Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
Lächeln, es ist schwer zu sagen. Seine Haut spannt sich eng über seine alten, scharf hervortretenden Knochen.
»Nein! Nein!«, stoße ich hervor. Ich bücke mich und berühre ihn. Kein Hauch kommt aus seinem Mund, und als ich das Ohr an seine Brust lege, höre ich keinen Herzschlag, obwohl er noch warm ist. »Oker!«, flüstere ich und blicke in seine offenen Augen. Dann sehe ich, dass eine seiner Hände vom Schlamm beschmutzt ist. Warum?, frage ich mich unwillkürlich, und dann erkenne ich, dass er etwas in die feuchte Erde geritzt hat, ein Bild, das mir bekannt vorkommt.
Es sieht aus, als hätte er seine Knöchel dreimal in den Matsch gedrückt und dabei eine Art Stern gezeichnet.
Ich sinke nach hinten auf die Fersen, die Knie schlammverschmiert, die Hände zitternd. Ich kann nichts mehr für ihn tun. Wenn irgendjemand Oker helfen kann, dann ist es Xander.
Ich stehe auf und lege stolpernd die letzten Schritte zum Labor zurück. Im Stillen flehe ich: Xander, Xander, bitte sei da!
Die Tür ist abgeschlossen. Ich hämmere wie wild dagegen und rufe seinen Namen. Als ich einen Augenblick innehalte, höre ich auf der anderen Seite des Hauses die Dorfbewohner kommen. Haben sie meine Schreie gehört?
»Xander!«, rufe ich erneut, und er öffnet die Hintertür.
»Ich brauche dich!«, schluchze ich. »Oker ist tot. Und Hunter hat allen Kranken die Infusionen abgezogen!« Ich setzte zu einer näheren Erklärung an, doch da kommen Leyna und die anderen um die Ecke und bleiben entsetzt stehen.
»Was ist passiert?«, fragt Leyna mit Blick hinunter auf Oker. Ihr Gesichtsausdruck verändert sich nicht, und ich verstehe, warum: Das geht über ihren Verstand. Oker kann nicht tot sein!
»Sieht aus, als hätte er einen Herzinfarkt gehabt«, meint einer der Medics mit aschfahler Miene und kniet sich neben Oker in den Matsch. Mit Beatmung und Herzmassage versuchen die Mediziner, Oker wiederzubeleben, aber vergeblich.
Leyna kniet daneben und wischt sich mit dem Handrücken über die Augen. Auch sie ist ganz schlammverschmiert. Sie nimmt Oker die Tasche ab und durchsucht sie, findet aber nur eine schmutzige Schaufel und etwas trockene Erde. »Was hatte er denn vor?«, fragt sie Xander.
»Er wollte auf die Suche nach etwas gehen«, erklärt Xander. »Wonach, hat er mir nicht verraten, und ich durfte ihn auch nicht begleiten.«
Einen Moment lang herrscht absolutes Schweigen. Alle starren Oker an. »Die Patienten in der Krankenstation«, sage ich in die Stille hinein. »Keiner hängt mehr am Tropf, alle Schläuche sind abgezogen.«
Der Medic neben Oker hebt den Blick und fragt: »Ist jemand gestorben?«
»Nein, bis jetzt nicht. Aber ich weiß nicht, wie man die Infusionsbeutel wieder anschließt. Bitte kommen Sie schnell! Aber nehmen Sie jemanden mit, denn die anderen Medics sind niedergeschlagen worden!«
Colin gibt einigen Männern ein Zeichen, und sie machen sich zusammen mit dem Medic auf den Weg. Leyna bleibt zurück und starrt Xander an, mit demselben ausdruckslosen Gesicht, mit dem sie auch Oker angesehen hat.
Ich würde am liebsten sofort wieder zurück zu Ky rennen, aber irgendwie beschleicht mich das beängstigende Gefühl, dass Xander momentan in größerer Gefahr schwebt und ich ihn nicht allein lassen darf.
»Noch ist nicht alles verloren«, sagt Leyna. »Oker hat uns das Heilmittel hinterlassen.« Fast muss ich lachen; eine vollkommen unpassende Reaktion. Gerade eben noch haben wir gegen Leyna und für Oker abgestimmt, und jetzt ist Leyna überzeugt, dass wir Okers Weg einschlagen sollten. Durch seinen Tod hat sie ihre Meinung geändert.
Ich muss herausfinden, was mit Xander geschehen ist, was Ky heilen kann, warum Hunter die Patienten abgekoppelt hat und was Oker uns mit dem Stern sagen wollte, den er in den Matsch gedrückt hat. Leider haben die Dorfbewohner den Boden um seine Leiche zertrampelt, und niemand außer mir hat sein Zeichen bemerkt.
»Komm, wir holen das Heilmittel«, sagt Leyna zu Xander. Ich nehme ihn an der Hand und halte ihn ganz fest, während wir das Labor betreten. Er lässt meine Berührung zu, aber irgendetwas stimmt nicht. Er erwidert den Druck meiner Hand nicht so wie sonst, und seine Muskeln sind angespannt.
»Was hast du getan?«, fragt Leyna. Zum ersten Mal, seitdem ich sie kennengelernt habe, klingt ihre Stimme verzagt. Und schockiert.
»Oker hat mir aufgetragen, sie zu vernichten«, erklärt Xander.
Das Waschbecken ist voller leerer Ampullen.
»Oker hat gesagt, er hätte
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