Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
sei zu unwahrscheinlich? Vertraute sie auf ihre Unfehlbarkeit und ihre Überzeugung, es könne immer nur einen perfekten Partner für jeden geben?
So viele Fragen, auf die ich womöglich niemals eine Antwort erhalten werde.
Ich möchte meine Mutter nicht überanstrengen, weil sie doch gerade erst erwacht ist, aber sie ist stark. Genau wie mein Vater es war. Ich erkenne jetzt, wie viel Mut es erfordert, sich für das Leben zu entscheiden, das man sich wünscht, wie auch immer es aussehen mag.
»Großvater«, sage ich. »Er war Mitglied der Erhebung. Und er hat die Gesellschaft bestohlen.«
Meine Mutter nimmt die Pflanze von mir an und nickt. »Ja«, bestätigt sie. »Er hat Artefakte von der Restaurationsbaustelle entwendet, auf der er arbeitete. Aber er stahl sie nicht der Gesellschaft oder zum Nutzen der Erhebung. Er tat es aus persönlichen Gründen.«
»War er ein Archivist?«, frage ich besorgt.
»Nein«, antwortet meine Mutter, »aber er hat durchaus mit den Gegenständen gehandelt.«
»Warum?«, frage ich. »Was hat er so sehr begehrt?«
»Es war nicht zu seinem eigenen Vorteil«, berichtigt meine Mutter. »Er hat die Sachen verkauft, um den Anomalien und Aberrationen zur Flucht aus den Provinzen zu verhelfen.«
Kein Wunder, dass Großvater so überrascht reagiert hat, als ich ihm von dem Mikrochip erzählte und davon, dass ich mit einer Aberration gepaart worden war. Er hoffte, sie hätten sich bereits alle in Sicherheit gebracht.
Die Ironie ist nicht zu übersehen. Großvater versuchte diesen Leuten zu helfen, indem er ihnen ermöglichte, die Gesellschaft zu verlassen, während ich sie in den Paarungspool einfließen ließ. Wir beide waren überzeugt, das Richtige getan zu haben.
Sowohl die Gesellschaft als auch die Erhebung hat mich benutzt, als ich praktisch für sie war, und mich fallengelassen, als ich lästig wurde. Großvater dagegen wusste immer, dass ich stark bin, und hat unter allen Umständen an mich geglaubt. Er glaubte, ich käme ohne die grüne Tablette aus und könne trotz der roten Tablette meine Erinnerungen zurückgewinnen. Was er wohl dazu sagen würde, dass ich sogar die blaue überlebt habe?
Kapitel 57
Ky
»Wir haben einen Hinweis«, sagt der Steuermann.
Worauf, brauche ich nicht zu fragen. Ein Hinweis gilt immer einer möglichen Fundstelle der Blume, aus der wir das Heilmittel gewinnen.
»Wo?«, frage ich.
»Ich schicke die Koordinaten«, sagt der Steuermann, und der Drucker im Control Panel spuckt Informationen aus. »In der Nähe einer kleinen Stadt in Sonoma.«
Aus dieser Provinz stammte Indie. »Liegt das am Meer?«, frage ich.
»Nein«, erwidert der Steuermann, »in der Wüste. Aber unsere Informantin war sich ganz sicher. Sie hat sich an den Namen der Stadt erinnert.«
»Und wer ist die Informantin?«, frage ich, obwohl ich glaube, es bereits zu wissen.
»Cassias Mutter«, antwortet der Steuermann. »Sie ist aufgewacht.«
Als ich von Osten her anfliege, sehe ich von oben ausgedehnte Felder außerhalb der Stadt. Sie sind alle umgepflügt. Der Morgentau bedeckt die Äcker, und wenn die Sonne im richtigen Winkel darauf scheint, glitzern sie wie die See.
Ich ermahne mich, meine Hoffnungen nicht zu hoch zu schrauben. Wir haben schon mehrfach geglaubt, Felder der Heilpflanze gefunden zu haben, und dann waren es nur einige wenige Blumen.
Einige Zeilen des Gedichts von Dylan Thomas kommen mir in den Sinn:
Wer seines schwachen Tuns rühmt künftige Pracht
Im Sinken, hätt nur grünes Blühn gedauert,
Im Sterbelicht ist doppelt zornentfacht.
Dies könnte das Sinken herbeiführen – es ist unsere letzte Chance, eine große Anzahl von Kranken zu heilen, bevor sie zu tief versinken. Unser Tun – mein Fliegen, Cassias Datenanalyse und Xanders Heilen – wird entweder künftige Pracht entfalten oder nur ein kurzes, grünes Blühn gewesen sein.
Zwei Luftschiffe stehen neben dem Feld.
Nach außen hin zögere ich nicht und gehe sofort in den Sinkflug. Doch innerlich überkommt mich jedes Mal Misstrauen, wenn ich andere Schiffe warten sehe. Wer fliegt sie? Die Sympathisanten der Gesellschaft verhalten sich augenblicklich ruhig, und der Steuermann und seine Erhebung scheinen wieder fest im Sattel zu sitzen, dank des Heilmittels, das er aus den Bergen mitgebracht hat. Seine Leute sorgen für einen geregelten Ablauf, und unter ihrer Aufsicht werden die letzten Nahrungsmittelreserven verteilt. Diejenigen, die nicht erkrankt sind, bleiben zu Hause, die Resistenten helfen
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