Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
betrifft den Tag, an dem sie ihren ersten richtigen Streit hatten.«
Diese Erinnerung muss einen bestimmten Hintergrund haben. Ich nehme mir vor, meinen Vater danach zu fragen, wenn ich ihn wiedersehe. Er streitet sich kaum jemals mit irgendjemandem. Ich verspüre einen kleinen Stich. Warum hat Papa mir nicht auch etwas geschickt? Er muss doch damit einverstanden gewesen sein, dass Bram und Mama mir den Mikrochip gesendet haben. Meine Mutter würde nie etwas hinter dem Rücken meines Vaters tun.
»Seine Lieblingserinnerung an seinen Enkel Bram ist, als dieser sein erstes Wort gesprochen hat«, berichtet die Historikerin. »Es lautete: mehr! «
Jetzt komme ich an die Reihe. Ich ertappe mich dabei, wie ich mich nach vorn beuge, wie früher, als Großvater mir Geschichten erzählt hat.
»Seine Lieblingserinnerung an seine Enkelin Cassia«, fährt die Historikerin fort, »ist die an den Tag im roten Garten.«
Bram hatte recht. Er hat die Historikerin richtig verstanden. Sie hat Tag gesagt, nicht Tage . Hat sie vielleicht einen Fehler gemacht? Ich wünschte, man hätte Großvater selbst erzählen lassen. Mir wäre lieber gewesen, wenn ich diese Erinnerungen aus seinem Munde gehört hätte. Aber so hat die Gesellschaft dieses Ritual eben nicht konzipiert.
Ich habe nichts erfahren, außer, dass Großvater mich liebgehabt hat – nichts Geringes, aber das wusste ich bereits. Der rote Gartentag könnte zu jeder beliebigen Jahreszeit stattgefunden haben. Rote Blätter im Herbst, rote Blumen im Sommer, rote Knospen im Frühling, und wenn wir manchmal im Winter draußen saßen, röteten sich unsere Nasen und Wangen in der Kälte, und die Sonne ging karmesinrot im Westen unter. Tage im roten Garten. Es hat so viele von ihnen gegeben.
Und dafür bin ich dankbar.
»Was hat sich an dem Tag im roten Garten ereignet?«, fragt der Steuermann, und ich blicke auf. Für einen Moment hatte ich vergessen, dass er zuhört.
»Ich weiß es nicht«, antworte ich. »Ich kann mich nicht daran erinnern.«
»Was steht auf dem Papier?«, fragt Xander.
»Ich weiß nicht, ich habe den Code noch nicht entschlüsselt.«
»Die Zeit können Sie sich sparen«, mischt sich der Steuermann ein. »Dort steht: Cassia, ich bin stolz auf dich, weil du das getan hast, wozu ich zu ängstlich war. Die Nachricht stammt von Ihrem Vater.«
Also hat mein Vater mir doch etwas mitgeschickt. Bram hat die Botschaft für ihn verschlüsselt, und meine Mutter hat sie zusammengefaltet.
Ich betrachte die Zeilen, um sicherzugehen, dass der Steuermann sie richtig entschlüsselt hat, aber wieder unterbricht er mich.
»Diese Sendung ist erst vor kurzem angekommen. Scheinbar ist der Händler, dem sie anvertraut wurde, kurz nach ihrem Erhalt krank geworden. Als sie eintraf, fanden wir sie hochinteressant, sowohl den Mikrochip als auch die Nachricht.«
»Wer hat sie Ihnen übergeben?«, frage ich.
»Ich habe meine Leute, die für mich nach interessanten Informationen Ausschau halten«, antwortet der Steuermann. »Unter anderem die Chefarchivistin in Central.«
Sie hat mich noch einmal hintergangen. »Die Sendungen müssen doch vertraulich behandelt werden!«, protestiere ich.
»Im Krieg gelten andere Regeln«, erwidert der Pilot.
»Aber wir sind doch nicht im Krieg!«
»Schlimmer noch: Wir sind dabei, einen Krieg zu verlieren«, antwortet der Steuermann. »Den gegen das mutierte Virus. Wir haben kein Mittel dagegen.«
Ich blicke Ky an, der das Mal nicht hat, der in Gefahr schwebt, und ich verstehe die Not des Steuermannes. Wir dürfen nicht verlieren!
»Wollen Sie uns dabei helfen, ein Heilmittel zu entwickeln, oder wollen Sie unsere Versuche behindern?«
»Wir wollen Ihnen natürlich helfen«, antwortet Xander. »Aus diesem Grund bringen Sie uns doch in die Berge, oder?«
»Ich bringe Sie in die Berge«, sagt der Steuermann. »Aber wie es dort mit Ihnen weitergeht, habe ich noch nicht entschieden.«
Ky lacht auf. »Wenn Sie so viel Zeit damit verschwenden, über das Schicksal von uns dreien nachzudenken, während eine unheilbare Seuche unter der Bevölkerung wütet, sind Sie entweder dumm oder verzweifelt.«
»Die Situation«, erwidert der Steuermann, »ist bereits wesentlich schlimmer als nur verzweifelt.«
»Aber was genau erwarten Sie denn von uns?«, fragt Ky.
»Sie werden uns helfen«, antwortet der Steuermann, »egal wie.« Das Schiff verändert die Richtung, und ich frage mich, wo wir gerade sind.
»Es gibt nicht viele Menschen, denen ich vertrauen
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