Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
zurück bin!«
Sie nicken. Oker nimmt den Schlüssel wieder von mir entgegen, und erst dann brechen wir auf und folgen Leyna zur Krankenstation, um die sich bereits eine Menschenmenge versammelt hat. Sie teilt sich, um Leyna und Oker durchzulassen. Ich folge ihnen, tue einfach so, als gehörte ich dazu, und wieder einmal habe ich Glück, denn niemand hält mich zurück und fragt, was ich hier zu suchen hätte. Wenn man mich fragte, würde ich einfach die Wahrheit sagen: dass ich meinen wahren Steuermann gefunden habe und ihm nicht von der Seite weichen werde, bis wir ein Heilmittel gefunden haben.
Kapitel 38
Cassia
Ich war in der Krankenstation, als der erste Patient starb.
Es war kein leichter Tod. Und kein leiser.
Ich hörte aufgeregte Stimmen am anderen Ende der Station. »Akute Pneumonie«, sagte einer der Dorfmedics zum anderen. »Auf beiden Lungenflügeln.« Ein Vorhang wurde zurückgezogen, und alle liefen zusammen und versuchten, den Patienten zu retten, der schrecklich rau und rasselnd nach Luft rang. Dann hustete er, und ein Schwall Blut kam aus seinem Mund. Ich sah es, obwohl ich ziemlich weit entfernt war. Hellrot ergoss es sich über die schneeweißen Laken.
Das Personal war zu beschäftigt, um auf mich zu achten und mich wegzuschicken. Ich wäre am liebsten geflüchtet, wollte Ky aber nicht allein lassen und ihn den Geräuschen der Notfallmaßnahmen und seines eigenen rasselnden Atems aussetzen.
Ich kauerte mich also vor Ky zusammen, hielt ihm ein Ohr zu und sang in das andere hinein. Ich wusste vorher nicht mal, dass ich das kann.
Ich singe ihm noch immer vor, als Leyna mit Oker und Xander eintrifft. Ich muss weitersingen, denn inzwischen hat ein zweiter Patient einen Erstickungsanfall erlitten.
Einer der Dorfmedics geht auf Oker zu und schleudert ihm Vorwürfe ins Gesicht: »Das ist Ihre Schuld! Sie haben sie bei Bewusstsein gelassen! Kommen Sie mit und sehen Sie es sich an! Er weiß genau, was mit ihm geschieht, das sieht man an seinem Blick!«
»Er ist aufgewacht?«, fragt Oker und klingt tatsächlich aufgeregt! Mir wird schlecht.
»Nur so weit, um mitzubekommen, dass er stirbt«, erwidert der Medic. »Geheilt ist er nicht.«
Xander bleibt stehen, geht neben mir in die Hocke und fragt: »Alles okay bei dir?«
Ich nicke und singe weiter. Er kennt mich gut genug, um meinen Augen anzusehen, dass ich nicht verrückt geworden bin. Er berührt mich ganz kurz am Arm, richtet sich auf und gesellt sich zu Oker und den anderen am Bett des Sterbenden.
Ich verstehe, dass Xander sich den Kranken ansehen muss. Außerdem hat er in Oker seinen Steuermann gefunden. Wenn ich mir jemanden aussuchen könnte, würde ich Anna wählen.
Doch ich weiß jetzt, dass wir nicht auf einen wundersamen Retter von außerhalb hoffen können. Wir müssen selbst dafür sorgen, dass wir nicht untergehen. Es kann nicht den einen, allmächtigen Steuermann geben. Wir müssen stark genug sein, um ohne den Glauben daran zu leben, dass jemand vom Himmel herunterkommt, um uns zu helfen. Ich denke an Großvater.
Er fragt: »Erinnerst du dich daran, was ich dir einmal über die grüne Tablette gesagt habe?«
»Ja«, antworte ich. Das weiß ich noch ganz genau. »Du hast gesagt, ich sei stark genug, um ohne sie auszukommen.«
»Grünfläche, grüne Tablette«, sagt er und wiederholt, was er damals bereits gesagt hat. »Grüne Augen, grünes Mädchen.«
»Diesen Tag werde ich nie vergessen«, sage ich.
»Aber an heute kannst du dich nicht mehr richtig erinnern«, sagt er mit wissendem, mitfühlendem Blick.
»Stimmt«, sage ich. »Warum nicht?«
Großvater antwortet mir nicht, jedenfalls nicht direkt. Stattdessen sagt er: »Früher gab es einen Ausdruck dafür, wenn man einen Tag nicht vergessen wollte. Man sagte dann: ›Das muss ich mir rot im Kalender anstreichen.‹ Ein roter Tag im Kalender. Kannst du dir das merken?«
»Ich weiß nicht«, sage ich und presse die Hände an den Kopf. Ich fühle mich durcheinander, und mir ist schwindelig. Großvaters Gesichtsausdruck ist traurig, aber entschlossen. Seine Entschlossenheit greift auf mich über.
Ich blicke mich um und betrachte die roten Blüten und Blumen. Dann schlage ich vor: »Wie wäre es, wenn wir stattdessen ›ein Tag im roten Garten‹ sagen würden?«
»Einverstanden«, sagt Großvater. »Ein Tag im roten Garten. Ein denkwürdiger Tag.«
Er neigt sich näher zu mir und fügt hinzu: »Es wird dir schwerfallen, dich daran zu erinnern. Sogar die jetzige
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