter Schmerz.
Dann sehe ich, dass die beiden Medics seltsam verkrümmt neben ihm auf dem Boden liegen. Sind sie tot?
»Du hast versucht, sie alle umzubringen!«, werfe ich Hunter vor, doch kaum habe ich die Worte ausgesprochen, weiß ich schon, dass ich unrecht habe. Wenn er sie hätte töten wollen, hätte er reichlich Gelegenheit dazu gehabt, während wir alle bei der Wahl waren.
»Nein«, erwidert er, »ich wollte nur Gerechtigkeit. Gleiche Chancen für alle.«
Ich verstehe nicht, was er meint. Ich dachte, ich könne ihm vertrauen, aber ich habe mich getäuscht. Hunter sinkt auf einen Stuhl und legt den Kopf in die Hände. Ich höre Annas Schluchzen und das Tropfen der sich leerenden Beutel.
»Halte ihn bitte von Ky fern«, verlange ich schroff. Sie nickt. Hunter ist viel stärker als sie, wirkt aber vollkommen gebrochen. Ich weiß nicht, wie lange das anhält, doch ich muss Hilfe für die Patienten holen. Ich brauche Xander!
Er und Ky sind die einzigen Menschen, denen ich vertrauen kann. Wie konnte ich das vergessen?
Kapitel 41
Xander
Im Labor schließt Oker die Tür hinter uns und sagt: »Ich muss dich um etwas bitten.« Dabei hängt er sich dieselbe Tasche über die Schulter, die wir zum Sammeln der Camassia-Zwiebeln benutzt haben.
»Wohin gehen Sie?«
Oker blickt zum Fenster hinaus. »Ich muss los, solange alle noch abgelenkt sind.«
»Augenblick«, sage ich. »Soll ich Ihnen denn nicht helfen?« Er kann nicht allein die Zwiebeln ausgraben. Hat er das vielleicht vor?
»Nein, du musst hierbleiben«, erwidert Oker. Er greift in seine Jackentasche und holt den Bund mit den Schlüsseln zu den Schränken heraus, in denen er die Camassia-Arznei eingeschlossen hat. »Zerstöre alle Arzneien. Ich hole etwas anderes, das wir benutzen werden.«
»Sie haben doch die Wahl gewonnen«, wende ich ein.
»Dieses Heilmittel ist wirkungslos«, behauptet Oker. »Doch jetzt weiß ich, was wirklich helfen wird.«
»Aber deswegen müssen wir doch nicht alles andere vernichten«,
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