Cassia & Ky – Die Flucht
ich ein leeres Gefühl im Magen, als ich erkenne, dass es keine Fenster gibt.
So sollte das Fliegen nicht sein, ohne Sicht auf das, was unter einem liegt, oder die leuchtenden Sterne, wenn die Nacht kommt. Der Pilot im Cockpit kann hinausblicken, doch uns anderen raubt die Gesellschaft während unseres Fluges die Sicht.
Kapitel 7 KY
»Alle beobachten dich«, flüstert Vick.
Ich reagiere nicht. Einige der Raketen, mit denen uns der Feind letzte Nacht beschossen hat, sind nicht vollständig explodiert und enthalten noch Pulver. Ich schiebe ein wenig davon in die Kammer eines Gewehrs. Der Feind verwirrt mich – seine Munition scheint immer primitiver und weniger effektiv zu werden, je länger wir hier draußen sind. Vielleicht wird er allmählich zurückgedrängt.
»Was machst du da?«, fragt Vick.
Ich antworte nicht, sondern versuche, mich daran zu erinnern, wie es funktioniert. Als ich das Pulver durch die Finger siebe, färben sich meine Hände schwarz.
Vick greift mich am Arm. »Hör auf!«, flüstert er. »Die anderen Lockvögel starren dich alle an!«
»Was interessiert dich das?«
»Es senkt die Moral, wenn einer wie du durchdreht.«
»Du hast selbst gesagt, dass wir nicht ihre Anführer sind«, erwidere ich und werfe einen Blick hinüber zu den anderen Lockvögeln. Alle meiden meine Augen, außer Eli. Er starrt mich an, und ich schenke ihm ein kurzes Grinsen, um ihm zu verstehen zu geben, dass ich nicht verrückt bin.
»Ky!«, drängt Vick, aber plötzlich dämmert es ihm. »Versuchst du etwa, wieder Munition daraus zu machen?«
»Ja. Aber viel taugen wird sie nicht«, antworte ich. »Es gibt nur eine große Explosion, und man muss damit umgehen wie mit einer Handgranate. Zünden, Gewehr wegwerfen und laufen.«
Vick ist begeistert von den neuen Perspektiven. »Wir könnten Steine und anderes Zeug reinfüllen. Weißt du, wie die Zündung funktioniert?«
»Noch nicht«, antworte ich. »Das ist das Schwierigste.«
»Warum?«, fragt er, so leise, dass die anderen ihn nicht hören können. »Klar ist das eine gute Idee, aber es wird garantiert zu umständlich, den Sprengstoff während des Laufens zu zünden.«
»Die Waffen sind auch nicht für uns«, entgegne ich und schaue wieder hinüber zu den anderen. »Wir bringen den anderen bei, damit umzugehen, bevor wir abhauen. Aber uns läuft die Zeit davon. Ich schlage vor, dass wir heute die Toten den anderen überlassen.«
Vick steht auf und wendet sich zu der Gruppe um. »Ky und ich machen heute mal Pause«, verkündet er. »Ihr seid jetzt mal dran. Ein paar von euch Neuen haben noch nie einen Toten begraben.«
Als sie gehen, blicke ich meine Hände an – schwarz und mit dem Zeug bedeckt, das letzte Nacht auf uns niederregnete – und denke daran, wie wir früher in meinem Heimatdorf Reste eingesammelt und verwertet haben. Die Gesellschaft und der Feind glaubten, sie seien als Einzige im Besitz des Feuers, aber wir wussten, wie wir uns ihres zunutze machen konnten. Und wir entfachten unser eigenes. Wir haben Feuersteine benutzt, um kleine Feuer anzuzünden, wenn wir sie wirklich brauchten.
»Ich finde, wir sollten in einer Nacht verschwinden, in der kein Angriff stattfindet«, schlägt Vick vor. »Wenn wir es überzeugend genug anstellen, könnten wir sie glauben machen, wir hätten uns selbst in die Luft gejagt.« Er zeigt auf das Pulver, das um uns herum verstreut ist.
Keine schlechte Idee. Ich habe mich zu sehr an die Vorstellung geklammert, dass man uns jagen würde, und nicht ausreichend über andere Möglichkeiten nachgedacht. Trotzdem ist es wahrscheinlicher, dass andere versuchen werden, sich uns anzuschließen, wenn sie nicht von den Kämpfen abgelenkt werden und der Tod nicht unsere Spuren verwischt. Und ich will nicht, dass noch andere mitkommen. Die Gesellschaft wird bemerken, wenn mehr als ein paar Lockvögel fehlen, und vielleicht sind wir zumindest so wichtig, dass sie uns verfolgen.
Außerdem habe ich keine Ahnung, was uns in den Canyons erwartet. Ich will kein Anführer sein, ich will nur überleben.
»Was hältst du davon«, sage ich. »Wir brechen heute Abend auf. Ob es einen Angriff gibt oder nicht.«
»Gut«, antwortet Vick nach kurzer Überlegung.
Abgemacht. Es geht los. Schon bald.
Vick und ich arbeiten schnell, auf der Suche nach einer Methode, die Gewehre zum Explodieren zu bringen. Als die anderen vom Gräberausheben zurückkehren und nachsehen, was wir machen, helfen sie uns dabei, Schießpulver und Steine zu
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