Cassia & Ky – Die Flucht
roten Tabletten würden bei mir wirken.
»Wir sind oben auf den Felsen auf Leichen gestoßen«, berichtet Indie. Sie blickt an der Wand hinauf und schätzt den Aufstieg ein. »Sie trugen blaue Markierungen, wie du. Waren das auch eure Leute? Und warum haben sie sich hinaufgewagt, wenn sie wussten, dass es im Tal sicherer ist?« Unwillkürlich bewundere ich sie für ihren Mut, Hunter diese Fragen zu stellen. Ich brenne selbst auf die Antworten.
»Das Hochplateau ist die einzige freie, ebene Fläche, die so groß ist, dass die Schiffe der Gesellschaft darauf landen können«, erklärt Hunter. »Seit einiger Zeit sind sie aus irgendeinem Grund angriffslustiger geworden, und wir konnten nicht mehr alle Schluchten bewachen, sondern nur noch die Schlucht, in der unsere Niederlassung liegt.« Er schlingt einen weiteren Knoten und zieht das Seil fest. »Zum ersten Mal in der Geschichte der Farmer hat es unter uns Differenzen gegeben, die sich nicht beilegen ließen. Einige von uns wollten hinaufsteigen, gegen die Gesellschaft kämpfen und sie endgültig aus den Bergen vertreiben. Andere zogen es vor, zu flüchten.«
»Und was wolltest du?«, fragt Indie.
Hunter antwortet nicht.
»Diejenigen, die die Ebene überquert haben«, bohrt Indie weiter, »wollten sie sich der Erhebung anschließen?«
»Ich glaube, das reicht jetzt«, beendet Hunter die Unterhaltung, und sein Gesichtsausdruck hindert sogar Indie daran, ihn weiter zu bedrängen. Sie hält den Mund, und Hunter reicht ihr ein Seil. »Du hast die größte Erfahrung im Bergsteigen«, sagt er. Es ist keine Frage. Er weiß es irgendwie.
Sie nickt und lächelt fast, als sie den Fels hinaufblickt. »Ich habe mich früher manchmal davongeschlichen und heimlich geübt. Es gab eine gute Stelle in der Nähe unseres Hauses.«
»Die Gesellschaft hat dir erlaubt, zu klettern?«, fragt Hunter erstaunt.
Sie wirft ihm einen verächtlichen Blick zu. »Nein, natürlich nicht. Aber ich habe einen Weg gefunden, es trotzdem zu tun.«
»Wir beide bringen jeweils einen von den anderen hinauf«, bestimmt Hunter. »Dadurch geht es schneller. Schaffst du das?«
Indie lacht nur.
»Sei vorsichtig!«, warnt Hunter. »Das Gestein hier hat seine Eigenarten.«
»Ich weiß«, sagt sie.
»Kannst du allein hinaufklettern?«, fragt Hunter an mich gewandt.
Ich nicke. Dass es mir so lieber ist, füge ich nicht hinzu. Wenn ich falle, reiße ich wenigstens keinen anderen mit mir. »Ich sehe mir erst mal an, wie du das machst.«
Indie wendet sich an Cassia und Eli. »Wer von euch will mit mir kommen?«
Cassia sagt: »Eli, du kannst es dir aussuchen.«
»Ich gehe mit Ky«, antwortet Eli, ohne zu zögern.
»Nein«, erwidert Hunter. »Ky hat nicht so viel Erfahrung im Klettern wie wir.«
Eli setzt zu einem Protest an, aber ich bedeute ihm, er soll sich fügen. Er starrt mich an und geht dann zu Indie hinüber. Ich bilde mir ein, ein kleines zufriedenes Lächeln über Indies Gesicht huschen zu sehen, bevor sie sich wieder zur Felswand umdreht.
Ich beobachte Cassia, als sie sich an Hunters Seil einhakt. Dann kontrolliere ich, ob Eli korrekt gesichert ist. Als ich aufblicke, ist Hunter zum Aufbruch bereit. Cassia hat entschlossen die Zähne zusammengebissen.
Wegen des Aufstiegs mache ich mir keine Sorgen. Hunter ist der beste Kletterer von uns. Außerdem braucht er Cassia. Ich glaube Hunter, dass er wissen will, warum die Gesellschaft in die Höhle eingedrungen ist. Er hegt noch die Illusion, dass dieses Wissen hilfreich sein könnte. Noch weiß er nicht, dass die Gründe ihm kaum etwas nützen werden.
Als wir alle das Plateau erreicht haben, rennen wir los. Ich nehme Eli an der einen, Cassia an der anderen Hand, und wir laufen über die freie Fläche, gleichmäßig und schnell atmend, mit raschen, behänden Schritten.
Für mehrere lange Sekunden sind wir oben auf dem Felsen schutzlos dem Himmel preisgegeben.
Für mich geht es viel zu schnell. Ich hätte noch ewig hier draußen weiterlaufen können.
Schaut her!
, hätte ich am liebsten ausgerufen.
Ich lebe noch! Ich bin noch da. Obwohl eure Daten und eure Funktionäre es anders wollen.
Schnelle Schritte.
Kräftige Atemzüge.
Hand in Hand mit Menschen, die ich liebe.
Ich liebe.
Das gefährlichste Wagnis von allen.
Als wir uns der Kante nähern, lassen wir einander los. Wir brauchen unsere Hände, um uns abzuseilen.
Die zweite Schlucht ist eine richtige Mausefalle, kurz und eng, viel kleiner als die Schlucht der Farmer. Nachdem
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