Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
Gesichtsausdruck ist traurig, aber entschlossen. Seine Entschlossenheit greift auf mich über.
Ich blicke mich um und betrachte die roten Blüten und Blumen. Dann schlage ich vor: »Wie wäre es, wenn wir stattdessen ›ein roter Gartentag‹ sagen würden?«
»Einverstanden«, sagt Großvater. »Ein roter Gartentag. Ein denkwürdiger Tag.«
Er neigt sich näher zu mir und fügt hinzu: »Es wird dir schwerfallen, dich daran zu erinnern. Sogar die jetzige Situation wird mit der Zeit verschwimmen. Aber du bist stark. Du wirst dir alles ins Gedächtnis zurückrufen.«
Und das habe ich. Dank Großvater. Er hat den roten Gartentag wie ein Fähnchen an meine Erinnerung geheftet, so wie Ky und ich damals die bruchgefährdeten Bäume auf dem Hügel mit roten Tuchstreifen markierten.
Großvater konnte mir nicht alle Erinnerungen wiedergeben, weil ich ihm nie erzählen konnte, was ich getan habe, aber er konnte sie mir teilweise schenken, so dass ich ermessen konnte, was ich verloren habe. Er gab mir einen Schlüssel dazu. Der rote Gartentag. Alles Übrige kann ich wie Trittsteine im Wasser nach und nach rekonstruieren, bis ich es hinüber ans andere Ufer schaffe, wo ich meine Erinnerung wiederfinde.
Großvater vertraute mir und dachte, ich könnte zur Rebellin werden. Tatsächlich habe ich mich immer wieder in Kleinigkeiten widersetzt, obwohl ich an die Gesellschaft glaubte. Ich denke daran, wie ich für Bram ein Spiel auf seinem Schreibcomputer designt habe, als wir klein waren, und wie wütend ich war, als ich den Bissen von dem Kuchen bei meinem Paarungsbankett aß. Wie Xander und ich den Funktionären nichts davon erzählten, als er eines Tages seinen Tablettenbehälter im Schwimmbad verloren hatte. Wie wir die Vorschriften verletzten, indem wir Em die grüne Tablette gaben.
Die Leute, die mich damals angesprochen haben, müssen von der Erhebung gekommen sein. Ich tat, was sie verlangten, weil sie Großvater bedrohten. Ich habe zusätzliche Personendaten in den Paarungspool eingespeist. Damals wusste ich nicht, um welche Gruppe von Personen es ging. Ich hatte keine Ahnung, dass es Aberrationen waren.
Sowohl die Erhebung als auch die Gesellschaft haben mich benutzt, weil sie wussten, dass ich alles vergessen würde. Die Gesellschaft wusste, dass ich den Sortiervorgang und seine zeitliche Nähe zum Paarungsball vergessen würde, und die Erhebung wusste, dass ich sie nicht verraten würde, weil ich mich nicht einmal mehr daran erinnern würde, was ich getan hatte. Der Steuermann hat es sogar auf unserem Flug nach Endstein erwähnt: »Du hast uns schon einmal geholfen«, sagte er, »obwohl du dich nicht mehr daran erinnern kannst.«
Doch jetzt weiß ich es wieder.
Warum hat die Erhebung die Aberrationen in den Pool geschleust? Hoffte sie, dass die, die durchschlüpften, reklassifiziert werden würden? Oder wollten sie einfach die Abläufe der Gesellschaft sabotieren?
Und unter welchen Gesichtspunkten hat die Gesellschaft damals mich und die anderen Sortierer ausgewählt?
Im Schlepptau der ersten Erinnerung steigt eine andere in mir auf.
Ich habe noch einmal eine Paarung durchgeführt, in Central!
Und zwar ist es an dem Tag geschehen, an dem ich das Stück Papier mit der Botschaft an mich selbst – Erinnere dich! – in meinem Ärmel fand. Die Gesellschaft war durch die Seuche in Bedrängnis geraten, und alles blieb liegen wegen der vielen Versunkenen. Wie lange hat die Gesellschaft Leute wie mich benutzt, um die Sortierung für die Paarungsbälle durchzuführen, und ihnen anschließend rote Tabletten verabreicht, damit sie die Eile und diese Vorbereitungen in letzter Minute vergaßen?
Meine Funktionärin wusste nicht, wer Ky in den Datenpool geschleust hatte.
Aber ich weiß es jetzt. Ich bin Spezialistin für Analysen und Deduktionen.
Ich war es.
Ich habe ihn eingespeist, ohne zu wissen, was ich tat. Und dann hat irgendjemand – ich selbst oder einer meiner Kollegen – ihn und Xander mit mir gepaart.
Hat meine Funktionärin das jemals herausgefunden? Hat sie das als Endergebnis vorausberechnet? Ob sie überhaupt die Seuche überlebt hat?
Waren von allen Männern in der Gesellschaft wirklich Ky und Xander diejenigen, die am besten zu mir passten? Hätte die Gesellschaft nicht registrieren müssen, dass ich zwei Partner hatte, oder hätte nicht ein Sicherheitssystem in einem solchen Fall Alarm schlagen müssen? Oder hatte die Gesellschaft nicht einmal ein Notprogramm für so etwas, weil sie glaubte, es
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