Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
den Kranken, und es herrscht eine schwankende, unbeständige Ordnung. Momentan wird der Steuermann von den Piloten und Offizieren ausreichend respektiert, um ihre Gefolgschaft zu sichern, und die Gesellschaft wahrt den Frieden, um die Suche nach Pflanzen für das Heilmittel nicht zu gefährden. Doch eines Tages wird die Gesellschaft zurückkehren. Und eines Tages wird die Bevölkerung entscheiden müssen, was sie will.
Doch erst müssen wir genügend Leute heilen.
Ich lande auf der langen, verlassenen Straße, neben der auch die anderen Schiffe stehen.
Der Steuermann kommt mir entgegen, und von der Stadt her sehe ich ein Aircar herbeischweben.
»Die Offiziere haben jemanden aufgetrieben, der uns möglicherweise helfen kann«, erklärt der Steuermann. »Er hat den Mann gekannt, der diese Felder angepflanzt hat, und ist bereit, uns darüber Auskunft zu geben.«
Zu zweit durchqueren wir den grasbewachsenen Graben zwischen dem Feld und der staubigen Straße. Stacheldrahtspiralen verwehren uns den Zugang zum Acker. Aber ich erkenne bereits die Tulpen.
Sie ragen in merkwürdigen Winkeln aus den Erdhaufen und Furchen des umgepflügten Feldes hervor, aber es sind unverkennbar Mormonentulpen – weiße Blumen, die wie Wimpel die heilenden Zwiebeln anzeigen. Ich greife durch den Zaun und biege eine Blüte zu uns hin. Sie ist perfekt: drei geschwungene Blütenblätter mit roten Ansätzen.
»Die Gesellschaft hat sie letztes Jahr untergepflügt«, berichtet der Mann aus der Stadt, der hinter uns tritt. »Aber im Frühling sind alle wieder rausgekommen.« Er schüttelt den Kopf. »Ich weiß nicht, wie viele von uns das überhaupt bemerkt oder den Weg hier herausgefunden haben, wegen der Seuche.«
»Die Zwiebeln sind essbar«, sagt der Steuermann. »Wussten Sie das?«
»Nein«, sagt der Mann.
»Wer hat die Felder angepflanzt, bevor die Gesellschaft sie umgepflügt hat?«, fragt der Steuermann.
»Ein Mann namens Jacob Childs«, sagt der Informant. »Eigentlich sollte ich mich nicht mehr daran erinnern, dass die Felder umgepflügt wurden, aber ich habe es nicht vergessen. Und ich sollte auch nicht mehr wissen, dass Jacob deportiert wurde. Aber ich weiß es noch.«
»So viele Zwiebeln wie möglich müssen geerntet werden, aber möglichst sorgfältig«, sagt der Steuermann. »Können Sie uns dabei helfen? Kennen Sie Leute, die zu dieser Arbeit bereit wären?«
»Schon«, sagt der Mann, »aber nicht viele. Die meisten sind krank oder leben im Versteck.«
»Wir bringen auch unsere eigenen Leute mit«, sagt der Steuermann. »Aber wir müssen sofort anfangen.«
Ein leichter Wind wiegt die Blumen. Wie kleine Wellen kräuseln sie sich in ihrem grünen Bett aus Gras.
Einige Tage später, als ich erneut eine Ladung Heilpflanzen nach Central fliege, meldet sich der Steuermann wieder. Sowohl seine Stimme aus dem Lautsprecher als auch der Zeitpunkt wundern mich – weiß er, was ich vorhabe? Meine Flugroute sollte mich bisher eigentlich nicht verraten haben. Die vorgegebene Strecke ist ideal, denn sie führt mich ganz nahe an dem Ort vorbei, an dem ich etwas Dringendes zu erledigen habe.
»Es gibt keine Aufzeichnungen über einen Mann namens Jacob Childs«, berichtet der Steuermann. »Er ist spurlos verschwunden.«
»Das überrascht mich nicht«, antworte ich. »Ich bin mir sicher, dass die Gesellschaft keine Zeit verloren hat, ihn zu reklassifizieren und in den sicheren Tod zu schicken.«
»Ich habe auch nach dem Verbleib von Patrick und Aida Markham forschen lassen«, erzählt mir der Steuermann. »Doch auch über sie findet sich kein Eintrag in den Datenbanken, weder in denen der Gesellschaft noch in denen der Erhebung.«
»Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben«, sage ich. Viele von uns sind auf der Suche nach Verwandten, doch die Möglichkeiten der Recherche sind begrenzt, keiner hat genug Zeit.
»Leider kann ich dich auch im Moment nicht freistellen, um nach ihnen zu suchen«, fährt der Steuermann fort. »Wir brauchen dich und dein Schiff noch für den Transport der Heilpflanzen.«
»Das verstehe ich«, sage ich. »Ich kann in meiner Freizeit nach ihnen Ausschau halten.«
»Du hast bis auf weiteres keine Freizeit«, erwidert der Steuermann. »Deine Ruhepausen brauchst du, um dich richtig zu erholen. In erschöpftem Zustand darfst du nicht fliegen.«
»Aber ich muss sie finden!«, protestiere ich. Ich verdanke meinen Stiefeltern alles. Von Anna habe ich erfahren, was Patrick und Aida für mich gegeben und
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