Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
niemand.
Ich möchte wissen, was sich hinter jenen Mauern befindet.
Ich will so viel! Glück, Freiheit, Liebe. Aber auch ein paar ganz konkrete Wünsche habe ich.
Zum Beispiel hätte ich gern ein ganz bestimmtes Gedicht und einen Mikrochip. Auf diese beiden Dinge warte ich noch. Ich habe zwei meiner Gedichte für das Ende eines anderen eingetauscht, das mit den Worten Dich hab ich nicht erreicht beginnt und von einer Reise erzählt. In den Canyons habe ich den Anfang entdeckt und möchte unbedingt das Ende haben.
Das zweite Geschäft ist noch riskanter und kostspieliger. Ich habe sieben Gedichte eingetauscht, um Großvaters Mikrochip aus dem Haus meiner Eltern in Keya zu mir bringen zu lassen. Ich habe den Händler gebeten, sich an meinen Bruder Bram zu wenden und ihm eine verschlüsselte Botschaft von mir auszuhändigen, von der ich weiß, dass er sie entziffern kann. Schließlich hat er auch die Spiele gemeistert, die ich damals zu Anfang seiner Schulzeit auf dem Schreibcomputer für ihn erstellt habe. Er wäre wohl auch eher bereit, mir den Mikrochip meines Großvaters zu schicken als meine Mutter oder mein Vater.
Bram. Ich wünschte, ich würde eine silberne Uhr finden, um ihm die zu ersetzen, die die Gesellschaft ihm weggenommen hat. Bisher waren aber alle zu teuer. Einen angemessenen Betrag würde ich bezahlen, aber keine Wucherpreise. Das habe ich in den Canyons gelernt: was ich bin, was ich nicht bin, was ich zu geben bereit bin und was nicht.
Das Sortierzentrum ist bis an den Rand seiner Kapazität gefüllt. Wir sind unter den Letzten, die eintreffen, und eine Funktionärin führt uns zu unseren Arbeitsplätzen. »Bitte beginnen Sie unverzüglich«, sagt sie, und kaum habe ich Platz genommen, erscheinen Worte auf meinem Bildschirm: Nächster Sortiervorgang: exponentielle paarweise Zuordnung.
Ohne eine Miene zu verziehen, richte ich den Blick auf den Bildschirm. Innerlich spüre ich jedoch einen kleinen Stich der Aufregung, als setzte mein Herz einen Schlag aus.
Auf diese Art von Sortiervorgang solle ich achten, hat die Erhebung mir aufgetragen.
Meine Kolleginnen und Kollegen lassen sich nicht anmerken, ob der Sortiervorgang irgendetwas für sie bedeutet, aber ich bin mir sicher, dass noch andere im Raum ihren Monitor anstarren und sich fragen: Ist es endlich so weit?
Warte auf die Daten , ermahne ich mich. Ich muss nicht nur auf einen bestimmten Sortiervorgang achten, sondern auch auf eine bestimmte Art von Daten, die ich falsch zuordnen soll.
Bei der exponentiellen paarweisen Zuordnung sind die Elemente hierarchisch gegliedert, indem jede ihrer Eigenschaften nach Wichtigkeit klassifiziert wird. Anschließend werden die Elemente mit denjenigen gepaart, deren Eigenschaften gleichrangig sind – eine verzwickte, komplizierte, mühselige Arbeit, die volle Konzentration und Aufmerksamkeit erfordert.
Der Bildschirm flackert, und die Daten erscheinen.
Endlich! Das ist es!
Der richtige Sortiervorgang. Der richtige Datensatz.
Ist das der Beginn der Erhebung?
Für einen Augenblick zögere ich. Kann ich sicher sein, dass die Erhebung den Check-Error-Algorithmus außer Kraft setzen kann? Was, wenn nicht? Dann werden all meine Fehler registriert. Der Alarm wird ertönen, und die Funktionärin wird nachsehen, was ich da tue.
Meine Hände zittern nicht, als ich ein Element über den Bildschirm schiebe und gegen den Impuls ankämpfe, es dort einzusortieren, wo es richtigerweise hingehören würde. Langsam bugsiere ich es an seinen Zielort und ziehe mit angehaltenem Atem den Finger zurück.
Kein Alarmton.
Der Bug der Erhebung hat funktioniert.
Ich bilde mir ein, einen leisen, erleichterten Seufzer im Raum zu hören. Und dann kommt eine Erinnerung, die leicht wie ein Pappelsamen im Wind vorbeischwebt.
Habe ich so etwas schon einmal getan?
Nein, ich kann dieser Erinnerung jetzt nicht nachhängen, ich muss sortieren.
Es fällt mir richtig schwer, absichtlich Fehler zu machen, nachdem ich so viele Monate und Jahre meines Lebens damit verbracht habe, so perfekt wie möglich zu arbeiten. Ich handle wider meine Natur, aber die Erhebung will es so.
Normalerweise fließen die Daten schnell und ununterbrochen, doch diesmal entstehen zwischendurch kleine Pausen, in denen die Informationen neu geladen werden müssen. Das bedeutet, dass sie teilweise von außerhalb kommen.
Die Tatsache, dass wir in Echtzeit arbeiten, deutet auf einen gewissen Zeitdruck hin. Ob die Erhebung jetzt stattfindet?
Ob Ky und ich
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