Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser
damit ich nicht verletzt wurde. Aber ich tat nichts und wartete darauf, daß sich die Badewanne mit Wasser füllte.
Und sie füllte sich mit Wasser, mit siedend heißem Wasser.
Alles, was vorher rosa gewesen war, schien nun flammendrot – und in diesem Höllenrot sah ich, wie Kitty ihren grellrosa gestrickten Hosenanzug abstreifte. Darunter trug sie einen knappen, pinkfarbenen Büstenhalter und einen Schlüpfer, der kaum das Nötigste bedeckte.
Ich wich vorsichtig aus und sah Kitty dabei zu, wie sie aus einer braunen Flasche etwas in das Badewasser goß. Es stank nach Desinfektionsmittel.
Ich kannte den Geruch noch aus meiner Schule, wo die Putzfrauen nach dem Unterricht mit dieser Flüssigkeit die Aufenthaltsräume säuberten. Noch nie hatte ich gehört, daß man Desinfektionsmittel als Badezusatz verwendete.
Irgendwie hatte ich ein Handtuch erwischt. Es war so groß und flauschig, daß ich meinte, ich könnte mich dahinter gut verbergen. Nicht, daß wir in der Hütte uns viel um Schamgefühle gekümmert hätten, aber ich genierte mich vor Kitty wegen meiner Magerkeit.
»Laß das Handtuch! Sollst mein sauberes Handtuch nicht berühren. Alle rosa Handtücher gehören mir, nur ich benutz’ die, verstanden?«
»Ja, Ma’m.«
»Ja, Mutter«, verbesserte sie mich. »Nenn mich niemals anders als Mutter… Genau so sollst du es aussprechen.«
Also sprach ich es so aus, dabei hielt ich immer noch das Handtuch umklammert und fürchtete mich vor dem kochend heißen Wasser.
»Die schwarzen Samthandtücher gehören Cal, nicht dir, vergiß das nicht. Wenn bei meinen die Farbe fast ausgewaschen ist, dann kannst du sie haben. In der Zwischenzeit kannst du meine alten Handtücher aus meinem Salon benutzen.«
Ich nickte, meine Augen waren von dem Dampf, der aus der Badewanne stieg, beinahe blind.
»Jetzt hab’ ich alles vorbereitet.« Sie strahlte mich ermunternd an. »Rutsch auf der Plastikschürze zur Wanne, bis du nahe genug bist, dann kannst du einsteigen.«
»Das Wasser ist zu heiß.«
»Natürlich ist es heiß.«
»Ich werde mich verbrennen.«
»Wie, zum Teufel, stellst du dir vor, daß du sauber wirst, wenn der Dreck auf deiner Haut nicht mit heißem Wasser abgewaschen wird? Also? Hinein mit dir!«
»Es ist zu heiß.«
»Es… ist… nicht… zu… heiß!«
»Doch. Es ist siedend heiß. Ich bin keine so heißen Bäder gewöhnt, höchstens lauwarme.«
Kitty näherte sich mir bedrohlich.
Dichter Nebel verhüllte fast die langstielige Bürste in ihrer Hand. Sie hieb sich mit der Bürste auf die linke Handfläche. Die Drohung war unmißverständlich.
»Noch was. Wenn ich dir sag’, mach das, dann tust du’s auch – und keine Widerrede. Wir haben gutes Geld für dich bezahlt, und jetzt bist du unser Eigentum, und wir können tun und lassen mit dir, was wir wollen. Hab’ dich aufgenommen, weil ich mal so blöd gewesen bin, deinen Vater zu lieben, und er hat mir das Herz gebrochen. Hat mich geschwängert und mir vorgemacht, er würd’ mich lieben, alles Lüge. Hab’ ihm gedroht, würd’ mich töten, wenn er mich nicht heiratet… Er hat mir daraufhin nur ins Gesicht gelacht. ›Tu’s doch‹, hat er gesagt, und dann hat er mich sitzenlassen. Ist nach Atlanta, hat dort deine Mutter getroffen und sie geheiratet… Sie! Und ich stand allein da mit ‘nem Baby, also hab’ ich’s abgetrieben, und nu’ kann ich keine Kinder mehr kriegen. Aber jetzt hab’ ich ihr Baby… Auch wenn du kein Baby mehr bist, bist doch sein Kind. Komm mir bloß nicht auf den dummen Gedanken, daß du mich herumkommandieren kannst, weil ich mal ‘ne Schwäche für deinen Vater hatte. Es gibt Gesetze in diesem Land, nach denen man dich ins Gefängnis bringen könnt’, wenn’s herauskäm, daß dein eigener Vater dich hat verkaufen müssen, weil du so ein schlechtes Mädchen bist.«
»Aber… aber… ich bin doch nicht schlecht. Vater mußte mich ja gar nicht verkaufen.«
»Steh hier nicht rum, und gib keine frechen Antworten! In die Badewanne mit dir!«
Vorsichtig näherte ich mich der Badewanne, indem ich Kittys Anweisungen befolgte und auf der Plastikschürze hinrutschte. Ich unternahm alles mögliche, damit das Wasser in der Zwischenzeit abkühlen konnte. Auf einem Bein balancierend, schloß ich die Augen und hielt das andere vorsichtig über das dampfende Wasser. Es war, als schlenkerte ich mit einem Fuß über einem Höllenschlund. Mit einem leisen Aufschrei zog ich den Fuß ruckartig zurück. Ich sah mit flehenden
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