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Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Titel: Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Unsere-Jane, Keith und ich am Montagmorgen den Schulhof betreten, als Tom mir den neuen Jungen zeigte, der mich am Sonntag in der Kirche dauernd angestarrt hatte. Dieser neue Junge, der besser gekleidet war als die Jungen aus dem Tal, fiel aus dem Rahmen. Er stand im Gegenlicht der Morgensonne, die eine Art feurigen Glorienschein um seine dunklen Haare bildete, so daß ich sein Gesicht, das im Schatten lag, nicht richtig erkennen konnte. Aber so, wie er dastand, nicht so vornübergebeugt wie manche Burschen aus den Bergen, die sich wegen ihrer Größe genierten, wußte ich sofort, daß ich ihn mochte. Natürlich war es dumm von mir, einen mir vollkommen Fremden zu mögen, nur weil er Sicherheit ausstrahlte, die nichts mit Arroganz zu tun hatte, sondern Stärke und Selbstbewußtsein verriet. Ich sah zu Tom hinüber, und mir wurde klar, warum ich diesen Jungen, den ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte, sofort mochte. Logan und Tom hatten die gleiche natürliche Anmut und Ungezwungenheit, die daher rührte, daß beide wußten, wer und was sie waren. Wieder betrachtete ich Tom. Wie konnte er nur als ein Casteel so stolz neben mir hergehen?
    Ich hatte den sehnlichen Wunsch, auch über eine sichere Haltung und über die Fähigkeit, mit mir selbst zufrieden zu sein, zu verfügen, was wahrscheinlich möglich gewesen wäre, wenn mich Vater geliebt hätte – so wie er Tom liebte.
    »Schon wieder starrt er dich an«, flüsterte mir Tom zu und versetzte mir einen Rippenstoß, worauf Fanny sofort mit ihrer lauten Stimme zu plärren anfing. »Er starrt nicht auf Heaven! Er starrt nur mich an!«
    Fanny hatte mich wieder einmal in Verlegenheit gebracht. Selbst wenn der neue Junge etwas gehört hatte, so zeigte er es nicht. Mit seiner gebügelten grauen Flanellhose, seiner grünen Strickjacke, die er über einem weißen Hemd mit einer grün-grau gestreiften Krawatte trug, fiel er auf wie ein Weihnachtsbaum. Er hatte richtige Sonntagsschuhe aus Leder an, die auf Hochglanz poliert waren. Die Jungen aus dem Tal trugen alle Jeans, Pullover und Turnschuhe. Noch nie war jemand in solchen Kleidern, wie Logan Stonewall sie trug, in die Schule gekommen.
    Hatte er gemerkt, wie wir ihn anstarrten? Es muß wohl so gewesen sein, denn auf einmal kam er zu meinem großen Schrecken auf uns zu. Was sollte ich jemandem, der so vornehm aussah, nur sagen? Ich wäre am liebsten im Boden versunken. Jeder Schritt, den er näher kam, versetzte mich in Panik. Ich wollte mit Keith und Unserer-Jane davonlaufen, bevor er mein schäbiges, verwaschenes Kleid, bei dem zudem noch der halbe Saum herunterhing, entdeckt hatte, und meine ausgetretenen Schuhe, aber Unsere-Jane wehrte sich dagegen.
    »Mir ist schlecht«, jammerte sie. »Will nach Hause, Hevlee.«
    »Du kannst nicht immer nach Hause gehen«, flüsterte ich ihr zu. »Du schaffst sonst die erste Klasse nicht, wenn du immer krank bist. Vielleicht kann ich dir und Keith ein Sandwich zu Mittag besorgen – und auch etwas Milch.«
    »Thunfisch«, jubelte Keith, und bei dem Gedanken an ein halbes Thunfischbrot ließ Unsere-Jane meine Hand los und ging langsam trippelnd ins Klassenzimmer, wo alle anderen Erstkläßler bereits herumtobten und lachten.
    Ich eilte meinen beiden Schützlingen nach, allerdings nur so schnell, daß mich Logan Stonewall vor dem Klassenzimmer der Kleinen eingeholt hatte. Ich drehte mich um und sah, wie er gerade Tom begrüßte. Logan sah so aus wie irgend jemand aus den Büchern und Zeitschriften, die ich gelesen hatte. Er wirkte, als ob er aus einer guten Familie käme, die ihm etwas auf den Weg gegeben hatte, was wir aus den Bergen niemals besitzen würden – nämlich Stil. Er hatte eine schmale, gerade Nase, seine Unterlippe war voller und geschwungener als seine Oberlippe. Sogar aus einiger Entfernung spürte ich das warme Lächeln in seinen blauen Augen. Sein Kinn war ziemlich eckig und stark ausgeprägt, und als er mich anlächelte, wurde ein Grübchen in seiner linken Wange sichtbar. Sein selbstsicheres Auftreten machte mich verlegen, ich fürchtete, daß ich irgend etwas Verkehrtes sagen oder tun könnte. Er würde sich dann bestimmt Fanny zuwenden. Es war vollkommen gleichgültig, wenn Fanny etwas falsch machte, die Jungen flogen stets auf sie.
    »Hallo, Fremder«, zwitscherte Fanny. Sie kam tänzelnd auf ihn zu und lächelte ihn an. Fanny hatte sich noch nie darum gekümmert, Unsere-Jane und Keith zu ihren jeweiligen Klassenräumen zu begleiten. »Bist der

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